Als Adam grub und Eva spann

Warum es immer weniger Werktätige im Bundestag gibt.
Politik war zu den meisten Zeiten der einflussreiche Zeitvertreib reicher Leute. Die Bonner Demokratie zwischen Weltkrieg und Wegfall des östlichen Kalten Kriegers hat in uns die Ansicht gestärkt, dass jeder in die Politik kann, wenn er nur engagiert und interessiert ist. Das war jedoch nur eine Momentaufnahme. Was sich gestern konstituierte war nicht nur der neue Bundestag, sondern zusätzlich auch die Rückentwicklung dieses tendenziellen Egalitarismus. Politik scheint wieder zu werden, was sie zuvor immer schon war.
Als Adam grub und Eva spannRömische Senatoren waren keine Hungerleider. Die Notabeln diverser Ratsversammlungen oder Generalstände verdienten ihren Lebensunterhalt nicht mit Schmiedearbeiten. Der Doge und die Nobilhòmini waren keine Hartz IV-Leistungsberechtigten. Selbst die ersten Sozialdemokraten, die im Reichstag des Kaiserreiches saßen, waren keine ehemaligen Handwerksgesellen, sondern Anwälte oder Verleger, die sich ihre Auslagen (es gab noch keine Abgeordnetendiäten) selbst bezahlen konnten. Erst mit der Weimarer Republik schlich sich ein verhaltener Egalitarismus ein, konnte man auch aus sozial niederen Schichten in die Politik vorstoßen.

Seit Jahren steht es um die Sache der res publica, der öffentlichen Angelegenheit, schlecht. Politik geriet in die Pranken einer Ideologie, die sich selbst als alles, nur nicht ideologisch betrachtet. In dem Maße, wie sich die Bürger von der Politik abwandten, wandte sich die Politik der Wirtschaft zu. Der Kapitalismus hatte jetzt niemanden mehr zu beweisen, dass er sein hemmungsloses Wesen in die weisen Hände demokratischer Strukturen gelegt hatte. So ist das demokratische Prozedere zum Tand geworden, zum losen Komplex aus Riten und Zeremoniellen, in dem sich allerlei liturgische Handlungen finden, die man ohne Inspiration abfeiert: Wählen gehen und sich lassen, alternativlos die Hand heben, sich von Souffleuren aus der Wirtschaft "überzeugen lassen" und einiges mehr - als Bürger hat man mittlerweile gelernt, die Geschäfte dieser politischen Funktionäre nicht weiter zu stören und das Beste zu hoffen. Die werden es schon richtig machen, die Damen und Herren.
So entstand im Laufe der Jahre ein Berufsstand, der sich nicht aus dem puren Interesse für die res publica rekrutierte und damit relativ klassenübergreifend war, sondern der sich aufgrund der sozialen Herkunft mobilisierte. Aus besserem Hause ist man schließlich prädestinierter dafür, die Interessen der Wirtschaft als die Interessen der Gesellschaft zu verkleiden und so zu vertreten. Was will denn der Schlosser da? Genießt tarifliche Vergünstigungen, wo es doch jetzt nötiger denn je wäre, den Arbeitsmarkt stärker zu liberalisieren. Und die Tante aus dem Pflegebereich? Was bildet die sich ein? Die gehört vielleicht in den Niedriglohnsektor, nicht aber in den Bundestag.
Die Parteien leisteten sich in ihrem neoliberalen Wahn keine Kandidaten mehr, die in den Verdacht geraten konnten, die Interessen der unteren Schichten vertreten zu wollen. Und diese unteren Schichten entfremdeten sich gleichzeitig immer mehr von dieser neuen Kaste von Edelleuten.
Dass sich ein Normalo nebenbei keinen teuren Wahlkampf leisten kann, steht auf einem ganz anderem Blatt. Da Inhalte in der oberflächlichen Kultur der Mediokratie kein Alleinstellungsmerkmal mehr sind, muss man als Kandidat für ein Mandat mit Showelementen auf sich aufmerksam machen. Früher mag Kenntnis gereicht haben. Heute sind Plakatkampagnen, Internetauftritt, Werbespots, Wahlstände und Präsente unumgänglich, will man im Strudel der Nichtssagenheit (andere nennen es: Wahlkampf) kurzzeitig wahrgenommen werden. Das alles kostet keinen Pappenstiel. Ein reiches Elternhaus und/oder ein dickes Gehalt und/oder Rücklagen schaden da sicher nicht. Schlosser oder Altenpflegerinnen haben davon meist eher wenig.
Wenn man nun beklagt, dass der frisch konstituierte Bundestag kein Querschnitt durch die Gesellschaft ist, dann ist das lediglich der in der Realität des Bundestages angekommene Klassismus, der in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer stärker in alle Bereiche der Gesellschaft hineinwirkte. Die Jahre, in denen mancher Minister noch aus einer Werkshalle kam, in der Abgeordnete vormals noch selbst Gussstaub einatmeten oder Schicht arbeiteten, waren vermutlich nur ein kleines Schaufenster, ein kurzes Ausblick ohne Anspruch auf Kontinuität. Um es platt zu sagen: Waren Anzeichen von Demokratie, die es in der Postdemokratie logischerweise immer weniger gibt.
Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?, fragt der Volksmund. Wo? Im Parlament wahrscheinlich. Wo denn sonst? Er hat das gemacht, was er immer gemacht hat: Politik für sich und seine Kollegen, für seine Lieben und seine Partner, für Onkel August und für den Cousin einer Tante seiner Gattin. Und er hat sich Titel entworfen, um sich als Edelmann kenntlich zu machen. Das tun die Doktoren und "Doktoren" des Bundestages heute ja auch. Nicht zuletzt in dieser irren Titelei ohne Substanz ist zu erkennen, dass sich da eine neue Klasse konstituiert hat, die darüber übereinkam, als Erbfolge ein Gemisch aus Postengeschacher, Amigodienste und Vetternwirtschaft zu etablieren In diesen Filz kommt man als Erwerbstätiger nicht hinein. Der Senat des Imperium Neoliberalis läßt keine Plebejer hinein. Nur ganz selten gibt es in diesem Gebilde noch homines novi - gern sieht man sie aber nicht. Sie passen nicht in den illustren Kreis und stinken irgendwie nach Schweinestall.
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