66. Fried vs. Broder

Die Rote Fahne bringt den Dichter Erich Fried (1921-1988) in Stellung gegen einen ihrer Lieblingsfeinde, Henryk M. Broder. Jude gegen Jude, das freut manchen klammheimlich. Sie druckt zwei Anti-Broder-Gedichte des alten Kämpen, eins geht so:

Ein Jude an die Zionisten

Freut euch erstens, daß eure Toten so tot sind,
denn sonst könnten sie euch laut sagen, was sie von euch halten
ihr zu Mörder gewordenen Söhne der Opfer unserer Mörder
die ihr euch verbündet mit Mördern gegen eurer Mordopfer Kinder

Und freut euch, daß die Mörder unserer Eltern
die Herzen der Welt so gewöhnt haben an das Morden
daß die Herren der halben Welt heute eueren Morden und Lügen
wohlwollend zusehen können und kaum zum Schein protestieren

Und freut euch, daß euer eigener Martin Buber schon tot ist
denn der hat noch knapp vor seinem Tode gesagt
daß ihr nicht die Jünger der alten jüdischen Weisheit
nein, nur die Schüler von Hitler geworden seid

Und freut euch auch, daß es keinen Bert Brecht mehr gibt
denn was der euch gesungen hätte zu eurem Unrecht
das würde der Welt und euch noch lang in den Ohren klingen
ja, länger als eure Unrechtherrschaft noch währt

Aber freut euch rasch, denn eure Freude wird kurzlebig sein
wie die Freuden anderer Tyrannen und Mörder
und dann werden Palästinenser und Juden in Frieden zusammenleben
und werden Gott danken, daß es keinen Zionismus mehr gibt
Erich Fried

Ein passender Kommentar hier, Zitat:

Obwohl Fried in seinen Gedichten zumeist „Zionisten“ und nicht Jüdinnen und Juden anspricht, vergisst er doch nie, dass diese ebenso Jüdinnen und Juden sind, worauf die Ausgestaltung seiner polternden Beleidigungen schließen lässt, die viele der altbekannten antijüdischen Register zeigt. Er selbst bezeichnet sich demgegenüber als „besserer Jude“. Nach langen wirren Überlegungen zum Thema kommt Fried dann im Band zum Schluss, dass Antisemitismus und Zionismus in etwa gleichermaßen zu verurteilen seien: „[Es gibt] kein Bewusstsein, das den Antisemitismus oder den Zionismus rechtfertigen kann“ und er ruft die USA auf, „ihren israelischen Satelliten nicht weiter rasen zu lassen“. Nebenbei ermahnt er auch die Deutschen „zu helfen“. Die Paradoxie liegt auf der Hand: Die Deutschen, die gerade eben noch den Mord an sechs Millionen Jüdinnen und Juden in die Wege geleitet haben, sollen Frieds Hass auf das kleine Häufchen der in Israel verbliebenen Jüdinnen und Juden teilen, ausgerechnet um zu beweisen, aus dem Holocaust gelernt zu haben. Das wird vielen keine Schwierigkeiten gemacht haben. Eine leichtere Methode, mit dem Wissen über den Holocaust umzugehen, als die Judenfeindlichkeit auf diese Weise vom Fleck weg weiterzuleben, ist kaum auszudenken.



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