Year's End

Nachdem in den letzten Tagen ja Ausnahmezustand in Vietnam herrschte, nahm ich gestern ganz dankbar die Einladung eines Freundes (Thanh) aus Ha Lam an, mit ihm Tet zu verbringen. Eigentlich war es eine super spontane Entscheidung: Ich hatte eigentlich zuerst vor, nur den Nachmittag dort zu verbringen. Aber daraus wurden dann drei Tage. In Da Nang hatten ja schon zwei Tage vor Tet die meisten Geschäfte dicht gemacht. Am Abend vor dem „Last Day of the year“ hatte ich nicht mal mehr einkaufen können – sowohl im Big C als auch im Coopmart war alles ausverkauft. Ich aß dann bei KFC, dem einzigen Restaurant, das noch auf hatte.
Year's End
Wir fuhren also morgens nach Ha Lam – einer kleinen Stadt südlich von Hoi An. Ich bin vor anderthalb Jahren schon einmal durchgefahren, auf dem Weg über dem Deo Le, dem Le-Pass. Ein vollkommen vergessener Ort. Die einzigen Ausländer, die dieses Städtchen mal gesehen hat, sind Touristen, die einen Transfer nach Hoi An machen. Und die sind auf der Durchreise. Umso beliebter wurde meine Ankunft natürlich aufgenommen. Vietnamesen freuen sich ja, wenn man Interesse für sie zeigt. Und der Hausvater lies es sich nicht nehmen, auch direkt die frohe Kunde zu verbreiten. Ich bin momentan Stadtgespräch.
Der Tag vor Tet war eigentlich nicht wirklich spektakulär. Nach einem üppigen Mittagessen gab es eigentlich nur Hektik. Thanh stellte mir seine Mutter vor, die auf dem Markt in Binh Quy arbeitet. Die lies es sich nicht nehmen und stellte mir alle Arbeiter dort persönlich vor. Immerhin ein Platz an dem ich nun vergünstigt einkaufen kann.
Year's End
Das Mittagessen wurde bereits den Ahnen und Geistern geoopfert. Lan, Thanhs Vater, drappierte alles wunderschön auf einem Tisch vor dem Haus, zündete Räucherstäbchen an und betete zu seinen Ahnen. Danach wurde ganz profan alles von uns vertilgt.
Year's End
Den Rest des Tages verbrachte ich mit Gesprächen mit den Nachbarn – alles Verwandte von Thanh. Die gesamte Straße, insgesamt neun Häuser, wird von Onkeln, Tanten. Cousins, Nichten etc. etc. bewohnt. Das Haus des bereits verstorbenen Großvaters haben wir besucht, an dem heftig geputzt und hergerichtet wurde.
Year's End
Abends ging es dann auf einen Markt in Ha Lam. Die Dorfjugend traf sich hier, so eine Art Rummelplatz. Viele Spiele, Essen und Trinken. Und – für mich total überraschend. Eine Ladyboy-Show. Dass es Ladyboys in der vietnamesischen Gesellschaft gibt, wusste ich aus Berichten der französischen Kolonialherren. Und daran kann man sehen, wie alt diese Berichte sind. Die Ladyboys sind heute vollkommen aus der Gesellschaft verschwunden. Früher waren sie wohl einmal durchaus integriert. Heute kämpfen sie um ihre Rechte. Was mich aber mehr überraschte, war das Interesse an ihnen. Während Schwule in Vietnam so gut wie kaum sichtbar sind, aus Angst, ihre soziale Stellung zu verlieren, ist das Interesse an den Transvestiten und Transsexuellen durchaus beachtlich. Die Gruppe führte eine Art Bingo durch. Thanh und ich gewannen – getürkt natürlich. Als Preis bekamen wir eine Tüte Glutamat. Thanh war das Ganze natürlich super unangenehm, da er Angst hatte, seine Eltern könnten mitbekommen, dass er auf einer Ladyboy-Show war. Mir wiederrum unbegreiflich, denn jeder auf diesem Platz war ja auch Teilnehmer…Diese Ladyboys-Bingo-Shows gehören traditionell zum Tet – eine Tatsache, die ich bislang überhaupt nicht wusste. Im Zuge des Sozialismus wurde versucht, dies durchaus zu verheimlichen. Erst im letzten Jahr hat es ja einen spektakulären Prozess gegeben, bei dem ein Vergewaltiger freigesprochen wurde: Er hatte einen Transsexuellen vergewaltigt. Der Richter argumentierte damals, das vietnamesische Strafrecht kenne keine solche Straftat in Bezug auf Männer, vergewaltigt werden könnten nur Frauen. Er kam auf freien Fuß.
Year's End
Den Abend verbrachten wir dann im Kreis der Familie und kurz nach elf trafen wir uns mit Thanhs Freunden.Thanh ist 19 – also nicht wirklich meine Altergruppe. Und deswegen war es für mich natürlich ersteinmal gewöhnungsbedürftig, mit den ganzen Freunden in seinem Alter zusammen zu sein. Wir machten ein „Picknick“, zündeten Kerzen an, aßen und sangen. Um zwölf begrüßten wir dann das neue Jahr. Danach zogen wir durch Ha Lam zu einem buddhistischen Tempel, um das neue Jahr, das Tan Mao-Jahr, zu begrüßen.
Year's End
Year's End
Year's End
Ich weiß, spektakulär war das nicht. Aber ich hatte eben die Entscheidung zu treffen, ob ich nun in Da Nang das Feuerwerk sehen, oder im Kreise einer vietnamesischen Familie Tet feiern solle. Und ich habe mich für das letztere entschieden. Ich denke, damit habe ich ein authentischeres Tet mitgefeiert als es die meisten Touristen in den Hotels und Restaurants auch nur ansatzweise verspüren.
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