Bevor meine Mutter-Kind-Kur allzu lange zurück liegt, möchte ich mal noch ein wenig die Rückkehr und die erste Zeit danach beschreiben, denn der Kontrast war wirklich krass und ich hatte selten so große Umstellungsprobleme nach einem "Urlaub". Man muss natürlich auch sagen, dass ich noch nie so lange (3 Wochen) verreist und aus der Wohnung, dem Job und der Familienkonstellation weg war. Insofern habe ich zwar keinen Vergleichsmaßstab, weiß aber, dass ich die Rückkehr ins gewohnte Leben nach Urlauben noch nie als so unangenehm und schmerzhaft empfunden hatte wie nach der Kur. Auch hatte ich mein Zuhause gar nicht arg vermisst, im Gegenteil, ich fühlte mich auf der Kur total wohl, blühte auf und wäre am liebsten noch länger geblieben. Trotzdem war ich natürlich gespannt darauf, wie ich die Rückkehr verkraften würde.
Am Schlimmsten war der Großstadtkoller, der mich mit aller Macht überfiel, als wir in Berlin ankamen. Schon als sich der Zug kurz vor Berlin füllte, wurde ich unruhig und der Große sagte, es würde stinken. Beim Aussteigen überwältigten uns die Menschenmassen, die Lautstärke und dass man sich auf so viele Dinge gleichzeitig konzentrieren musste. Es war wirklich ein Schock. Ich vermisste sofort den Wald, das Meer, die Ruhe und die Leere meines Kurortes. Als wir an unserer heimischen S-Bahnstation ausstiegen und nach Hause liefen, war das Unwohlsein so überwältigend, dass ich immer wieder zum Großen sagte: "Ich kann hier nicht mehr leben, das ist mir alles zu laut, zu voll, zu dreckig!" Mir war zum Heulen zumute, ich hatte so eine starke Abneigung gegen die Stadt, die ich als meine selbstgewählte Heimatstadt empfand und in der ich seit 23 Jahren lebte, noch nie empfunden. Es stank nach Abgasen, nach Müll und allen möglichen menschlichen Gerüchen, was nach 3 Wochen mit täglicher frischer Ostseeluft wirklich quälend war. Der viele Verkehr, Busse, Flugzeuge, Obdachlose, Imbisse, Werbeplakate, das ganze urbane Leben war mir auf einmal zutiefst zuwider. Ich war richtig verzweifelt, empfand Abneigung, Ekel und körperliches Unwohlsein und jammerte vor mich hin. Das war sicherlich für den Großen, der sich auf sein Zuhause gefreut hatte, nicht einfach, aber ich konnte die Gefühle nicht zurückhalten, sie waren total existenziell. Noch viele Tage nach der Rückkehr empfand ich das Gefühl von meinen Schuhen auf dem städtischen Asphalt als äußerst unangenehm. Das hatte ich in dieser Intensität noch nie gehabt.
Ich hatte wirklich so deutlich wie noch nie zuvor den Impuls, jetzt sofort meine Wohnsituation, meine ganze Lebensausrichtung ändern zu müssen, um glücklicher und zufriedener zu werden. Gleichzeitig waren natürlich die Faktoren, die dagegen sprachen bzw. dies verhinderten (Finanzen, Job bzw. Arbeitsweg, Umfeld der Kinder etc.) unverändert. Diesen Konflikt empfand ich direkt nach der Kur sehr stark. Mir war schon bewusst, dass die Kur eine Ausnahmesituation gewesen war, aber ich hatte durch sie eben sehr deutlich gemerkt, was mir fehlte und wonach ich mich sehnte. Das betraf nicht nur den Wunsch nach einem naturnaheren Leben, sondern auch die Sehnsucht nach viel mehr Zeit allein, nach mehr Flexibilität und weniger Hamsterrad. Das und die Tatsache, dass ich nichts oder nicht viel in meinem Alltagsleben ändern konnte, war schwer auszuhalten.
Als ich zurückkam, hatte ich noch einen Tag frei, an dem die Kinder in der Kita waren. Dann begann das lange Osterwochenende und ich befürchtete schon vorher, dass es konfliktreich werden würde, da sich die gesamte Familie erstmal wieder finden und zusammenraufen musste. So kam es dann auch, es folgten 4 schwierige, anstrengende Tage, leider aufgrund des schlechten Osterwetters hauptsächlich indoor stattfindend, was die negative Dynamik noch verstärkte. Es gab viel Streit und Genervtheiten und jede Seite vermisste das relativ reibungslose Funktionieren während der dreiwöchigen Trennung. Auch die Kinder kriegten sich wieder schnell in die Wolle und so waren wir froh, als das Osterwochenende vorbei war und der Alltag einzog. Ich empfand die Rückkehr in den Familienalltag als unheimlich freiheitsberaubend und einschränkend. Einerseits deshalb, weil ich mich auf der Kur um nichts außer der wenigen Wäsche und ein paar Luxus-Einkäufen kümmern musste, andererseits aber auch deshalb, weil ich auf der Kur Entscheidungen allein und unabhängig für mich und den Großen treffen konnte und es mir damit wesentlich besser ging als mit dem ständigen schwierigen Abstimmen und Abwägen der Bedürfnisse aller Familienmitglieder zuhause.
Die Vor- und Nachbereitung der Mahlzeiten fiel auf der Kur komplett weg, wir konnten 15 Minuten vor dem Ende des Mittagessens oder Abendbrots vom Strand kommen und so die Freizeit ausnutzen. Wie oft kommt man im Alltag spät nach Hause, muss dann noch Essen machen und ärgert sich, weil die Kinder nichts oder wenig essen, man selbst aber die Vor- und Nachbereitungsarbeit hat? Das fand ich auf der Kur sehr entspannend und hat mich wirklich entlastet. Überhaupt, 3 Mal am Tag eine fertige Mahlzeit vorgesetzt zu bekommen und vor allem ein tägliches warmes Mittagessen, war für mich Luxus pur. Da ich auf Arbeit keine Pause mache und nur etwas Kaltes zwischendurch esse, eigentlich aber eine warme Mahlzeit brauche, habe ich das sehr genossen und zurück zuhause arg vermisst. Ja, in 3 Wochen kann man sich an angenehme Dinge gewöhnen...
Was die Kinder betrifft, so hat der Große die beiden Umstellungen, sowohl auf der Kur als auch zurück zuhause, eigentlich gut gemeistert, dafür, dass er immer ein Kind war, was schlecht mit Veränderungen und Umstellungen klar kam. Er fremdelte nicht mit dem Papa beim Wiedersehen, was z.B. vor anderthalb Jahren nach einer Kurzreise noch der Fall war. Er lebte sich zuhause sofort wieder ein, als wäre er nie weg gewesen. Auf der Kur hatte ich das Vermissen des Papas bei ihm nur in der letzten Woche deutlich gemerkt, und die kleine Schwester fehlte ihm, glaube ich, gar nicht. Waren wir auf der Kur wirklich gut miteinander klargekommen, so entwickelte er zurück zuhause ziemlich schnell wieder seine üblichen Verhaltensweisen wie Verweigerung, Beleidigtsein und Auseinandersetzungen mit der Kleinen. Dies zeigte mir wieder einmal, was ich ohnehin weiß, nämlich dass es ihm allein, als Einzelkind besser gehen würde. Ist er mit einem oder zwei Erwachsenen allein, ist er deutlich zufriedener, man wird ihm gerechter und alles ist einfacher.
Die Kleine war durch meine 3-wöchige Abwesenheit vorhersehbarerweise deutlich mehr beeinträchtigt. Sie hatte viel geweint, das zweimalige Abholen durch die Großeltern fast verweigert und immer nach mir gesucht und gefragt. In der Kita war ihr laut Aussage ihrer ErzieherInnen nichts anzumerken. Sie hatten sich extra darauf eingestellt, sie in dieser Zeit etwas intensiver zu betreuen und zu bekuscheln, falls nötig. Der Mann kam gut mit ihr klar, denn durch meine Abwesenheit hatte sie sich emotional ganz und gar an ihn gehängt. Ich hegte ja die leise Hoffnung, dass wir das nach meiner Rückkehr beibehalten und sie z.B. abwechselnd abends ins Bett bringen könnten. Das trat leider nicht ein, sondern sie hängte sich wieder komplett an mich, ihre 1. Bindungsperson, als ich zurück war. Immerhin war nun wenigstens die Gewissheit da, dass ich sie mal allein lassen konnte und sie halbwegs ohne mich klarkommt.
Allerdings, und darüber habe ich ja schon in meinem Bericht über ihre U8 geschrieben, blieb mein Wegsein leider nicht folgenlos: sie hatte in der Zeit ihren ersten größeren Neurodermitis-Schub entwickelt, was ich als direkte Reaktion auf akutes Mama-Vermissen interpretiere. Das hat mir unheimlich leid getan und noch nachträglich Gewissensbisse gemacht. Mittlerweile sind die juckenden Stellen deutlich zurück gegangen, wir pflegen täglich. Geblieben ist die Angst und das schlechte Gewissen, wenn ich wiedermal etwas allein, ohne sie, machen möchte. Als ich zuletzt allein in Prag war, konnte ich jedoch keine Verschlechterung feststellen, dafür war mein Wegsein einfach zu kurz. Ich hoffe einfach, dass sie sich durch öftere kurze Abwesenheiten etwas daran gewöhnt und emotional besser damit klarkommt. Eine 3-wöchige Trennung, auch wenn wir uns zwischendurch gesehen haben, war natürlich eine extreme Erfahrung für sie. Da hilft auch die Betreuung durch den Papa oder die Abwechslung durch die Großeltern nur bedingt: ein Kind mit einer so starken emotionalen und physischen Bindung zu einem Elternteil wird immer leiden, wenn dieses weg ist.
Nach der Kur war sie extrem trennungsängstlich, hat oft und viel geklammert und wich kaum von meiner Seite. Als ich das erste Mal abends ausging, schrie und tobte sie, versperrte mir die Tür und wollte mich absolut nicht gehen lassen. Wenn ich sie ausnahmsweise mal zur Kita brachte (meist macht der Mann das), hatte sie enorme Schwierigkeiten, sich von mir zu lösen, schrie und klammerte energisch. Wahnsinnig hart für mich. Das war kurz vor ihrem 4. Geburtstag für mehrere Wochen der Fall. Langsam, ganz langsam wurde es wieder "besser". Bin ich da, lässt sie sich weiterhin nur von mir ins Bett bringen, wie vorher. Bin ich weg, lässt sie zum Glück den Papa zu. Insgesamt ist ihre enge Bindung zu mir nicht lockerer geworden. Hatte ich gehofft, sie gewöhnt sich etwas besser an meine zeitweilige Abwesenheit, so kam mir die Zeit direkt nach der Kur wie ein Rückfall in ihre schlimmste Trennungsangst-Zeit vor. Das tat mir wahnsinnig leid, trotzdem wusste ich, dass der Weg für mich so weitergehen muss.
Einen großen Schritt nach vorn hat mein Bewusstsein für Selbstfürsorge und Achtsamkeit gegenüber mir selbst durch die Kur gemacht. Ich nahm ja dort an einem Gesprächskurs "Selbstfürsorge" teil, der mir sehr viel brachte, vor allem in Hinblick darauf, mit Mut, Nachdruck und ohne schlechtes Gewissen eigene Bedürfnisse einzufordern und durchzusetzen. Damit hatte ich mich immer schwer getan und zwei so anhängliche Kinder machen das natürlich auch nicht leichter. Schon während der Kur nahm ich mir vor, in Zukunft aktiv mehr für mich zu machen, anstatt darauf zu warten, dass mir jemand Freizeit ermöglicht. Dies habe ich umgesetzt, sicherlich trotzdem noch auf einem geringeren Niveau als andere Mütter, aber wesentlich mehr als vor der Kur und als in den letzten Jahren, und ich möchte das bewusst und kontinuierlich weiterverfolgen. Ich war mehrmals abends verabredet (das habe ich früher nie gemacht, um den Mann nicht abends allein mit den Kindern zu lassen), ich war in einem Musical und das Aufregendste und Einschneidendste war natürlich meine Prag-Reise allein, das erste Mal nach über 6 Jahren, dass ich 2,5 Tage komplett ohne Kinder war.
Ich habe wirklich das Gefühl, dass die Kur in dieser Hinsicht Steine ins Rollen gebracht hat und das war wichtig und bitter nötig. Ich hatte mich bisher immer mehr um die Kinder als um mich gekümmert, was sicherlich ein Problem ist, das viele Mamas haben, aber nicht jede Mama leidet gleichermaßen so sehr darunter, wie ich schon immer. Es war der Zwiespalt zwischen einem hohen Verantwortungsgefühl und schlechtem Gewissen und auf der anderen Seite einer großen Sehnsucht nach dem Verfolgen der eigenen Interessen und nach Me-Time. Der Konflikt ist natürlich immer noch da und wird nie verschwinden, aber durch die Kur ist der Mut und das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Selbstfürsorge enorm gewachsen. Ich finde das megatoll und hoffe, dass ich diesen Weg so weitergehen kann und nicht wieder zurückfalle in alte Muster. Es ist wirklich nicht einfach, wenn man niemanden hat, der einen dabei aktiv unterstützt, sondern immer das Gefühl vermittelt bekommt, man fordere eigentlich zuviel oder wenn die Kinder traurig und verzweifelt sind und sogar körperliche Symptome (siehe Neurodermitis) entwickeln, aber es ist der einzige Weg, wie ich mich selbst stärken kann. Dies wiederum kommt dann auch den Kindern zugute. Eine schwierige Gratwanderung und immer neues Austarieren der verschiedenen Bedürfnisse. Auf jeden Fall hat die Kur mich hier einen großen Schritt nach vorn gebracht und das ist in meinen Augen ihr wichtigster Effekt.
Dies war meine kleine Zusammenfassung der Zeit nach der Kur, der Veränderungen und Fortschritte. Der Kontrast nach der Rückkehr war echt heftig, sowohl was die Großstadt als auch was die Familienkonstellation und das Hamsterrad betrifft. Da macht sich eine Pause von 3 Wochen deutlich bemerkbar, damit hatte ich nicht gerechnet. Mittlerweile habe ich mich weitestgehend wieder an die Umstände zuhause gewöhnt, vermisse aber immer noch einige spezielle Aspekte der Kur-Zeit und denke immer wieder gern an diese 3 Wochen zurück. Die bedeutendste Veränderung ist sicherlich mehr Selbstfürsorge und Achtsamkeit für mich selbst. Schon allein für diese Fortschritte hat sich die Zeit gelohnt, und ich bin sehr dankbar dafür.
Am Schlimmsten war der Großstadtkoller, der mich mit aller Macht überfiel, als wir in Berlin ankamen. Schon als sich der Zug kurz vor Berlin füllte, wurde ich unruhig und der Große sagte, es würde stinken. Beim Aussteigen überwältigten uns die Menschenmassen, die Lautstärke und dass man sich auf so viele Dinge gleichzeitig konzentrieren musste. Es war wirklich ein Schock. Ich vermisste sofort den Wald, das Meer, die Ruhe und die Leere meines Kurortes. Als wir an unserer heimischen S-Bahnstation ausstiegen und nach Hause liefen, war das Unwohlsein so überwältigend, dass ich immer wieder zum Großen sagte: "Ich kann hier nicht mehr leben, das ist mir alles zu laut, zu voll, zu dreckig!" Mir war zum Heulen zumute, ich hatte so eine starke Abneigung gegen die Stadt, die ich als meine selbstgewählte Heimatstadt empfand und in der ich seit 23 Jahren lebte, noch nie empfunden. Es stank nach Abgasen, nach Müll und allen möglichen menschlichen Gerüchen, was nach 3 Wochen mit täglicher frischer Ostseeluft wirklich quälend war. Der viele Verkehr, Busse, Flugzeuge, Obdachlose, Imbisse, Werbeplakate, das ganze urbane Leben war mir auf einmal zutiefst zuwider. Ich war richtig verzweifelt, empfand Abneigung, Ekel und körperliches Unwohlsein und jammerte vor mich hin. Das war sicherlich für den Großen, der sich auf sein Zuhause gefreut hatte, nicht einfach, aber ich konnte die Gefühle nicht zurückhalten, sie waren total existenziell. Noch viele Tage nach der Rückkehr empfand ich das Gefühl von meinen Schuhen auf dem städtischen Asphalt als äußerst unangenehm. Das hatte ich in dieser Intensität noch nie gehabt.
Ich hatte wirklich so deutlich wie noch nie zuvor den Impuls, jetzt sofort meine Wohnsituation, meine ganze Lebensausrichtung ändern zu müssen, um glücklicher und zufriedener zu werden. Gleichzeitig waren natürlich die Faktoren, die dagegen sprachen bzw. dies verhinderten (Finanzen, Job bzw. Arbeitsweg, Umfeld der Kinder etc.) unverändert. Diesen Konflikt empfand ich direkt nach der Kur sehr stark. Mir war schon bewusst, dass die Kur eine Ausnahmesituation gewesen war, aber ich hatte durch sie eben sehr deutlich gemerkt, was mir fehlte und wonach ich mich sehnte. Das betraf nicht nur den Wunsch nach einem naturnaheren Leben, sondern auch die Sehnsucht nach viel mehr Zeit allein, nach mehr Flexibilität und weniger Hamsterrad. Das und die Tatsache, dass ich nichts oder nicht viel in meinem Alltagsleben ändern konnte, war schwer auszuhalten.
Als ich zurückkam, hatte ich noch einen Tag frei, an dem die Kinder in der Kita waren. Dann begann das lange Osterwochenende und ich befürchtete schon vorher, dass es konfliktreich werden würde, da sich die gesamte Familie erstmal wieder finden und zusammenraufen musste. So kam es dann auch, es folgten 4 schwierige, anstrengende Tage, leider aufgrund des schlechten Osterwetters hauptsächlich indoor stattfindend, was die negative Dynamik noch verstärkte. Es gab viel Streit und Genervtheiten und jede Seite vermisste das relativ reibungslose Funktionieren während der dreiwöchigen Trennung. Auch die Kinder kriegten sich wieder schnell in die Wolle und so waren wir froh, als das Osterwochenende vorbei war und der Alltag einzog. Ich empfand die Rückkehr in den Familienalltag als unheimlich freiheitsberaubend und einschränkend. Einerseits deshalb, weil ich mich auf der Kur um nichts außer der wenigen Wäsche und ein paar Luxus-Einkäufen kümmern musste, andererseits aber auch deshalb, weil ich auf der Kur Entscheidungen allein und unabhängig für mich und den Großen treffen konnte und es mir damit wesentlich besser ging als mit dem ständigen schwierigen Abstimmen und Abwägen der Bedürfnisse aller Familienmitglieder zuhause.
Die Vor- und Nachbereitung der Mahlzeiten fiel auf der Kur komplett weg, wir konnten 15 Minuten vor dem Ende des Mittagessens oder Abendbrots vom Strand kommen und so die Freizeit ausnutzen. Wie oft kommt man im Alltag spät nach Hause, muss dann noch Essen machen und ärgert sich, weil die Kinder nichts oder wenig essen, man selbst aber die Vor- und Nachbereitungsarbeit hat? Das fand ich auf der Kur sehr entspannend und hat mich wirklich entlastet. Überhaupt, 3 Mal am Tag eine fertige Mahlzeit vorgesetzt zu bekommen und vor allem ein tägliches warmes Mittagessen, war für mich Luxus pur. Da ich auf Arbeit keine Pause mache und nur etwas Kaltes zwischendurch esse, eigentlich aber eine warme Mahlzeit brauche, habe ich das sehr genossen und zurück zuhause arg vermisst. Ja, in 3 Wochen kann man sich an angenehme Dinge gewöhnen...
Was die Kinder betrifft, so hat der Große die beiden Umstellungen, sowohl auf der Kur als auch zurück zuhause, eigentlich gut gemeistert, dafür, dass er immer ein Kind war, was schlecht mit Veränderungen und Umstellungen klar kam. Er fremdelte nicht mit dem Papa beim Wiedersehen, was z.B. vor anderthalb Jahren nach einer Kurzreise noch der Fall war. Er lebte sich zuhause sofort wieder ein, als wäre er nie weg gewesen. Auf der Kur hatte ich das Vermissen des Papas bei ihm nur in der letzten Woche deutlich gemerkt, und die kleine Schwester fehlte ihm, glaube ich, gar nicht. Waren wir auf der Kur wirklich gut miteinander klargekommen, so entwickelte er zurück zuhause ziemlich schnell wieder seine üblichen Verhaltensweisen wie Verweigerung, Beleidigtsein und Auseinandersetzungen mit der Kleinen. Dies zeigte mir wieder einmal, was ich ohnehin weiß, nämlich dass es ihm allein, als Einzelkind besser gehen würde. Ist er mit einem oder zwei Erwachsenen allein, ist er deutlich zufriedener, man wird ihm gerechter und alles ist einfacher.
Die Kleine war durch meine 3-wöchige Abwesenheit vorhersehbarerweise deutlich mehr beeinträchtigt. Sie hatte viel geweint, das zweimalige Abholen durch die Großeltern fast verweigert und immer nach mir gesucht und gefragt. In der Kita war ihr laut Aussage ihrer ErzieherInnen nichts anzumerken. Sie hatten sich extra darauf eingestellt, sie in dieser Zeit etwas intensiver zu betreuen und zu bekuscheln, falls nötig. Der Mann kam gut mit ihr klar, denn durch meine Abwesenheit hatte sie sich emotional ganz und gar an ihn gehängt. Ich hegte ja die leise Hoffnung, dass wir das nach meiner Rückkehr beibehalten und sie z.B. abwechselnd abends ins Bett bringen könnten. Das trat leider nicht ein, sondern sie hängte sich wieder komplett an mich, ihre 1. Bindungsperson, als ich zurück war. Immerhin war nun wenigstens die Gewissheit da, dass ich sie mal allein lassen konnte und sie halbwegs ohne mich klarkommt.
Allerdings, und darüber habe ich ja schon in meinem Bericht über ihre U8 geschrieben, blieb mein Wegsein leider nicht folgenlos: sie hatte in der Zeit ihren ersten größeren Neurodermitis-Schub entwickelt, was ich als direkte Reaktion auf akutes Mama-Vermissen interpretiere. Das hat mir unheimlich leid getan und noch nachträglich Gewissensbisse gemacht. Mittlerweile sind die juckenden Stellen deutlich zurück gegangen, wir pflegen täglich. Geblieben ist die Angst und das schlechte Gewissen, wenn ich wiedermal etwas allein, ohne sie, machen möchte. Als ich zuletzt allein in Prag war, konnte ich jedoch keine Verschlechterung feststellen, dafür war mein Wegsein einfach zu kurz. Ich hoffe einfach, dass sie sich durch öftere kurze Abwesenheiten etwas daran gewöhnt und emotional besser damit klarkommt. Eine 3-wöchige Trennung, auch wenn wir uns zwischendurch gesehen haben, war natürlich eine extreme Erfahrung für sie. Da hilft auch die Betreuung durch den Papa oder die Abwechslung durch die Großeltern nur bedingt: ein Kind mit einer so starken emotionalen und physischen Bindung zu einem Elternteil wird immer leiden, wenn dieses weg ist.
Nach der Kur war sie extrem trennungsängstlich, hat oft und viel geklammert und wich kaum von meiner Seite. Als ich das erste Mal abends ausging, schrie und tobte sie, versperrte mir die Tür und wollte mich absolut nicht gehen lassen. Wenn ich sie ausnahmsweise mal zur Kita brachte (meist macht der Mann das), hatte sie enorme Schwierigkeiten, sich von mir zu lösen, schrie und klammerte energisch. Wahnsinnig hart für mich. Das war kurz vor ihrem 4. Geburtstag für mehrere Wochen der Fall. Langsam, ganz langsam wurde es wieder "besser". Bin ich da, lässt sie sich weiterhin nur von mir ins Bett bringen, wie vorher. Bin ich weg, lässt sie zum Glück den Papa zu. Insgesamt ist ihre enge Bindung zu mir nicht lockerer geworden. Hatte ich gehofft, sie gewöhnt sich etwas besser an meine zeitweilige Abwesenheit, so kam mir die Zeit direkt nach der Kur wie ein Rückfall in ihre schlimmste Trennungsangst-Zeit vor. Das tat mir wahnsinnig leid, trotzdem wusste ich, dass der Weg für mich so weitergehen muss.
Einen großen Schritt nach vorn hat mein Bewusstsein für Selbstfürsorge und Achtsamkeit gegenüber mir selbst durch die Kur gemacht. Ich nahm ja dort an einem Gesprächskurs "Selbstfürsorge" teil, der mir sehr viel brachte, vor allem in Hinblick darauf, mit Mut, Nachdruck und ohne schlechtes Gewissen eigene Bedürfnisse einzufordern und durchzusetzen. Damit hatte ich mich immer schwer getan und zwei so anhängliche Kinder machen das natürlich auch nicht leichter. Schon während der Kur nahm ich mir vor, in Zukunft aktiv mehr für mich zu machen, anstatt darauf zu warten, dass mir jemand Freizeit ermöglicht. Dies habe ich umgesetzt, sicherlich trotzdem noch auf einem geringeren Niveau als andere Mütter, aber wesentlich mehr als vor der Kur und als in den letzten Jahren, und ich möchte das bewusst und kontinuierlich weiterverfolgen. Ich war mehrmals abends verabredet (das habe ich früher nie gemacht, um den Mann nicht abends allein mit den Kindern zu lassen), ich war in einem Musical und das Aufregendste und Einschneidendste war natürlich meine Prag-Reise allein, das erste Mal nach über 6 Jahren, dass ich 2,5 Tage komplett ohne Kinder war.
Ich habe wirklich das Gefühl, dass die Kur in dieser Hinsicht Steine ins Rollen gebracht hat und das war wichtig und bitter nötig. Ich hatte mich bisher immer mehr um die Kinder als um mich gekümmert, was sicherlich ein Problem ist, das viele Mamas haben, aber nicht jede Mama leidet gleichermaßen so sehr darunter, wie ich schon immer. Es war der Zwiespalt zwischen einem hohen Verantwortungsgefühl und schlechtem Gewissen und auf der anderen Seite einer großen Sehnsucht nach dem Verfolgen der eigenen Interessen und nach Me-Time. Der Konflikt ist natürlich immer noch da und wird nie verschwinden, aber durch die Kur ist der Mut und das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Selbstfürsorge enorm gewachsen. Ich finde das megatoll und hoffe, dass ich diesen Weg so weitergehen kann und nicht wieder zurückfalle in alte Muster. Es ist wirklich nicht einfach, wenn man niemanden hat, der einen dabei aktiv unterstützt, sondern immer das Gefühl vermittelt bekommt, man fordere eigentlich zuviel oder wenn die Kinder traurig und verzweifelt sind und sogar körperliche Symptome (siehe Neurodermitis) entwickeln, aber es ist der einzige Weg, wie ich mich selbst stärken kann. Dies wiederum kommt dann auch den Kindern zugute. Eine schwierige Gratwanderung und immer neues Austarieren der verschiedenen Bedürfnisse. Auf jeden Fall hat die Kur mich hier einen großen Schritt nach vorn gebracht und das ist in meinen Augen ihr wichtigster Effekt.
Dies war meine kleine Zusammenfassung der Zeit nach der Kur, der Veränderungen und Fortschritte. Der Kontrast nach der Rückkehr war echt heftig, sowohl was die Großstadt als auch was die Familienkonstellation und das Hamsterrad betrifft. Da macht sich eine Pause von 3 Wochen deutlich bemerkbar, damit hatte ich nicht gerechnet. Mittlerweile habe ich mich weitestgehend wieder an die Umstände zuhause gewöhnt, vermisse aber immer noch einige spezielle Aspekte der Kur-Zeit und denke immer wieder gern an diese 3 Wochen zurück. Die bedeutendste Veränderung ist sicherlich mehr Selbstfürsorge und Achtsamkeit für mich selbst. Schon allein für diese Fortschritte hat sich die Zeit gelohnt, und ich bin sehr dankbar dafür.