Bologna-Diskussion in Osnabrück

 

„Ziele und Erfolgsbedingungen der Bologna-Reform in Deutschland“

Hochschulleitung der Universität Osnabrück setzt Dialog mit den Studierenden fort – Ringvorlesung »Universitäre Bildung« beginnt am 13. Januar

 

Prof. Dr. Rainer Künzel, ehemaliger Präsident der Universität Osnabrück und wissenschaftlicher Leiter der Zentralen Evaluations- und Akkreditierungsanstalt Hannover (ZEvA), hielt am 13.01.2010 an der Universität einen Vortrag über die Ziele und Erfolgsbedingungen der Bologna-Reform in ihrer speziellen Adaptierung in Deutschland.

Gemessen an dem Wirbel der Studentenproteste in den vergangenen Wochen war die Beteiligung an dieser Veranstaltung recht gering – der Hörsaal E10 im Osnabrücker Erweiterungsgebäude war alles andere als überfüllt. Präsent war dafür der amtierende Universitätspräsident Claus Rainer Rollinger. Nach einer kurzen Einführung durch Rollinger und einem von Frau Blasberg-Kuhnke mit einiger Begeisterung vorgetragenen Ausblick auf die kommenden Veranstaltungen dieser Reihe, die den Dialog zwischen Studenten und Universitätsleitung ermöglichen und strukturieren soll, wurde zum Hauptteil übergegangen.

Künzel machte zu Beginn und im Verlauf seines Vortrags deutlich, dass er sich prinzipiell zu den Befürwortern der Bologna-Reform zähle, da diese die Anpassung der Universitäten an ihre neuen Anforderungen als nicht nur Bildungs- sondern auch Ausbildungsanstalt ermögliche. Der Bachelor-Studiengang erfülle, so Künzel, mindestens eine doppelte Funktion: Einerseits bereite er auf einen konsekutiven1 Masterstudiengang vor, andererseits solle er konkrete Berufsqualifikationen vermitteln, die auf einen direkten Einstieg in die Erwerbstätigkeit vorbereiten. Daher lautete die Zielvorgabe, dass der Bachelor-Studiengang außer den vermittelten fachlichen Kompetenzen auch noch einerseits die Persönlichkeit formen und auf Bürgerpflichten vorbereiten soll und andererseits Zeit bieten für Auslandsaufenthalte und außerfachliche Qualifikationen. Diesen Anforderungen ist der Bachelor-Studiengang, wie er momentan besteht, kaum gewachsen. Künzel wies denn auch auf einige Umsetzungsschierigkeiten und -fehler, sowie auf kontraproduktive Vorgaben seitens der KMK hin. Zu den Umsetzungsschwierigkeiten zählte er vor allem die verfehlte Modularisierung, die durch ihre Ausweitung der einzelnen Module über mehrere Semester und dadurch, dass sie zu spezifisch sind, die Mobilität der Studierenden einschränken und die fehlende Kooperation der Lehrenden bei den Prüfungen, die zu einer kleinschrittigen Prüfungsstruktur führen und so das so genannte „Bulimie-Lernen“ hervorrufen.

Die kontraproduktiven Vorgaben der KMK bestehen laut Künzel hauptsächlich in der straffen Zeitvorgabe, die es unmöglich macht, die Anforderungen an den Bachelor-Studiengang zu erfüllen. Besonders wies Künzel noch darauf hin, dass viele Studierende zur Finanzierung ihres Studiums zu Erwerbstätigkeit gezwungen sind und somit im straff organisierten Bachelor-Studium kaum bestehen können. Gerade in diesem Feld sei eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern durchaus möglich.

Im Anschluss stellte Künzel die neuen Vorgaben der KMK vor, die als Reaktion auf die Studentenproteste am 15.10.2009 beschlossen wurden und kommt zu dem Schluss, dass die von der KMK ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Defizite der derzeitigen Studienstruktur zu beheben. So sollen laut den neuen Vorgaben individuellere Studienverläufe möglich sein, innerhalb derer auch außeruniversitäre Qualifikationen anerkannt werden – die Regeln für eine solche Anerkennung stehen aber noch aus. Verbesserungen wurden dagegen in Bezug auf die Reduktion der Prüfungsleistungen und auf die Anerkennung von auf anderen Universitäten erworbenen Studienleistungen erwirkt. So ist es nun nicht mehr der Student, der nachweisen muss, dass seine Studienleistungen anerkannt werden können, sondern die Universität, die eine nicht-Anerkennung juristisch stichfest begründen muss.

Zur Verbesserung der Studienverhältnisse schlägt Künzel eine Arbeitsteilung in der universitären Lehre nach englischem Vorbild vor: Ein speziell auf die Lehre bezogener Karrierezweig soll geschaffen werden, indem nicht mehr nur die Forschung, sondern auch die Lehre gefördert wird. Lehrende in Bachelor-Studiengängen sollen außerdem eine spezielle Ausbildung erhalten und Professoren, die hauptsächlich in der Forschung tätig sind und sich in dem Sinne als Forscher verstehen, dass sie „das dokumentierte Wissen der Welt tatsächlich erweitern“, sollen nur im Master- und Doktorandenstudium lehren. Künze plädiert damit für eine Trennung zwischen Undergraduate- und Graduateschool.

In der Diskussion, die zunächst schleppend anlief, um dann, als sie an Fahrt gewann, aufgrund einer um 18 Uhr im Hörsaal beginnenden Vorlesung unterbrochen zu werden, wurde an diesen Vorschlägen Kritik geübt: Der Bacholer-Studiengang verliere durch eine solche Trennung an wissenschaftlichem Anspruch, so ein Zuhörer. Auch Universitätspräsident Rollinger fragte in diesem Zusammenhang nach dem Unterschied, der nach einer solchen Ausrichtung des Bachelor-Studiengangs noch zwischen Universität und Fachhochschule bestehe. Künzel antwortete mit einem Hinweis auf die unzureichenden Kapazitäten und die ebenso unzureichende Vielfalt an den Fachhochschulen, die damit der Ausbildung von bestimmten Fachkräften nicht gewachsen sei. Dies müsse deshalb nun die Universität übernehmen. Gleichzeitig sprach Künzel sich aber auch für eine Differenzierung der Bachelor-Studiengänge je nach Ziel der Studenten aus: So sollten Studenten, die eine akademische Laufbahn bzw. einen konsekutiven Master-Studiengang zum Ziel haben, diesen nach 3-jährigem Bachelor-Studium antreten, während Studenten mit dem Ziel einer beruflichen Qualifikation ein 4-jähriges Programm absolvieren sollen.

 

1 Dieser Begriff wird nach den neuen Richtlinien des KMK nicht mehr als inhaltlich auf dem Bachelor-Studium aufbauender, sondern als zeitlich direkt auf den BA-Abschluss folgender Masterstudiengang verstanden, in Abgrenzung also nur noch zum Weiterbildungs-Master, der nach mindestens einem Jahr Berufserfahrung angetreten wird.


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