Aufarbeitung der NSU-Mordserie in den Medien

Georg Diez stellt heute in SPON endlich die richtige Frage: Und wenn es doch Absicht war, die Akten zu schreddern?

Als die NSU-Mordserie im November 2011 bekannt wurde, gab es der Form halber Krokodilstränchen: Ach, was waren die Medien doch blind gewesen! Danach ließ sich das unbequeme Thema, irgendwas mit Migranten, einfach nicht mehr unter den Teppich kehren. Denn eine Enthüllung jagte die nächste. Futter für die “investigativen Journalisten”, die Jakob Augstein bei der Bild entdeckt hat? Ach nö! Die Öffentlich-Rechtlichen Medien, die für unsere GEZ-Zwangsbeiträge eigentlich unsere Demokratie beschützen sollen, sondern Verlautbarungsjournalismus ab.

Beispiel die 20 Uhr-Tagesschau vom 3. Juli 2012, in der kühl behauptet wurde, in der Operation Rennsteig sollten V-Leute bloß “angeworben” werden, obwohl schon seit Wochen gut dokumentiert war, dass die Sicherheitsbehörden V-Leute über Jahre geführt hatten: eng, viel zu eng. Derselbe unpassende Ausdruck “angeworben” dann wieder am nächsten Morgen, diesmal ausm Radio, hr2. Wenn das mal keine Presse-Information aus der Behörde war! Und die Sender natürlich brav: Nachplappern!

Am nächsten Tag, dem 4.Juli 2012, das gleiche Spiel. “NSU-Terroristen waren keine V-Leute”, erkennt der Bundestags-Untersuchungsausschusses – nach einem knappen Blick auf mehrere Regalmeter Aktien fragwürdigen Inhalts. Die Quelle dieser bemerkenswerten Mitteilung dürften die Sicherheitsbehörden sein, dem Demokratieverständnis nach, das aus dem folgenden Satz spricht: “Dass der Verfassungsschutz Akten mit Klarnamen zur Verfügung stellte, gilt als einmaliger und extrem ungewöhnlicher Vorgang.” Wie sonst sollen denn Missetaten der Verfassungsschützer aufgedeckt werden?

Aber nein: Sie sollen gar nicht aufgedeckt werden. Denn am 5.Juli verkündet Innenminister Friedrich schon grimmigen Gesichts in der Tagesschau, dass es keine V-Leute im NSU-Umfeld gegeben habe. “Eine Meldung, wonach Beate Zschäpe angeworben worden sein soll, wies er als falsch zurück.” Worauf er seine Erkenntnis stützt? Wird nicht verraten, könnte ja laufende Ermittlungen gefährden. Vorhang zu, alle Fragen offen.

Zurück bleibt die Frage von Georg Diez: Und wenn es doch Absicht war? Die Familien von NSU-Opfern haben Strafanzeige gegen den Verfassungsschutz erstattet – endlich!


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