Als Polterer, Fremdenfeind und Pulloververkäufer wird Thilo Sarrazin am liebsten durchs Dorf getrieben. Der früher als "Sparminator" gerühmte Ex-Finanzsenator ist mal ein "Brandstifter", mal scheinheilig, immer aber werden seine scharf vorgetragenen Thesen nicht inhaltlich diskutiert, sondern allenfalls in ihrer Tonart kritisiert. Dann soll der Mann, der 1990 die deutsche Währungsunion vorbereitet, aus der SPD geworfen werden, seinen Bundesbank-Posten verlieren, sich entschuldigen und Abbitte bei "Betroffenen" leisten.
Das wird ihm diesmal nicht passieren, auch der 65-Jährige erneut Klartext spricht. Die FAZ hat Thilo Sarrazin zu seiner Sicht auf die Einführung der D-Mark in der DDR vor 20 Jahren gebeten - und Antworten bekommen, die, langsam gelesen, viele Rätsel lösen, über die viele Menschen seit dem 1. Juli 1990 anhaltend nachgrübeln. Warum musste das so schnell gehen? warum musste das DDR-Geld 1:1 in Westgeld getauscht werden? Weshalb fühlen sich heute so viele als Verlierer? Und wo ist er geblieben, der Wohlstandszuwachs, den der Westen bis zum Anschluss der DDR wie selbstverständlich wegfrühstückte, weil er wusste, dass es nächstes Jahr neuen geben würde.
Sarrazin braucht nicht viele Worte, um die Gemengelage zu klären: Verlierer der Währungsunion seien "eindeutig die Westdeutschen als Kollektiv", sagt er. "Die Kraft, die in die Finanzierung Ostdeutschlands ging, fehlte im Westen allenthalben im Straßenbau, in der Bildung und in anderen Bereichen." Der Osten forderte einen "Verzicht auf Wohlstandszuwachs", der Westen gab ihn gern. Mit Folgen, wie der Bundesbanker beschreibt: "Das Realeinkommen der Arbeitnehmer liegt in Westdeutschland heute trotz des Wachstums der Wirtschaft nur etwa auf dem Niveau von 1990." Die Verlierer im Osten seien dagegen "viele von denen, die sich in der DDR etabliert hatten und 1990 älter als 30 Jahre waren, aber noch zu jung, um Rente zu beziehen. Sie verloren ihre Arbeit, ihre gewohnte Orientierung, sie hatten nicht die Zeit in ihrem Leben, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen."
Eine goße Wahrheit, die zeigt, dass Deutschland längst viel mehr zusammengewachsen ist als allgemein bekannt, wenn auch anders, als allgemein gewünscht. die schlechte Laune immerhin ist überall dieselbe, wenn auch das Gefühl, betrogen und belogen worden zu sein, unterschiedliche Anlässe zu seiner Legitmation heranzieht. "Alle zusammen", sagt Sarrazin, "trauern so mit gutem Grund den guten alten Zeiten nach". Nie wieder besser werden wird es, denn was da schmerzt, ist eine Wunde an einem Finger, der längst nicht mehr da ist. Verbinden geht nicht, amputieren war schon. Über kein anderes Sarrazin-Interview wird so wenig gesprochen werden wie über dieses, das Sarrazin mit einem Augenzwinkern verlässt: War die deutsch-deutsche Währungsunion vor zwanzig Jahren ein Fehler?, wird er gefragt und er sagt "Nein."
War die europäische Währungsunion ein Fehler?, heißt es dann und er sagt: "Hätten Sie mich 1998 gefragt, hätte ich nein gesagt."Wir sprechen zwar verschiedene Sprachen. Meinen aber etwas völlig anderes.
Das wird ihm diesmal nicht passieren, auch der 65-Jährige erneut Klartext spricht. Die FAZ hat Thilo Sarrazin zu seiner Sicht auf die Einführung der D-Mark in der DDR vor 20 Jahren gebeten - und Antworten bekommen, die, langsam gelesen, viele Rätsel lösen, über die viele Menschen seit dem 1. Juli 1990 anhaltend nachgrübeln. Warum musste das so schnell gehen? warum musste das DDR-Geld 1:1 in Westgeld getauscht werden? Weshalb fühlen sich heute so viele als Verlierer? Und wo ist er geblieben, der Wohlstandszuwachs, den der Westen bis zum Anschluss der DDR wie selbstverständlich wegfrühstückte, weil er wusste, dass es nächstes Jahr neuen geben würde.
Sarrazin braucht nicht viele Worte, um die Gemengelage zu klären: Verlierer der Währungsunion seien "eindeutig die Westdeutschen als Kollektiv", sagt er. "Die Kraft, die in die Finanzierung Ostdeutschlands ging, fehlte im Westen allenthalben im Straßenbau, in der Bildung und in anderen Bereichen." Der Osten forderte einen "Verzicht auf Wohlstandszuwachs", der Westen gab ihn gern. Mit Folgen, wie der Bundesbanker beschreibt: "Das Realeinkommen der Arbeitnehmer liegt in Westdeutschland heute trotz des Wachstums der Wirtschaft nur etwa auf dem Niveau von 1990." Die Verlierer im Osten seien dagegen "viele von denen, die sich in der DDR etabliert hatten und 1990 älter als 30 Jahre waren, aber noch zu jung, um Rente zu beziehen. Sie verloren ihre Arbeit, ihre gewohnte Orientierung, sie hatten nicht die Zeit in ihrem Leben, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen."
Eine goße Wahrheit, die zeigt, dass Deutschland längst viel mehr zusammengewachsen ist als allgemein bekannt, wenn auch anders, als allgemein gewünscht. die schlechte Laune immerhin ist überall dieselbe, wenn auch das Gefühl, betrogen und belogen worden zu sein, unterschiedliche Anlässe zu seiner Legitmation heranzieht. "Alle zusammen", sagt Sarrazin, "trauern so mit gutem Grund den guten alten Zeiten nach". Nie wieder besser werden wird es, denn was da schmerzt, ist eine Wunde an einem Finger, der längst nicht mehr da ist. Verbinden geht nicht, amputieren war schon. Über kein anderes Sarrazin-Interview wird so wenig gesprochen werden wie über dieses, das Sarrazin mit einem Augenzwinkern verlässt: War die deutsch-deutsche Währungsunion vor zwanzig Jahren ein Fehler?, wird er gefragt und er sagt "Nein."
War die europäische Währungsunion ein Fehler?, heißt es dann und er sagt: "Hätten Sie mich 1998 gefragt, hätte ich nein gesagt."Wir sprechen zwar verschiedene Sprachen. Meinen aber etwas völlig anderes.