Wo waren sie vormals, die Herrn Doctores?

Man kann den Doktoranden, die Angela Merkel mittels offenen Brief dafür kritisierten, sie würde die Wissenschaft verhöhnen, nur beipflichten. Natürlich haben sie recht, wenn sie eine Regierung, die sich der subkutanen Intellektuellenfeindlichkeit in der Bevölkerung bedient, um einen Plagiator zu stützen, coram publico zur Rede stellen wollen. Wie gesagt, so ein öffentlichkeitswirksamer Aufruf ist nur unterstützenswert. Einem Blender gehört das Handwerk gelegt, was heute soviel heißt wie: er gehört der öffentlichen Empörung ausgesetzt! Aber ein Blender war er eh und je, nicht nur jetzt, da er der sogenannten Plagiatsaffäre ausgesetzt war - schon vorher, schon als er Kriegsverbrechen vertuschte. Seine ganze Politkarriere baute auf Blendung; er blendete mit seinem Leib- und Magenblatt aus dem Hause Springer die Bevölkerung. Doch wo nur war damals der Zorn der Intellektuellen zu vernehmen?
Er keimte erst jetzt, weil der wissenschaftliche Esprit beschmutzt, weil er jetzt selbst am eigenen Leib befallen war. Dr. Hinz und Dr. Kunz fühlten sich betrogen, weil Dr. Guttenberg lediglich ein Doktor in den Künsten des Blendwerks war. Das sei ungerecht - Hinz und Kunz strampeln sich ab, Guttenberg schreibt ab. Natürlich trifft das vollumfänglich zu: es ist ungerecht und zeigt den aristokratischen Dünkel jenes Herrn und seiner bürgerlicheren Kamarilla in Partei und Medien. Aber hätte es das intellektuelle Gemüt nicht auch erregen müssen, als der Freiherr Greuel an afghanischen Zivilisten verdeckte? Oder als Herr Guttenberg in der Titten-Zeitung BILD und Frau Guttenberg beim Titten-Sender RTL II anschaffen gingen? Auf diesen beiden Plattformen wurde und wird fröhlich gegen allerlei Randgruppen gehetzt - der TV-Sender setzt sogar spektakulär zum fröhlichen Hallali auf Sexualstraftäter an, ohne auch nur einmal an rechtliche Gepflogenheiten zu denken. Wo war da die Aufgebrachtheit der Intelligenzija hörbar? Wo ereiferten sich da die Doktoren der Rechtswissenschaften?

Natürlich, damals waren sie nicht selbst betroffen, damals wurde die Wissenschaft nicht verunziert. Aber stimmt das so? War denn die Wissenschaft nicht veralbert worden, als sich dieser aufs Abstellgleis Deutsche Bank verlegte ehemalige Berliner Senator erdreistete, Lehren zu verbreiten, die schon zu Zeiten Alfred Rosenbergs antiquierte Sichtweisen waren? Die Herrn Doctores der Humangenetik, hätten die nicht in einem offenen Brief darlegen müssen, dass Gene kein Schicksal sind? Dass schon daher Worte wie "Juden- oder Baskengen" ein lächerliches Licht auf einen werfen, der sie im Mund führt? Dass es exakt drei Möglichkeiten gäbe, wenn man über Genetik und deren Folgen schreiben und berichten möchte: entweder Genetik studieren, oder sich als Laie genug Wissen anzueignen, um wirklich sachgerecht, wahrscheinlich aber populärwissenschaftlich darüber schreiben zu können, oder aber, und das träfe auf den Herrn Ex-Senator zu, einfach mal das Schandmaul halten, wenn man nichts zu sagen hat, was auch nur ansatzweise der Wahrheit entspricht? Die Wissenschaft blieb jedenfalls stumm...
Kommen wir nicht vom Weg ab, wir waren beim Freiherrn. Der hat sich genetisch nie geäußert, konnte sich den Zorn der Biologen gar nicht zuziehen. Ein Blender war er, aber er hat ja nie gegen eine wissenschaftliche Kategorie verstoßen, könnte man einwenden. Nicht? Seine Komplizenschaft im Krieg, sein Stillschweigen bezüglich Kriegsgreuel, die er wie andere "Kollateralschäden" nennt, seine Bereitschaft zur Remilitarisierung der Gesellschaft und zur Kriegsheldenverherrlichung - sind das keine Felder, die man hätte kritisieren können? Es wird doch noch zwei, drei Ethiker geben, die sich wissenschaftlich mit der Moral befassen! Gibt es denn keine doctores philosophiae, die sich aufgepeitscht wähnten, diesem amoralischen Herrn mit seiner arg moralinpomadierten Visage einen ethischen Schlag zu versetzen? Ihm und seiner Mentorin im Kanzleramt einen öffentlichen Brief zuzustellen, in dem sie klarlegen, dass der Ethik Spott widerfährt, wenn man so auftritt wie er. Die Ethiker blieben stumm, und jene Philosophen die sprachen, glichen diesem professoralen Zottelbart aus Karlsruhe, der mit zynischer Unvernunft allerlei Selbstsuchtsthesen in die ohnehin schon vergifteten Gehirne breiter Gesellschaftsschichten pflanzte.
Es wäre jedenfalls viel gewonnen, wenn die Herrn und Frauen Doktoranden, die Intellektuellen an sich, öfter mal von sich reden machten, als ethisches Gewissen fungierten. Wer sollte es eigentlich sonst sein? Wirtschaftsbarone etwa? Machtmenschen aus der Politik? Oder die Kirchen, die immer mehr den Jargon neoliberaler Denkschulen annehmen? Aus den Universitäten sollte der kritische Geist entwachsen - wenn diese nicht so unsäglich beeinflusst wären von der freien Wirtschaft...

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