Facebook, Twitter, Instagramm und Co… die modernen Tagebücher und Poesiealben.
Früher war man gespannt wie Bolle, wer denn nun was in dieses Buch schrieb,
und jeder der die Ehre hatte, sich zu verewigen, suchte tagelang nach den passenden
Worten und Bildern, machte sich Gedanken darüber, welche Worte er dem Freund ins
Leben mitgab.
Heute führt man dieses „Buch“ allzu oft öffentlich. Vieles wird hineingeschrieben,
Texte, Bildchen, Malereien und vor allem wird, das Gedankengut anderer Menschen wird
geteilt, und als guter Ratschlag weitergegeben, ohne sich Gedanken über den Inhalt dieser
Worte zu machen.
Damals war man stolz, in dieses „Poesiealbum“ schreiben zu dürfen, weil man zu den
ausgewählten Freunden gehörte und nicht in eine Freundes-Liste.
Eine Liste, in der unzählige Menschen den Platz mit dir teilen und manche Inhaber
derselben denken, je mehr darin vertreten sind, ob man sie nun wirklich kennt oder nicht,
umso beliebter sei man. Der eigene Status, wird nach den Zahlen der Liste berechnet.
Früher hatte man sein realen Freunde und Menschen die man mochte und eben diese
durften sich in diesem Büchlein verewigen. Nicht jeder durfte hineinschreiben schreiben
und es wurde gehütet wie ein Schatz, oftmals bis ins hohe Alter hinein und später stolz
den Nachkommen gezeigt, während man ihnen von den Erinnerungen erzählte und die
Worte von damals als eine liebgewonnene Zeit in einem wieder auflebten.
Heute schreibt dir ein jeder, der meint etwas zu sagen zu haben, auf deine Profile und teilt
dir Weisheiten mit, die er mal so nebenbei, irgendwo gecovert, mitgenommen oder kopiert
hat,ohne zu überlegen ob die Worte wirklich passen. Es wird gepostet ohne oftmals
überhaupt selbst wirklich im Inneren mit diesen Texten konform zu gehen, Hauptsache
man glänzt auf denProfilen anderer mit schlau klingenden Zeilen oder Bildchen, egal ob es
der eigene Schein ist der glänzt oder der, eines anderen, der einfach mal so geliehen
wurde.
Das Nachdenken von früher, welche Worte passen würden und welche Wünsche,
Anregungen und Segen, man den anderen mitgeben möchte, ist der Schnelllebigkeit und
dem Kampf zu gefallen, zum Opfer geworden.
Viele posten und teilen weise Worte was das Zeug hält, doch wirklich etwas mit eigenen
Worten zu sagen haben die wenigsten, da man sich nicht mehr die Mühe machen mag,
darüber nachzudenken, da eigenständiges Denken und die persönliche Ausstrahlung nicht
mehr zu dieser Zeit zu passen scheinen.
Das Nachdenken über das was sie posten und teilen, und wie es beim Empfangenden
und mitunter Tausenden mitlesenden ankommt, haben manche verlernt, weil sie zu sehr
darauf achten „gesehen“ und „gehört“ zu werden und die Freundeslisten anderer
Menschen zu „bereichern“, egal ob mit eigenen Worten oder mit fremdem Gedankengut.
Genauso ist es mit vielen Profilinhabern, es wird offen alles geteilt, was früher in
Tagebüchern geschrieben, in gut ausgesuchten Verstecken lebte, man zeigt sich „nackt“,
ohne zu bedenken, dass all dies im Internet dauerhaft seine Spuren hinterlässt. Die
Geheimnisse von früher, werden zu einer Zurschaustellung für die Welt.
Das Innenleben und privateste Dinge werden offenbart, keine Intimsphäre mehr gewahrt,
Bilder und Geschichten ja, sogar private Probleme mit Kinder, Partnern, Verwandten und
engste Freunde werden gepostet, beschrieben, abgelichtet, Schmutzwäsche öffentlich
gewaschen und all dies meist ohne den anderen zu fragen, ob er dies möchte, denn ein
jeder soll teilhaben am eigenen Leben und all dies nur um in dieser gläsernen und
schnellebigen Welt von heute „gesehen“ zu werden, um aufzufallen.
Mit einem einzigen Mausklick offenbart der Mensch sein Heiligstes und das seiner
Liebsten der ganzen Welt, oft ohne die anderen Beteiligten zu fragen, ob sie auf diese
Weise öffentlich, in der ganzen Welt, gesehen werden wollen.
Ein einziger Klick, eine Sekunde und der ganze Erdball kann das, was früher nur in einem
Tagebuch in einem dunklen Versteckt verweilte, oder im Herzen des/der „besten“
Freund/in, öffentlich lesen, kritisieren, darüber den Kopf schütteln, ins lächerliche ziehen
und angreifen.
Und dann wundert sich das Menschlein, warum so viele auf seiner Seele herumtrampeln
und sein Privatleben und seine persönlichen Grenzen nicht achten.
© Erika Flickinger