Zur Kriminalität verdammt

Wir sehen gerade dabei zu, wie man kriminelles Potenzial erschafft, wie man Menschen und Organisationen in eine Rolle drängt, die man denen zuerkennt, die später "Terroristen" oder "Kriminelle" geheißen werden. WikiLeaks werden sämtliche Grundlagen entzogen, ein Versandhaus und ein Online-Bezahlsystem sind im vorauseilendem Gehorsam abgerückt - womit die (Über-)Lebensbedingungen von WikiLeaks erschwert werden; zusätzlich ächten die politischen und wirtschaftlichen Eliten, was wenig verwunderlich ist, die Plattform in steter Wiederholung. Eine Atmosphäre der Kriminalisierung wird entworfen, ein breiter Aktionismus, der mittels zielgerichteter Propaganda, bedenkenträgerischen Reden verantwortlicher Politiker und dem Abrücken etwaiger Geschäftspartner, klarlegen soll, dass man mit Kriminellen, mit Terroristen nicht kollaboriert.

Es ist vermutlich nicht statthaft, dieses Gebaren mit jenem zu vergleichen, dass damals vorherrschte, als in Deutschland die Baader-Meinhof-Gruppe agierte. Viele intellektuelle Kritiker, unter anderem der Schriftsteller Heinrich Böll oder der Psychoanalytiker Peter Brückner, hatten damals dafür votiert, diese Gruppe junger Leute nicht zu sehr zu diabolisieren, denn damit würde man sie genau dorthin treiben, wo sie laut Medien derzeit angeblich schon seien: im brutalsten Terrorismus. Freilich warf man daraufhin den "Bölls und Brückners" vor, sie seien intellektuelle Helfershelfer des Terrors (so schlussfolgerte beispielsweise der Leiter des innen- und rechtspolitischen Arbeitskreises der Union Friedrich Vogel). Die Stimmung gegen die durchaus gewaltbereite, aber durchaus noch nicht mordende Clique wurde zunehmend erdrückender - man sprach gezielt von einer Bande, um die damit unterschwelligen Konnotationen zu wecken. Eine Bande ist etwas Vulgärkriminelles, sind Mordbrenner - mit solcherlei Termini wurde kaschiert, dass da durchaus gebildete Leute mit von der Partie waren, allen voran Ulrike Meinhof. Man trieb die Gruppe immer mehr in die Enge - "und natürlich darf geschossen werden", war letztlich die Losung aus dem Munde Meinhofs, die eine solches zielgerichtetes Vorsichhertreiben dornenkrönte. Ausgerechnet Meinhof vertrat diese Parole, obwohl sie bis dahin gemäßigt, ja ängstlich war, obwohl sie Gewalt ablehnte - aber die mediale Hatz und die Heraufbeschwörung des Terrorismus produzierte eben Terroristen.

WikiLeaks zündet keine Bomben, hat nur mal mehr, mal weniger explosives Material veröffentlicht. Nichtsdestotrotz könnte das Projekt in der Kriminalität enden, in einer künstlich erzeugten, einer geschaffenen Kriminalität - man funktioniert einen Transparenzdienst zur semi-terroristischen Bande um: das nennt sich Deutungshoheit. Wenn sich Politik brüskiert fühlt, beschafft sie sich einfach die Mittel, denjenigen zu kriminalisieren, der sie brüskierte: Politik und deren Medien als Beschaffungskriminelle! Wundern darf man sich nicht, wenn WikiLeaks dann in einem Fiasko endet, wenn es zur Finanzierung auf Mittel zurückgreifen muß, die unlauter sind, weil lautere Mechanismen peu a peu entzogen werden. Insofern ist die Kriminalisierung von Assange nur eine self-fulfilling prophecy, gar nicht substanzlos, sondern durchaus auf Linie mit dem Szenario, in das man WikiLeaks hineindrängt. Hier werden nicht Kriminelle verfolgt und sanktioniert: es werden Kriminelle gezüchtet; es wird in die Ausweglosigkeit kriminellen Handelns getrieben.

Die RAF war fürwahr nicht WikiLeaks - und WikiLeaks ist weit davon entfernt, etwas wie die RAF zu sein. Aber wohin eine breite gesellschaftliche Einheitsfront führen kann, das haben wir bereits damals gesehen. Das Mörderische kam dazumal erst zum Durchbruch, als man das Mörderische täglich in Gazetten und Nachrichten, in Politikerreden und symbolischen Akten beschwor - das Kriminelle von WikiLeaks ist bis dato nicht fassbar, es wird aber durch die Journaille, durch News, durch politische Statements und durch symbolische Gesten manifest, wird Wirklichkeit werden. WikiLeaks wird ins Kriminelle abgeschoben...


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