Ann Petry. Die Strasse

Ann Petry. Die StrasseEgal, ob Lutie Johnson zu Fuß durch New York City hastet oder mit der Subway von Downtown Manhattan nach Harlem fährt – immer ist man mitten drin mit ihr in dieser aufregenden einzigartigen Metropole. Vor dem inneren Auge den Stadtplan New Yorks:

Ein kalter Novemberwind jagte durch die 116th Street. Er rüttelte an Mülltonnendeckeln, saugte Rollos aus halboffenen Fenstern und klatschte sie von außen gegen die Scheiben, und er vertrieb zwischen Seventh und Eight Avenue fast alle von der Straße, bis auf ein paar gehetzte Passanten (Seite 7).

Atmosphärisch und geradezu filmisch beginnt dieser Roman. Er bleibt es bis zum letzten Satz. Und hat man diesen schließlich gelesen, muss man sich eingestehen, dass das Ende unerwartet bitter ist (mit einem winzigen Lichtblick, immerhin). Doch es sind die 40er Jahre in Harlem in New York City. Was hatte ich erwartet?

Mit der Hoffnung auf ein besseres Leben hatte Lutie eine kleine dunkle Wohnung in der 116th Street für sich und ihren achtjährigen Sohn Bubb gemietet. Die Gegend ist mies und schäbig. Lutie ist das durchaus bewusst, doch ist dies ein erster notwendiger Schritt zum Erfolg und deshalb ein Triumph! Sie würde sich nicht unterkriegen lassen. Nie! Nicht vom Alkohol wie ihr Pop. Nicht von der Einsamkeit und Depression wie der Hausmeister in seinem dunklen Kellerloch. Und schon gar nicht von irgendwelchen miesen Jobs, wie sie Mrs. Hedges mit ihrem zwielichtigen Lächeln anbot.

Nichts von alledem würde ihr passieren, schwor sich Lutie, denn sie würde sich erbittert zur Wehr setzen und niemals klein beigeben. Ihr war klar, wie schwer das besonders für sie als allein erziehende Mutter und schwarze Frau werden könnte, aber sie war extrem zuversichtlich.
Ihr nächster Schritt wäre, mit Bubb in eine bessere Gegend zu ziehen. Bis dahin würden sie mit wenig Geld auskommen und an jedem Monatsende ein paar Dollars zur Seite legen. Genau wie der große Benjamin Franklin. Auch er hatte es vom kleinen Mann zum Politiker geschafft. Man durfte nur die Hoffnung nicht verlieren …
Doch das hier ist nicht Philadelphia sondern Harlem. Der Alltag ist bestimmt von sexueller und rassistischer Gewalt, von Armut und Hass. Der Schmutz der STRASSE zieht und zerrt unerbittlich.
Nicht nur an Lutie, sondern auch am kleinen Bubb, der mit kindlich naivem und völlig ahnungslosem Blick durch Harlem geht. Und der nur einen Wunsch hat, seine Mom mit ein paar Dollars zu unterstützen. Nie würde er ihr von seiner nächtlichen Furcht allein in der kleinen Wohnung im 4. Stock erzählen, wenn Lutie in Juntos Bar singen ging. Umgekehrt erzählt Lutie ihrem Sohn nie von ihren Ängsten und Gefühlen.

Sie stieg aus und merkte erneut, dass sie erst wieder wirklich Mensch war, wenn sie Harlem erreichte und die feindseligen Blicke der weißen Frauen los war, die sie downtown und in der Subway anstarrten. Die berechnenden Blicke der Männer los war, die sich durch ihre Kleider bis zu ihren langen braunen Kleidern zu bohren schienen (Seite 53/54).

Ich mag diese Lutie unendlich. Sie rebelliert, sie begehrt auf gegen die starren Strukturen und ganz besonders gegen die Männer. Weil sie so wahnsinnig schön ist, glauben irgendwie alle, sie sei leicht zu kriegen. Egal, ob das der armselige Super in seinem Kellerloch, der Barbesitzer Junto oder der schmierige Boots ist. Jeder dieser Männer ist in seiner Armseligkeit dennoch Mensch mit einem Rest Liebe und Respekt im Herzen. In kleinen und sehr differenzierten Anekdoten erzählt Petry auch von deren Schicksal.
All dies macht den erstmals 1946 erschienenen Roman – und übrigens den ersten Roman einer afroamerikanischen Frau – so absolut lesenswert. Mit seiner winzigen Spur von Bitternis ist er dennoch immer voll Hoffnung und nie deprimierend. Im Nachwort nennt die Autorin Tayari Jones Ann Petry eine Meisterin des Noir und begnadete Erzählerin. Sie beschreibt auch die unzähligen Cover, welche über die Jahrzehnte die verschiedenen Ausgaben von The Street schmücken und die eine ganz eigene Sprache sprechen. Einen interessanten Beitrag mit den diversen Covern fand ich beim Stöbern im Netz auf dem Blog von Petra Hucke.

Ann Petry. Die Strasse. Aus dem amerikanischen Englisch von Uda Strätling. Mit einem Nachwort von Tayari Jones. Verlag Nagel & Kimche. München 2020. 375 Seiten. 24,- €. Auch als MP3 und als eBook


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