"Zombieland" [USA 2009]


In der Tat, dieser fesche, dieser hippe, dieser blutbesudelte "Zombieland" geizt keineswegs mit infantil-brachialem Nonsens, aber "Zombieland" – und das ist schwer in Ordnung – jongliert gekonnt jene Bewegungen aus, die den Nonsens nicht zu Boden fallen lassen. Und eigentlich – und das ist das Beste – umschmeichelt Ruben Fleischers Regiedebüt ja "Shaun of the Dead", er ist sozusagen die amerikanische Nachbaukonstruktion zum britischen Prototyp, um – und das ist das Allerbeste – dessen Schwachstellen aufzudecken, gar zu stopfen.
Experimentierfreudige Genreparodien scheinen langsam en vogue zu werden, doch wo "Shaun of the Dead" noch exorbitant zitatlastig zu Werke ging und an Romero festklebte, dabei fortwährend (ergo: zweite Hälfte) in seiner genretypischen Formelhaftigkeit und monotonen Humorlosigkeit sich genau dem bediente, was er zu parodieren versucht, wirkt "Zombieland" entschieden eigenständiger, gescheiter zusammengezimmert, alles in allem homogener. Fleischer inszeniert weder eine Hommage an einen bestimmten Regisseur noch eine Parodie an ein bestimmtes Interessengebiet, sondern stellt eigene Regeln innerhalb eines eigenen Weltentwurfs auf, die er beachtet, kommentiert, analysiert, paraphrasiert und dekonstruiert, je nach Belieben, während er sie popkulturell in buntes Geschenkpapier einwickelt, so bunt wie die Ideenfülle des darin Verpackten.
Leicht fällt es, dieses Gebräu aus kontinentübergreifender Zombieinvasion, einfühlsamer Romantik und postapokalyptischem Roadmovie zu mögen, geschweige denn zu akzeptieren. Fleischer stellt den adoleszenten Verlierertypen in den Mittelpunkt, Wuschelkopf und Baseballschläger (Jesse Eisenberg). Den uramerikanischen Desperado, Schnellfeuergewehr und die Erinnerung an den Sohn (Woody Harrelson). Die widerspenstige Zicke (Emma Stone). Die nörglige Göre (Abigail Breslin). Alles Rollenbilder von gestern halt, die das umsetzen, was man von ihnen erwartet, die jedoch so frisch wirken, als seien sie erstmals für diesen Film geschrieben wurden.

Einer ungeheuren Spielfreude gleich, metzelt sich dieses launenhafte, unübersehbar feministische Gespann durch eine im wahrsten Sinne des Wortes gemeinte Achterbahnfahrt stillschweigend dämmernder Zombieattacken, die wahre Gefühle untereinander auslösen. Und es ist nicht immer das Adrenalin, die Glücksgefühle nach einer gewonnenen Schlacht. Auch Empathie, Respekt. Liebe. Die postmoderne Visualisierung steht der Geschichte selten im Weg. Fleischer vertraut neben allerlei musikalisch klassisch hinterlegten Zeitlupen auf verschnörkelte Einblendungen in Gestalt jener Regeln, die dem Film Gewicht verleihen. Äußerst selbstironisch kommentieren sie sich permanent dort, wo die Situation(en) es erforder(n)t. Als Jesse Eisenberg gegen Ende den Entschluss fasst, für die Rettung seines Mädchens und damit für die Rettung der Liebe eine seiner wichtigsten Regeln zu brechen ("Spiele nicht den Helden"), kulminiert der Witz, sich nicht an Genremechanismen per se zu laben.
Weiterhin bekommt jede Figur ihre in den Plot eingeschobene Rückblende. Somit werden Verhaltensmuster nachvollziehbar. Das ist simpel gedacht, aber häufig sind die simpelsten Mittel die effektivsten, wenn man ihnen nicht ihren vermeintlich langen Bart vorhält. Dass es endlich einmal einen Zombiefilm gibt, der zivilisationskritische Ansätze ausspart, um den (lebenden) Menschen dabei über die Schulter zu schauen, wie er sich nicht auffressen lässt und beinah gegen sich selbst kämpft, ohne hintergründigen Gedanken, ohne Subtext, ohne alles, nur der Unterhaltung willen, dann liegt darin der beißende Sarkasmus Richtung Publikumsverarsche.
Beispiel: Ein in seiner Grausamkeit schier nicht zu begreifendes Selbstmordkommando mutiert binnen weniger Augenblicke zur professionellen Betrügerei zweier tougher Weiber. Und das sattsam Genrebekannte zum Unvorhersehbaren. Man könnte dem Film höchstens seine kontinuierlich ungelenkeren CGI-Shots mit viel unschönem CGI-Blut vorhalten, ebenso wie die etwas lange Sequenz des ohnehin etwas vor sich hin plätschernden Mittelteils in Bill Murrays Eigenheim, die den rasanten Verfolgungstenor erheblich schmählert. Doch allein ebenjener vorangegangene Murray-Auftritt reicht aus, um einiges zu übertünchen. Der ist nämlich so wunderbar Metaebene, der feiert ein Comeback der Filmleiche der Filmleiche, um sie hinterrücks zu erschießen. Motto: It's "Bill Fucking Murray!"
Letztendlich bleiben – und das ist das Allerallerbeste – sentimentale Gedanken anonymer Gestalten übrig, die gar nicht so dumm sind, wie sie der Zuschauer gern empfingen würde. Beides. Anarchie kann manchmal ganz schön befreiend sein. Und selbst für eine süße Leckerei lohnt es sich allemal zu kämpfen, wenn die Welt dadurch ein Stück weit bedachtsamer in sich hineinlauscht.  
6 | 10  

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