“Das Glück besteht darin, zu leben wie alle Welt und doch wie kein anderer zu sein.” (Simone de Beauvoir)
Hallo liebe Freundinnen und Freunde der Regenbogenkombüse!
Wahrscheinlich haben Sie/ habt Ihr es inzwischen auch mitbekommen: Im ARD und den angeschlossenen Radiosendern läuft momentan noch die Themenwoche “Zum Glück”. Fernsehen schaue ich deutlich weniger als “Otto Normalbürger”, welcher statistisch gesehen, tagaus, tagein ca. 22 Minuten vor der Glotze verbringt. Von daher kann ich nicht sagen, wie das Glück im Fernsehen porträtiert wird bzw. wurde und ob Fernsehen überhaupt glücklich macht. Wenn ich für meine Kochbücher in der Küche arbeite, läuft meist jedoch das Radio mit unserem “Haussender” HR1 (Seitdem sie bei SWR3 Kai Karsten so übel mitgespielt haben, boykottier ich diesen Sender weitgehends…). Im Hessischen Rundfunk kann man sich derweil vor Glücksmusik kaum retten. Leider hat es bei all dem musikalischen Glück, was dort durch den Äther verbreitet wird, kaum ein französischer Titel in die Glücks-Chart geschafft.
Dennoch konnte ich mich in dieser Woche der Frage, was Glück denn eigentlich bedeutet, nicht ganz entziehen. Die ganze philosphische Diskussion, die ich in den letzten Tagen mit meinem auf Hochtouren arbeitenden Gehirn zum Thema geführt habe, hier wiederzugeben, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Deshalb möchte ich mein kleines, ganz persönliches Glück auf einen überschaubaren Rahmen begrenzen. Ich habe mich gefragt, weshalb meine Urlaube in Frankreich für mich (meist) das pure Glück bedeuten.
Herausgekommen ist diese Glücks-Zusammenstellung, wobei die einzelnen Punkte nicht nach einer Wertigkeit geordnet sind.
Glück à la française bedeutet für mich:
- Die französische Grenze zu passieren. Sobald die ersten französischen Straßenschilder auftauchen, atme ich befreit auf. Nach weiteren 10 Kilometern oder dem ersten Besuch einer Boulangerie oder dem ersten Gespräch mit einem waschechten Franzosen oder wenn sich schon wieder ein Möchte-gern-Formel-Eins-Fahrer in seinem Citroen Berlingo in einem halsbrecherischen Fahrmannöver an unserem Wohnwagengespann vorbei gequetscht hat, fällt alles (oder zumindest das meiste) Teutonische von mir ab. Ich werde zwar kein anderer Mensch, aber ein deutlich lockerer. Ich gestikuliere beim Sprechen. Ich zucke nach bester gallischer Art beim Reden mit den Schultern. Ich überlege intensiv und ausdauernd, welche Flasche Rotwein ich zum Abendessen dekantieren werde. Ich habe bei dem Gedanken an Alkohol, Fett und Kohlehydrate kein schlechtes Gewissen. Kurz gesagt, ich bin angekommen. Und habe stets Hunger.
Pissaladière. Zum Rezept geht es hier:
- Radio Nostalgique zu hören und bei “Les Lacs du Connemara” von Michel Sardou laut mitzusingen.
- Zu jeder Mahlzeit knuspriges Baguette zu essen und mich definitv nicht darüber zu ärgern, dass mir anschließend die Krümel beim Laufen in die Fußsohlen pieksen.
- Dass die meisten Parezllen auf französischen Campingplätzen durch Hecken oder Büsche abgetrennt sind und man beim Öffnen der Wohnwagentür nicht gleich über den angrenzenden Nachbarn stolpert.
- Dass französische Campingplatzbesitzer keine Miene verziehen, wenn man, aufgrund des anscheinend in Deutschland bereits von Geburt an eingebauten schlechten Gewissens vorsichtig andeutet, mit zwei Hunde im Gepäck anzureisen.
- Dass ich jeden Tag mindestens eine neue Käsesorte probieren kann. Oder auch zwei, oder drei.
- Dass auf ich den Marchés aux Puces nach Schätzen stöbern kann, denen ich zuhause überhaupt keine Beachtung schenken würde.
- Dass nach einer schönen Bucht in der Bretagne gleich immer eine noch schönere folgt.
- Dass ich beim Abwasch in der Spülküche des Campingplatzes mit anderen Abwaschern ausdauernd über die wichtigste nationale Angelegenheit, nämlich Essen und Trinken, diskutieren kann.
- Dass die meisten französischen Hunde wunderbar sozialisiert sind und es deshalb keinen Stress mit Zwei- oder Vierbeinern gibt.
- Am späten Abend, wenn die meisten Tagestouristen längst wieder auf dem Festland sind, durch die verwinkelten Gassen des Mont Saint-Michel zu streifen.
- Auch nach 25 Jahren immer noch etwas Neues zu entdecken oder bereits Bekanntes wieder neu zu entdecken.
- Mich auf den französischen Wochenmärkten von dem herrlichen Angebot (und vielleicht auch ein wenig von den charmanten Verkäufern) verführen zu lassen.
- Simone de Beauvoir zu lesen und in Paris auf ihren Spuren zu wandeln.
- Als Aperitif einen Kir zu schlürfen und sich dabei wie Gott in Frankreich fühlen.
Kir
Zum Rezept geht es hier.
Ich finde, da hat sich eine ganze Menge an Glück angesammelt. Schade, dass der nächste Aufenthalt in Frankreich noch so lange auf sich warten lässt. Aber Vorfreude ist bekanntlich ja die schönste Freude. Und die macht irgendwie auch wieder glücklich.
In diesem Sinn: Ein glückliches Wochenende und à bientôt!
Heike Kügler-Anger