Wenn man an einem grauen Novembernachmittag unterwegs ist und einem auf einmal unerwartet fröhliche bunte Farben und Muster in den Blick fallen, muss man einfach innehalten und stehen bleiben. Das ist mir gesern passiert, als ich auf dem Heimweg aus der Stadt war. Die gesamte neckarabwärts gerichtete Seite der Kurpfalzbrücke war auf einmal eingehüllt von knallbunten, wollenen gehäkelten und gestrickten Kunstwerken.
In einer Nacht- und Nebelaktion haben zwei Streetart-Künstlerinnen aus Mannheim und Nürnberg unter dem Motto „Brücken bauen“ diese tolle Galerie mit ganz unterschiedlichen Werken geschaffen. Wer sich dahinter genau verbirgt, lässt sich nur in Ansätzen herausfinden, und das soll ja auch so sein. Die Mannheimerin nennt sich „Strickt dagegen bunt statt grau“ und setzt sich laut ihrer Facebook-Seite „Für eine schönere Neckarstadt“ ein. Die „Nürnberger Häkelmafia“ betreibt neben ihrer Facebook-Seite auch den Blog „Wollyworlds“. Ihr ist es offenbar wichtig, dass ihre Kunst auch politisch Stellung nimmt, etwa in einer Aktion zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs.
Die Werke an der Kurpfalzbrücke wurden, wenn ich es richtig verstanden habe, auch von anderen an der Aktion beteiligten KünstlerInnen gestaltet. Dafür spricht auf jeden Fall die Bandbreite dieser Aktion, die von Fantasiegebilden, an einfache Strickschals erinnernden Stücken über Slogans wie „Lauf Masche Lauf“, Wimpel bis hin zu Batman-Logos oder Katzen reicht. Passend zur Jahreszeit gibt es auch ein paar bunte Totenköpfe, die einen unmittelbaren Bezug zu dem mexikanischen Día de los Muertos herstellen. Der Tag der Toten wird in Mexiko als lebensfrohes, buntes Fest gefeiert, an dem Skelette und Totenköpfe als Süßigkeiten oder Schmuckstücke in bunten Farben eine selbstverständliche Rolle spielen. Der Tod steht dabei mitten im Leben, wird nicht verdrängt, sondern als Teil des Ganzen selbstverständlich angenommen. Und das hat vielleicht ein ganz klitzekleines Bisschen wieder was mit Urban Knitting und Streetart zu tun, einer Kunstform, die vielleicht mehr als alle andere die Vergänglichkeit ihrer Werke schon in sich trägt.
Anbei eine kleine Kollektion aus der Galerie auf der Kurpfalzbrücke, die hoffentlich noch ein bisschen hängen bleibt.
Día de los Muertos:
Farbe kann die Neckarstadt gebrauchen: