52. Aktueller Mittelweg

Christophe Frickers “exotische” George Lektüre stellt Gabriela Wacker vor: Diese „Einladung“ soll offensichtlich eine beschwichtigende Funktion übernehmen. Georges Verdienste als Kriegsgegner und Zeitkritiker werden hervorgehoben, seine zweifelhafte politische Stellung sowie sein Image des ‚Dichter als Führers‘ am Vorabend des Zweiten Weltkriegs werden deutlich marginalisiert. So ist Frickers Buch als ‚Rettung‘ Georges konzipiert, der andernorts vorschnell in die Ecke präfaschistischer und päderastischer Gestalten oder zweitrangiger Lyriker gestellt wird.

Auf die Einleitung folgt eine literaturhistorische Einordnung Georges. Zwischen dem vorgängigen Dichterfürsten Geibel, dem Naturalisten Holz und dem für den jungen George wichtigen Symbolisten Mallarmé verfolge George einen „Mittelweg zwischen den beiden Extremen, zwischen einzigartiger Kreation und eindeutiger Abbildung“. Seine Modernität liege insbesondere darin, die von Kant „festgeschriebene Trennung zwischen Ethik und Ästhetik wieder durchlässig zu machen“.

Neben den Dichter-Kollegen sind auch historische Figuren für Georges Dichtung von Interesse, die Fricker ausführlich porträtiert: Ludwig II. etwa ist ein wichtiges Idol, denn dieser inspiriere neben dem spätrömischen Kaiser Elagabal Georges „Algabal“.

Um die asymmetrische Rollenverteilung im George-Kreis zu plausibilisieren, profiliert Fricker unter dem Kapitel „Dichtung als Beruf“ das Bild des Dichters als Handwerkers, als Meisters der Kunstfertigkeit, der seinen Gesellen hochwertige Produkte anbiete. Auf drei Ebenen sei Georges Wirken handwerklich, nämlich mit Blick auf „Projekt, Prozess, Produkt“. Der handwerkliche Umgang mit Dichtung meint zum Beispiel die typografische Gestaltung der Bücher, die Neuformierung klassischer Metren, aber auch Georges Vorliebe für „Werkgemeinschaft[en]“. Das Besondere sei, dass in den von Distanz und Nähe geprägten Beziehungen Georges Platz für „Arbeiten mit weit auseinanderliegenden Kernaussagen und widersprüchlichen Deutungen“ sei.

Wie genau das Handwerkliche, gemeint ist unter anderem Georges Vorliebe für die Formstrenge, mit dessen Bild vom inspirierten Dichter, vom poeta vates, zusammengeht, wird allerdings nicht thematisiert.

Ob Georges „Geheimes Deutschland“ eine politische Dimension hatte, versucht er mit einem bewusst etwas schiefen Vergleich zwischen dem Programm der Unions-Parteien für die Bundestagswahl 2009 und einem späten Gedicht Georges zu klären: Es bleibt dabei, George äußert sich politisch nicht eindeutig, und seine späte Dichtung bleibt auslegungsbedürftig.



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