Aber natürlich haben wir Luises Geburtstag gebührend gefeiert. Mit zuckersüsser Torte, Cupcakes für die Schulkameraden, vielen Geschenken und der Aussicht auf eine Pyjama-Party mit den allerbesten Freundinnen. Wir haben uns ins Zeug gelegt, wie immer, wenn eines unserer Kinder gefeiert wird, wir haben Lieblingsessen gekocht und den Alltag zum Festtag gemacht. Äusserlich war alles wie üblich, aber innerlich war zumindest bei mir nichts wie sonst. Zehn Jahre sind wir nun bereits unterwegs mit Luise und wenn ich bedenke, wie schnell diese zehn Jahre an mir vorbei gerast sind, dann wird mir Angst. Noch einmal so lange und sie wird wohl ausgeflogen sein.
Schon jetzt ist es machmal schwer, sie Kind bleiben zu lassen, nicht, weil sie einen riesigen Drang verspürte, erwachsen zu werden, sondern weil der Druck unter den Gleichaltrigen enorm ist. Cool sein sollte sie, “Germany’s next Topmodel” müsste sie sich anschauen, um mitreden zu können, einen Freund sollte sie haben, bei Facebook & Co. müsste sie natürlich schon längst dabei sein. Luise lebt gut damit, dass sie all dies noch nicht haben kann, sie will es noch gar nicht. Dennoch schmerzt es, wenn ich mit meiner Tochter über Dinge reden muss, die mich mit fünfzehn beschäftigt hatten und von denen ich mit zehn noch keinen blassen Schimmer hatte. Es macht mich traurig, dass ihr die Kindheit fast entrissen wird und es sind weder die bösen Erwachsenen, die dies tun, noch die bösen pubertierenden Jungs, es sind die gleichaltrigen Mädchen, die das Gefühl haben, das Leben sei eine endlose Seifenoper, in der sie die Hauptrolle spielten. Mädchen, die jetzt schon glauben, es ginge im Leben nur darum, gut auszusehen und den richtigen Typen zu angeln.
Luise weiss ziemlich genau, was sie vom Leben will und zum Glück hat sie Freundinnen, die ähnlich ticken wie sie. Dennoch kommt bei mir zuweilen das Gefühl auf, wir müssten Luise mehr schützen als unsere Jungs. Nicht, weil sie schwächer wäre, sondern weil sie als Mädchen mit vier Brüdern wenig Möglichkeiten hatte, sich auf den Zickenkrieg vorzubereiten, der früher oder später ausbrechen wird.