Im Nationalpark Paklenica in Kroatien bilden Klettern und Urlaub eine perfekte Symbiose.
Eine Schlucht mit einem frischen Bächlein, darüber steile Wände, die jede erdenkliche Kletterei bieten. Nach erfolgreichem Durchstieg wartet ein kühles Karlovačko pivo und der Campingplatz mit Meerzugang ist nur einen Katzensprung entfernt. Klettern in Paklenica ist Urlaub pur – und Kroatien sollte damit auf der Reiseliste von Felsliebhabern ganz nach oben rücken!
Klettern im Nationalpark Paklenica
Der Paklenica Nationalpark erstreckt sich von der kroatischen Adriaküste über das südliche Velebit-Gebirge. Zwischen dem Meer und den höchsten Gipfeln liegen über 1.700 Meter Höhenunterschied. Der Park besteht bereits seit dem Jahr 1949, schützt 96 Quadratkilometer Fläche und beheimatet viele bedrohte Tierarten. So genug der nackten Zahlen.
Sehen wir uns an, was den Nationalpark Paklenica so besonders zum Klettern macht. Das wird spätestens klar, wenn man das erste Mal am Eingang des Nationalparks steht.
Eine Schlucht bahnt sich hier den Weg aus dem Gebirge fast bis zum Strand. An ihren Rändern ragen aschgraue Wände in die Höhe. Man muss den Kopf schon ganz schön nach oben renken, um ihre Enden zu erkennen. Denn die Fluchten ragen bis zu 500 m hoch in den Himmel.
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Das Meer, die Schlucht und scharfer Kalk
Das Herzstück des Klettergebiets bildet die Schlucht Velika Paklenica. Links und rechts davon erheben sich steile Felswände. Die markanteste davon: die Nordwestswand des 712 Meter hohen Anića kuk.
An guten Tagen füllt sich der Parkplatz am Eingang zum Nationalpark schon am frühen Vormittag. Kletterer und Wanderer strömen auf dem breiten Weg in die enge Schlucht. Unter den hohen Wänden wirken sie winzig klein. Die meisten von ihnen bleiben zum Sportklettern am Wandfuß. Doch die wirklichen Kletterperlen liegen einige Stockwerke höher: Paklenica ist ein Paradies zum Klettern von Mehrseillängen und Alpinrouten!
Wer an warmen Tagen im Schatten klettern möchte, steigt hinauf zum Wandfuß des Anića kuk. Wie ein dicht gesponnenes Spinnennetz ziehen hier zig Mehrseillängenrouten durch die fast 400 m hohe Nordwestwand. An griffigen Rissen, steilen Hangelschuppen und mannestiefen Wasserrillen arbeitet man sich den scharfen Kalk empor. Und am Gipfel darf man über den Blick aufs offene Meer staunen.
Auch, wenn die Routen lang sind: den Urlaubsmodus muss man nicht unterbrechen und kann getrost ausschlafen. Denn der Zustieg ist mit dreißig Minuten kurz, die Einstiege sind dank perfekter Ausschilderung schnell gefunden und die Sonne streift die Wand erst am späten Nachmittag.
Die Kletter-Klassiker Paklenicas
Die Klassiker in Paklenica reihen sich in der Nordwestwand des Anića kuk aneinander. Es sind die Velebitaski (VII-), die Mosoraki (VI+) und die Klin (VIII-), die man laut Führerliteratur geklettert haben sollte. Die Betonung liegt auf sollte. Denn das Dreigestirn der Klassiker, das direkt nebeneinander liegt, wird von nicht weniger schönen Linien umgeben. Ist in den Klassikern viel Verkehr, kann man also getrost auf eine Nachbarroute ausweichen, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu verpassen!
Die griffigen Wänden von Paklenica schätzte auch die Pongauer Kletterlegende Albert Precht. In den 80er-Jahren, schrieb Precht in seinem Buch Tausendundein Weg, wären die Klettergebiete Paklenicas gegen Ende des Winters ihre liebsten Trainingsziele gewesen. Der Jugoslawienkrieg hätte dann viel verändert – nicht an den Felsen, an den Menschen vor Ort. „Als wir später (nach dem Krieg, Anm.) wiederkamen, waren die Menschen verändert. Der Krieg hatte ihnen das Lachen aus den Gesichtern genommen.“
Das Velebit-Gebirge mit seinem karstigen Kalk – ein Eldorado für Kletterer.Mittlerweile sind viele Jahre verstrichen. Albert Precht ist tot. Die meisten Trümmer des Krieges sind verschwunden. Was gleich geblieben ist? Paklenica ist immer noch ein großartiges Ausweichziel, um dem nassen Wetter und den kühlen Temperaturen in den Alpen zu entfliehen.
Auch die Einheimischen haben wieder ein Strahlen in den Augen und freuen sich über Kletterer, die sich wiederum an ihrer Gastfreundschaft, dem klaren Meer, dem guten Essen und den vielfältigen Klettermöglichkeiten erfreuen.
Sonniger Superfels
Hochgelobt haben wir bisher die schattige Wandflucht des Anića kuk. Doch was tun, wenn es im Schatten zu kühl ist und man sich nicht nur am Strand, sondern auch am Fels in der Sonne räkeln möchte?
Beim Eintritt in die Schlucht entreiße man den Blick vom alles überragenden Anića kuk und schwenke ihn zu den Wandfluchten linker Hand. Dort steht fast unscheinbar, aber immer noch ausreichend hoch für mehrere Seillängen, der Debeli kuk.
Sonniger Superfels am Debeli kuk. Wer erst am Nachmittag einsteigt, kann hier aber auch im Schatten klettern. Warten lohnt sich!Der Schatten legt sich erst am mittleren Nachmittag über den sonnigen Superfels. Wer trotz warmer Temperaturen auf grandiose Klettermeter wie in der Senza Pieta (VII+) nicht verzichten will, kann also getrost auf den Schatten warten und zu späterer Uhrzeit einsteigen.
Was wir in Paklenica geklettert sind
Wir haben Paklenica über Pfingsten besucht und durften bei besten Verhältnissen einige grandiose Routen klettern. Bei unserer Auswahl ist bestimmt auch für dich etwas dabei!
Mosoraški (VI+) | Anića kuk
Meistgeklettert. Die Mosoraški verläuft zentral durch die 350 m hohe Nordwand des Anića kuk . 1957 erstbegangen, ist sie einer DER Klassiker in Paklenica und wird dementsprechend häufig geklettert. Aufgrund der Begehungsspuren wurde die Schlüsselseillänge von VI auf VI+ aufgewertet.
Aber keine Angst: So schlimm abgespeckt ist die Route nicht und eine Begehung lohnt sich allemal! Besonders schön sind die Verschneidungen im oberen Wandteil. Die spärliche Absicherung macht vor allem in den leichten Passagen die Orientierung schwierig. Deshalb: Topo gut studieren und Friends und Stopper einpacken!
Meistgeklettert. Die Mosoraški… in der Nordwand des Anića kuk. Ausstieg mit Meerblick.Sollte man unbeabsichtigt in einer Nebenroute landen, ist das nicht tragisch. Wir haben uns in der vierten Seillänge von den Bohrhaken der Besmrtnici (6b+) verleiten lassen und sind der Route für drei tolle Seillängen (6b, 6b+, 6b) gefolgt, ehe sie im oberen Wandteil wieder auf die siebte Seillänge der Mosoraški trifft.
Die abschließenden drei Verschneidungslängen haben mit Abstand die schönsten Klettermeter der Mosoraški geboten!
Ljubljanska | Anića kuk
Etwas von allem. Während die Klassiker am Anica Kuk wie die Klin, die Velebitaški oder die Mosoraški meist von duzenden Seilschaften belagert werden, klettert es sich in der Ljubljanska wenige Meter daneben einsam, aber nicht weniger schön! Herzstück der Ljubljanska ist eine 50 m lange Verschneidung im unteren VI. Grad. Danach führt die Route über zwei kraftraubende Rissseillängen (bis VII) in den oberen, leichteren Wandteil.
Dort darf man die Linie schließlich über genialen, wasserzerfressenen Fels verlassen und zurück in die Schlucht wandern.
In der 50m-Verschneidung. Oben kraftige Risskletterei. Etwas von allem gibt’s in der Ljubljanska. Lässt nicht aus.D. Brahm (VI) | Anića kuk
Die Brahm war die erste Kletterroute am Anića kuk und ist somit ein quasi historisches Relikt. Am 1938 stürzte Dragutin Brahm beim Versuch, diese Route erstzubegehen im oberen Wandteil in den Tod. Marijan Dragman und Slavo Brezovečki vollendeten sein Werk zwei Jahre später und nannten sie zu Brahms Gedenken D. Brahm.
Im unteren Abschnitt ist die Route häufig von Schrofen unterbrochen und Sträucher stören den Kletterfluss. Dazwischen tauchen aber überraschend schöne Kletterpassagen auf. Die Schlüsselstelle der Brahm ist ein steiler, extrem polierter Risskamin – so bleibt zumindest die Kleidung ganz.
Nicht schön, dafür abenteuerlich. Die Brahm war die erste Kletterroute am Anića kuk –
und die letzte, die du in Paklenica klettern solltest.
Das Schönste an der Route: Die Aussicht durch ein riesiges Felsenfenster nach der letzten Seillänge. Wiederholen? Nur wenn man wirklich nichts Besseres findet – und davon gibt es in Paklenica doch einiges!
Nostalgija (VII) | Anića kuk
Die Nostalgija verläuft über Superfels zwischen Klin und Mosoraški und ist ein mehr als empfehlenswertes Ausweichziel, falls in den Klassikern zu viel los ist! Sie ist etwas anhaltender als die Klin und schwieriger als die Mosoraški.
Fast durchgehend wird der obere sechste beziehungsweise siebte Grad gefordert. Zwar ist die Route eingebohrt, allerdings in weiten Abständen, weshalb auch Friends und Keile dabei sein sollten.
Wer sich unter diesen Umständen wohl fühlt, darf sich auf großartige Klettermeter freuen. An griffigen Rissen, steilen Hangelschuppen, Überhängen mit Mega-Henkeln und mannestiefen Wasserrillen arbeitet man sich durch die Wand des Anića kuk. Paklenica vom Feinsten!
Paklenica vom Feinsten! In der Nostalgia warten… griffige Überhänge, Schuppen und tiefe Wasserrillen. Steil & rau.Senza Pieta (VII+) | Debeli Kuk
Lang schlafen, am Strand frühstücken, ein frühes Bad im Meer und dann warten, bis die Sonne aus den Ostwänden verschwindet. So könnte dein Vormittag aussehen, wenn du planst, die Senza Pieta zu klettern. Im Frühjahr liegt die Route ab ca. 14:30 Uhr im Schatten.
Selten lohnt sich das Warten so sehr, wie auf diese Linie. Perfekter Fels von dem Moment, in dem die Füße den Boden verlassen bis zum Pfeilergipfel des Debeli Kuk.
Kein Wunder, dass die Route des Bohrmeisters P. Pezzolato mittlerweile zu einem modernen Klassiker in Paklenica geworden ist. Die erste Seillänge ist gleich ein ziemlicher Kaltstart: Über ein steile Wasserrille darf man sich zum Standplatz hinaufpiazen. In der zweiten Seillänge kann man kurz verschnaufen, ehe in der dritten die Schlüsselpassage wartet. Ein technischer Quergang entlang von scharfen Tropflöchern fordert kaum Kraft, dafür sauberes steigen und eine gute Körperpositionierung. Einfach genial!
In den nächsten Seillängen wechseln Platten und Rissen, ehe die Linie zum Ende nochmals aufsteilt. Die letzte Seillänge gehört zu den besten, die wir in Paklenica klettern durften. An Hangelschuppen mit Riesengriffen klettert man direkt auf den Gipfel des Debeli Kuk.
Paklenica vom aller Feinsten! Susi im Tropflochquergang der Schlüsselseillänge. Großartige Plattenkletterei. Perfekter Fels in jeder Seillänge. Das bisschen Grün gefällt hier sogar!Ganz so gnadenlos wie ihr italienischer Name vermuten ließe, ist die Linie rückblickend nicht. Die Hakenabstände sind zwar teilweise weit, die Schwierigkeiten anhaltend und die Bewertungen eher hart. Alle Passagen lösen sich aber super auf und mit kleinen und mittleren Friends kann man die Zwischensicherungen häufig gut ergänzen. Ohne Zweifel eine der besten Routen, die wir bisher in diesem Schwierigkeitsgrad geklettert sind!
Water Song (VII-) | Veliki cuk
Die Water Song ist eine gut eingebohrte Sportkletterroute am Veliki Cuk. Die Route ist mit sechs Seillängen sehr kurz und eignet sich deshalb perfekt für unbeständigere Tage oder, wenn man den Nachmittag am Meer verbringen möchte. Ein weiterer Pluspunkt: Am Vormittag klettert man hier im Schatten.
Kurz und schön. Die Water Song bietet etwas von allem.Tom in den Ausstiegsplatten, als uns gerade die Sonne einholt.
Zur Kletterei sollten wir auch noch ein paar Worte loswerden, denn diese ist perfekt und sehr homogen. Die ersten drei Seillängen bieten Platten- und Wasserrillenkletterei. Dann folgt ein Piazriss und mit einem steilen Henkelriss die Schlüsselstelle der Route. Die Plattenlänge am Ende bildet einen tollen Abschluss. Dazu noch perfekte Bohrhakenabsicherung und ein gemütlicher Fußabstieg.
Alternativprogramm und Tipps für den Ruhetag
Nach Regen trocknen die Felsen in Paklenica schnell und man kann meist am nächsten Tag wieder klettern. Sollte es doch einmal nass bleiben, oder die Fingerhaut eine Pause brauchen, gibt es reichlich Alternativprogramm.
Zur Abwechslung kann man die Nachbarschlucht Mala Paklenica („Kleine Paklenica-Schlucht“) besuchen oder einen Ausflug in die Höhle Manita Pec in Velika Paklenica (in der „großen“ Hauptschlucht) machen. Die Mala Paklenica ist wilder, ursprünglicher und einsamer als ihre bekannte Nachbarin. Bring aber unbedingt Tritt- und Schwindelfreiheit mit, denn der Steig ist teilweise steil und ausgesetzt.
Auch für Wanderer und Trailrunner ist der Nationalpark ein echtes Eldorado und man kann gleichzeitig auch die Drehorte von Winnetou besuchen. Die berühmten Karl-May-Filme haben Paklenica auf der ganzen Welt bekannt gemacht.
Nahegelegt sei dir auch ein Kultur-Ausflug in das nur 50 km entfernte Küstenstädchen Zadar. Dort schlenderst du durch malerische Gässchen, kannst dir etwas Hübsches kaufen, am Pier der Meeresorgel lauschen und zu Abend einen fangfrischen Fisch verspeisen.
Klettern in Paklenica: Was du wissen musst
Die wichtigsten Tipps für deinen Kletter-Trip nach Paklenica und unsere Empfehlungen für Ruhetage!
- Anreise: Paklenica ist über die Autobahn ab Kärnten relativ flott und bequem erreichbar. Zunächst fährst du durch Slowenien, später in Kroatien über die Autobahn im Landesinneren bis nach Starigrad-Paklenica. Es sammeln sich so einige Mautgebühren an, vor allem, wenn man mit dem Camper unterwegs ist. Hast du mehr Zeit, kannst du auch über die Küstenstraße von Rijeka ausweichen.
- Übernachten: In Starigrad-Paklenica gibt es zahlreiche kleine Appartements und Zimmer, die man auch spontan buchen kann. Allen, die mit dem Van unterwegs sind, empfehlen wir unbedingt, auf einem der vielen Campingplätze halt zu machen. Diese sind sehr günstig und häufig findet man einen Stellplatz direkt am Strand.
Wir haben am Campingpatz Nacionali park übernachtet. Die Stellplätze dort liegen direkt an einem natürlichen Kiesstrand mit traumhafter Aussicht auf das offene Meer. Auch das Klettergebiet ist von dort aus in wenigen Minuten erreichbar. Am besten du packst das Rad ein, dann kannst du das Auto am Campingplatz stehen lassen. Eine Vorreservierung ist nicht möglich. Wir haben dort über Pfingsten aber problemlos spontan einen Stellplatz erhalten. - Klettern in Paklenica – die beste Zeit: Die besten Verhältnisse zum Klettern finden man in Paklenica bestimmt im Frühjahr und im Herbst. Im Sommer wird es schnell zu heiß!
- Eintritt: Wer im Nationalpark Paklenica Klettern will, muss Eintritt bezahlen. Pro Tag und Person sind je nach Saison 4-10 € zu entrichten. Man kann aber gleich einen 3 oder 5-Tagespass lösen, dann wird der Tageseintritt etwas günstiger. Auch für das Parken muss man bezahlen (2 € täglich). Ein weiterer guter Grund, um mit dem Rad in die Schlucht zu fahren. Dann spart man sich auch das Parkplatz suchen.
- Essen: Im Ort Starigrad-Paklenica gibt es mehrere Supermärkte, aber auch nette Restaurants. Ein Fisch bei Dinko ist nach dem Klettern Pflicht!
- Kletterführer: Der Paklenica Kletterführer von Boris Cujic (Verlag Astroida) ist das Standard Werk für Paklenica. Derzeit ist der Führer in der 8. Auflage (2023) erhältlich. Der Führer ist mehrsprachig und bietet Infos in Kroatisch, Deutsch und Englisch. Kaufen kannst du ihn im lokalen Kletter-Geschäft.
- Tiere und Umwelt: Dass man im Nationalpark keinen Müll zurücklässt und sich gesittet verhält, ist hoffentlich klar! Bedenke: Es leben auch zahlreiche Reptilien im Velebit. Hornvipern und Kreuzottern kommen im Karst Kroatiens relativ häufig vor.
- Weitere Infos findest du auf der Website des Nationalparks!
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