Ausnahmen bestätigen die Regel

Die Berliner-Fraktion meiner Großfamilie hatte sich für das Wochenende in Aachen angekündigt. Klar, dass wir dann auch dort aufschlagen würden. Um 14 Uhr wurden wir zum Kaffeklatsch auf Oma’s Terrasse mit Blick in den Aachener Wald erwartet. Dieser Ort weckt in mir immer unzählige Kindheitserinnerungen. Und wenn ich dann bei Sonnenschein mit meiner kleinen und großen Familie zusammen sitze, dann ist Entspannung garantiert.

Doch der Kaffeeklatsch bei Oma sollte nicht das einzige Highlight unseres Samstags sein. Meinen Onkel, der auf dem angrenzenden Grundstück mit seiner Frau und seinen drei Kindern wohnt, wollten wir natürlich auch noch ganz kurz begrüßen. Aus ganz kurz wurde dann ganz lang. Ist ja auch kein Wunder: Denn mein Onkel wohnt mit seiner Familie in dem absoluten Sommerparadies. Ob Pool, Sonnenbaden, Tischtennis, Basketball oder Fußball – hier bleiben wirklich kaum Wünsche offen. Keine Frage, dass wir mit unserem Sohnemann kurz mal das kühle Nass genießen wollten. Nach anfänglicher Skepsis genoss unser Sohn das Plantscherlebnis, aber vor allem konnte er nicht genug von der Aufmerksamkeit bekommen, die die Kinder meines Onkels und deren Freunde ihm schenkten. Nach dem Plantschen saß unser kleiner Buddha auf der Sonnenliege und vor ihm knieten drei Kinder, die nur darauf warteten, dass unser Sohn auf ihre Nase drückte, um mit einem lauten „Tut“ zu reagieren. Unser Sohn wusste gar nicht, wohin mit sich vor Freude.

Schlaf? Nein, Danke!

Doch irgendwann machte sich Müdigkeit bei unserem Kleinen bemerkbar, seine Augen wurden schwerer und er schlummerte an meinen Onkel angelehnt ein. Doch mehr als ein kleiner Power-Nap war nicht drin. Unser Sohn wollte nichts verpassen, wollte mit uns den Tag genießen, wolle dabei sein bei dem ganzen Spektakel. Wir Eltern waren uns einig: Lange können wir nicht mehr bleiben, denn um 19 Uhr geht unser Sohnemann üblicherweise zu Bett und wird ziemlich ungehalten, wenn dieser Zeitplan nicht eingehalten wird. Während wir uns innerlich schon verabschiedeten, schmiedete der Rest der Familie große Grillpläne. Unsere Mägen knurrten und unsere Lust auf ein gutes Stück Fleisch in geselliger Runde hätte nicht größer sein können.

Gut, wir ließen uns überreden und wagten den Versuch, unseren Sohn in fremder und trubeliger Umgebung in einem Reisebettchen in seinen wohl verdienten Schlaf zu bringen. Vergeblich. Nun gut, dann eben nicht, dann treten wir den Heimweg an. Bei unserer Verabschiedungsrunde blieben wir dann aber irgendwie an der Tischtennisplatte hängen. Meine kleine Cousine schnappte sich unseren Sohn und wir Eltern spielten mit meinen beiden Cousins eine ziemlich professionelle Runde Tischtennis im Doppel. Unser Sohn saß vollkommen entspannt auf dem Schoß meiner Cousine und schaute unserem Spiel ganz gespannt zu. „Gut“, dachten wir uns, „das nutzen wir aus, bis er signalisiert, dass es ihm reicht.“ Das Signal kam aber nicht. Auch meine andere Cousine durfte unseren kleinen Sohn auf ihrem Schoß sitzen lassen, während sie bei meiner Tante auf dem Schoß saß. Generationen-Schoß-Sitzen quasi.

Dabei sein ist alles

Während wir so vor uns hinspielten waren die Essensvorbereitungen in vollem Gange. Und irgendwann wurde dann zu Tisch gebeten. Für uns Zeit zu gehen, da waren wir Eltern uns einig. Unser Sohn würde uns einen Strich durch die Rechnung machen, wenn wir nun mit ihm am Tisch Platz nehmen würden. „Warum versucht ihr denn nicht, ihn einmal in einem der Kinderzimmer hinzulegen?“, fragte mein Onkel. „Weil es sowieso nicht klappt“, dachten wir uns. Aber wir versuchten es. Doch wir sollten Recht behalten, unser Sohn wollte nicht schlafen. Er stand in dem Reisebettchen, erzählte Geschichten – von Erschöpfung und Müdigkeit nicht die leiseste Spur. Für uns stand fest, dass wir nun wirklich den Heimweg antreten wollten.

Aber mein Onkel wollte uns nicht mit leeren Bäuchen ziehen lassen. Wir waren gefasst darauf, dass unser Sohn laut protestieren würde, wenn wir uns – mittlerweile war es 20 Uhr – an den Tisch setzen und anfangen zu essen würden. Pustekuchen. Mit einem mehr als gut gelaunten Baguette mümmelnden Baby auf dem Schoß ließen wir es uns in aller Ruhe schmecken. Unser Sohn war vollkommen zufrieden, brabbelte vor sich hin und unterhielt die vier Familiengenerationen, die gemeinsam am Tisch saßen. Unsere elterlichen Sorgen, dass ihm dieses Event zu viel werden würde, dass er lauthals protestieren würde, dass wir den Abend nicht bis in die späten Abendstunden ausklingen lassen können, lösten sich in Luft auf.

Unsere gesamte Aufregung war unbegründet. Unser Sohn wollte nicht schlafen, er wollte dabei sein. Wer will auch schon in einem Bettchen liegen und schlafen, wenn alle anderen im Garten zusammen sitzen und jede Menge Spaß haben? Ich jedenfalls nicht. Gegen 22 Uhr traten wir dann doch den Heimweg an, schließlich hatten wir noch eine Stunde Autofahrt vor uns. Kaum lag unser Sohn in seinem Maxicosi, fielen ihm die Augen zu. Tief und fest schlief er, ließ sich tiefschlafend in sein Bettchen legen und wachte heute Morgen um sieben Uhr gut gelaunt auf.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Ein Tag, an dem wir als Eltern wieder Einiges gelernt haben. Wir können ruhig ganz entspannt auch mal den Rhythmus unseres Sohnes links liegen lassen, er kommt mit Ausnahmen gut klar, er genießt sie und lässt uns Raum, ganz spontan einfach mal einen Sommertag bis in die späten Abendstunden ausklingen zu lassen. Wir waren aufgeregt, gestresst und besorgt, aber völlig unbegründet. Denn unser Sohn hat uns gestern keinerlei Grund dazu gegeben. Ganz im Gegenteil, er hat uns ganz deutlich signalisiert, dass er diesen Ausnahme-Tag in vollen Zügen genossen hat. Zum Glück haben wir diesen Versuch gewagt und haben nicht wie geplant, den Heimweg um 17 Uhr angetreten. Denn so fuhren wir mit richtigen Urlaubsgefühlen heimwärts. Ein kleiner Urlaubstag mit großer Wirkung.


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