“Einsteigen bitte!” Der Schaffner steht in der Tür des Waggons und lehnt sich seitlich aus dem Zug, um die Fahrgäste auf dem Bahnsteig zur Eile aufzurufen. Er trägt eine schicke, blaue Uniform mit versilberten Knöpfen und eine Art Bauchladen, aus dem er die Fahrkarten verkauft. Dann ertönt ein langer Pfiff mit der Trillerpfeife. Schnaufend setzt sich die sieben Tonnen schwere und 360 PS starke Diesellok in Bewegung und schlängelt sich durch die malerischen Felsschluchten der Fränkischen Schweiz.
“Wir sind eigentlich eine Truppe von Eisenbahnverrückten”, lacht Stephan Schäff. Er ist der Pressesprecher des Dampfbahn Fränkische Schweiz e.V. und begleitet unsere Gruppe während der Fahrt mit der historischen Eisenbahn. “Wir sind über 400 Mitglieder in unserem Verein und machen das alles in unserer Freizeit.”
Historische Dampfloks findet man über Kleinanzeigen
“Das alles”, das ist eine ganze Menge. Es fängt an bei der Beschaffung und Restauration der alten Waggons und Dampfloks aus den 40er bis 60er Jahren (die findet man übrigens auf allerhand verschiedenen Wegen – zum Beispiel über Kleinanzeigen in Eisenbahner-Zeitschriften).
Für die Herrichtung und Instandhaltung der historischen Transportmittel hat der Verein einen 60 Meter langen Betriebshof sowie eine 120 Meter lange Unterstellhallte in Ebermannstadt gebaut.
Ärzte, Pfarrer und IT-ler als Lokführer
Ohne die engagierten Vereinsmitglieder (die “Eisenbahnverrückten”) wäre das Projekt nicht zu stemmen. “Von A wie Arzt bis Z wie Zeichner haben wir eigentlich alles dabei”, sagt Schäff. Auch ein Pfarrer arbeitet in seiner Freizeit ehrenamtlich als Lokführer, Stephan Schäff selbst ist im “wahren Leben” in der IT-Branche tätig.
Foto: FrankenTourismus
Ausgebildet wird das Personal teils von ehemaligen Bahn-Mitarbeitern, die ebenfalls dem Verein angehören – denn so ein Ungetüm steuern, das muss schon gelernt sein. Und dann muss alles noch von offizieller Seite abgesegnet werden. “Wir müssen auch alle regelmäßig zum Bahnarzt”, erzählt der Pressesprecher.
1980 fuhr die erste Museumsbahn auf der reizvollen Strecke
Den Dampfbahn Fränkische Schweiz e.V. gibt es seit 1974. “Bereits damals waren die Pläne der DB bekannt, die landschaftlich überaus reizvolle Strecke von Ebermannstadt nach Behringersmühle stillzulegen, was schließlich zum Sommerfahrplan 1976 geschah”, kann man auf der Homepage des Vereins nachlesen.
Foto: Museumsbahn e.V.
Dafür musste man erst mal die 16 Kilometer lange Bahnstrecke kaufen, eine Betriebsgenehmigung einholen und die historischen Triebfahrzeuge und Waggons anschaffen. Zur Erinnerung: Das alle gelang nur mit den Anstrengungen (und großteils auch finanziellen Mitteln) einiger “Eisenbahnverrückter”. 1980 dann konnte die erste Museumsbahn die Strecke befahren.
Wenn die Oma mit dem Enkel historische Eisenbahn fährt
“Unser Anspruch ist es, Züge einzusetzen, die früher tatsächlich auf dieser Strecke gefahren sind”, sagt Stephan Schäff. “Besonders nett ist es dann natürlich, wenn Großeltern mit ihren Enkeln kommen. Die Omas und Opas können dann natürlich toll erzählen, wie das früher alles war.”
So gibt es Waggons der verschiedenen Preisklassen, von Luxus- bis Holzklasse. Daneben findet man einen Speisewagen, in dem typische Wirtshausmöbel zu finden sind und ein Gepäckabteil. Denn im Sommer nutzen viele Rad- und Kanufahrer den Zug, um zu ihrem Ausgangspunkt zurückzukommen.
Der Speisewagen der Museumsdampfbahn
Hochzeitsfeiern und Nikolausfahrten: Die Dampfbahn für alle Fälle
Weil Stephan Schäff und seine Vereinskollegen so viel Zeit und Geld in ihr Hobby investieren, ist es auch kein Wunder, dass er selbst bei seiner Hochzeit nicht ohne die Dampfbahn auskam. Noch heute erzählt Schäff gerne die Anekdote, als sich bei der Brautentführung die gesamte Hochzeitsgesellschaft mit dem Zug aus dem Staub machte – und er ächzend mit einer Draisine hinterherfuhr.
Regulär fährt die historische Eisenbahn vom 1. Mai bis Ende Oktober und hält an insgesamt sieben Bahnhöfen in der Fränkischen Schweiz. Neben den regulären Fahrten gibt es auch einige Spezial-Touren, von Feriensonderzügen bist zur Nikolausfahrt in der Adventszeit. Und weil nächstes Jahr in Bayern 500 Jahre Reinheitsgebot gefeiert werden, bietet der Verein 2016 rollende Bierverkostungen mitsamt Bier-Sommelier an.
“Was man hier erlebt, ist einfach eine ganz gemütliche Art zu Reisen”, findet Schäff. Sogenanntes “Slow Travelling” also. Und wenn man dann so in den rustikalen Waggons sitzt und der Schaffner in seiner blauen Uniform mit den Silberknöpfen in die Trillerpfeife bläst, dann kommt einem der Gedanke: Ja, Zeitreisen ist möglich.
Weitere Informationen
- Die Dampfbahn Fränkische Schweiz fährt zwischen Ebermannstadt und Behringersmühle. Zwischenhalte und Abfahrtszeiten sind dem Fahrplan zu entnehmen.
- Reguläre Fahrten sind von Anfang Mai bis Ende Oktober. Sonderfahrten sind auf der Internetseite des Vereins zu finden.
- Ab 2016 kostet eine Fahrt 16 Euro pro Person.
- Wer den Verein unterstützen will, darf auch gerne Spenden!
- Zum Jubiläumsjahr 500 Jahre Reinheitsgebot 2016 bietet der Verein rollende Bierverkostungen mit Bier-Sommelier an. Geplante Termine sind Sonntag, 15. Mai und 24. Juli 2016, Treffpunkt am Bahnhof Ebermannstadt um 13:30 Uhr.
Eingeladen wurde ich von der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz. Meine Meinung und Berichterstattung bleibt von dieser Einladung jedoch unberührt. Bitte beachte auch meine Hinweise zur Transparenz.