Yayoflautas – Dankschreiben einer Rentnerin an die Regierung

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Sehr geehrte Frau Cifuentes,

dies ist ein Dankesbrief. Mein Dank geht an Sie, an Frau Aguirre, an Frau Ana Botella und den ganzen PP-Haufen (Red.: Partido Popular, die aktuelle Regierung Spaniens), unter dem wir aktuell leiden.

Mein Mann und ich denken schon seit Ewigkeiten links. Vor vielen Jahren waren wir politisch sehr aktiv, doch das schöne Leben hatte uns beruhigt. Ich habe zwei Kinder, fleissige Studenten, nette Menschen, die sich politisch nie engagierten, weil wir eine Generation im Überfluss erzogen haben, es hat keinen Aufschrei gebraucht. Wir waren dabei, eine tote Gesellschaft zu schaffen.

Doch dann kamen Sie, und wir Alten spürten plötzlich diesen archaischen Wink derRechten, der uns an diesen alten Mann von damals erinnerte. Wir sahen Ihre Überheblichkeit, Ihre faschistisch-populistische Art, sich ans Volk zu richten; diese Arroganz, die Sie dazu bringt, Fehler zu begehen, die das Volk sehr lange nicht vergessen wird.

Die Krise ist global, niemand hat sie in Spanien gemacht. Die soziale Krise aber sehr wohl, die Beschneidung der freien Meinungsäusserung, die Krise der Werte – das alles haben Sie geschafft, wie man anerkennen muss. Und genau hier beginnt mein persönliches Dankesschreiben!

Wir Alten treffen uns, um ein Gläschen zu trinken. Nicht etwa das primitive Proletariat, wie Frau Aguirre glaubt, sondern kulturbeflissene Menschen, viele davon mit Universitätsabschluss, Leute mit sozialer, ethischer und beruflicherAusbildung. Kritische Menschen. Frau Aguirre verpasste uns den Namen: Yayoflautas.

Und wie wir uns so treffen auf den Strassen und Plätzen, im alltäglichen Leben, begegneten wir jungen Leuten, die uns überraschten durch ihr erwachsenes Denken, ihre innere Kraft und ihre Entschlossenheit. Meine Kinder begannen sich politisch zu interessieren wegen Ihnen. Deswegen danke, denn Sie haben mir geholfen, meine Kinder zu erziehen, sie aufzuwecken.

Die Kinder helfen uns jetzt sehr, dank Ihnen! Beim Essen gibt es nun immer ein Gesprächsthema. Die Kinder haben gemerkt, dass es mehr gibt da draussen als das Treffen mit dem Freund um die Ecke. Das werde ich Ihnen nie genug danken können: Meinen Kindern den gewaltlosen Widerstand beibringen zu dürfen; dass sie schon im jugendlichen Alter stolz auf ihre Eltern sind. Vielen herzlichen Dank dafür!

Und um den Dank vollzumachen, brummen Sie uns wegen irgendwelcher Aktionen diese niedlichen 300-Euro-Strafen auf und machen uns damit zu Medien-Helden, verschaffen uns Werbung … mein Dank kennt keine Grenzen mehr. Statt uns zu ignorieren, was uns zu Langeweile und dem Verschwinden verurteilen würde, machen Sie uns berühmt!

Vielen herzlichen Dank Ihnen allen! Ohne Sie würden die spiessigen Kinder ihren Hintern nicht hoch bekommen, die Zahl der Uninteressierten würde steigen, wir selbst würden alt werden und nur von unserem Rheuma und den Zipperlein reden. Aber Sie haben dieser dekadenten Gesellschaft wieder Leben eingehaucht, die gerade an ihrem Erfolg verstarb. Ewigen Dank dafür!

María Dulce Alonso Fernández

P.S.: Ich schreibe nicht mehr Personendaten dazu, weil ich beinahe täglich aufgefordert werde mich auszuweisen, und ich möchte Ihre Datenbanken nicht unnötigerweise belasten.

(Anm. d. Red.: Es gäbe viele Möglichkeiten, ähnliche Dankschreiben an die deutsche Regierung zu schreiben und zu veröffentlichen – falls Sie sich mal wieder fragen, was man “der Einzelne denn tun kann”.)


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