Wo ist die Zeit? Aufruf zur Blogparade

Vor einiger Zeit hatte ich einmal einen Gedanken, der mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf geht. Es hat etwas mit dem Begriff der Zeit zu tun und damit, wie wir mit der Zeit umgehen. Nachdem ich seit mehr als vier Jahrzehnten aktiv am Leben teilnehme, konnte ich beobachten, wie sich die Art, wie wir mit Zeit umgehen, verändert hat. Irgendwie hat niemand mehr Zeit. Das scheint eine Tatsache zu sein, die sich durch alle Lebensbereiche und alle Schichten zieht. Wir stehen unter Zeitdruck. Aber warum das so ist, ist mir ein Rätsel. Deswegen appelliere ich an das Schwarmwissen und lade alle, die etwas dazu zu sagen haben ein, ihre Meinung abzugeben. Wo ist die Zeit? Eine Aufruf zu einer Bloparade. Ich möchte meine Gedanken dazu mit Euch teilen und freue mich sehr darauf, wenn mit jemand erklären kann, wo der Fehler liegt.

Was ist eine Blogparade?

Blogger kennen den Begriff wahrscheinlich. Für die Leserinnen unter Euch, die ihn noch nie gehört haben, hier eine kurze Erklärung. Eine Bloggerin, oder ein Blogger ruft zu einem Thema zur Blogparade auf. Dazu verfasst sie einen Startbeitrag, so wie diesen. Darin erklärt sie, um was es genau geht und welche Gedanken sie dazu hat. Andere Blogger, die sich von dem Thema angesprochen fühlen, verfassen einen Beitrag und setzen einen Link zu diesem Beitrag. Der Veranstalter setzt auch links zu allen Beiträgen. So entsteht ein Netzwerk aus Beiträgen, die rund um ein Thema kreisen. Die unterschiedlichen Zugänge sind spannend und das Thema wird von allen Seiten ausgiebig beleuchtet.

Teilnahmebedingungen

Dies hier ist mein Startbeitrag zur Blogparade. Teilnehmen kann jeder, der ein eigenes Blog hat. Wenn Du teilnehmen willst, dann verfasse einen Beitrag, in dem Du einen Link zu diesem Beitrag einbaust. Ist Dein Post online, dann schreib ein Kommentar mit dem Link unter diesem Beitrag. Je nachdem, wieviele Beiträge zusammenkommen, werde ich dann einen Zusammenfassung schreiben, oder nur die Links zu den Teilnehmern unten in diesem Beitrag ergänzen. Die Blogparade läuft bis zum 31. Juli 2020. Das Thema lautet: Wo ist die Zeit? Wie ich das genau meine, liest Du in diesem Beitrag. Ich freue mich auf zahlreiche Beiträge!

Wo ist die Zeit?

Ford verkauft im Jahr etwa 6 Millionen Autos. Damit ist das Unternehmen der fünft größte Hersteller von Autos. Volkswagen führt die Liste an und produziert fast 11 Millionen Fahrzeuge im Jahr. Henry Ford erfand 1914 die Fließbandfertigung und schaffte im Laufe der Zeit eine Tagesproduktion von 9.000 Model T. Um ein Auto zu fertigen wurden nur noch 1,5 Stunden, statt vorher 12,5 Stunden benötigt.

1760 wurden in England 1.300 Tonnen Baumwolle verarbeitet. Einhundert Jahre später waren es 190.000 Tonnen. Grund dafür ist die industrielle Revolution. Spinnmaschinen machten einen Arbeiter so produktiv, wie 200 Arbeiter ohne Maschine.

Ende des 19. Jahrhunderts erfand die Menschheit die Waschmaschine. Vorher musste die Hausfrau die Wäsche mühsam von Hand waschen. Immer mehr Errungenschaften der Technik haben die Handgriffe erleichtert und jede Menge Zeit gespart. Heute braucht das Wäschewaschen kaum noch Zeit. Man füllt die Maschine und kann in der Zwischenzeit etwas anderes tun, während sie die Wäsche wäscht.

Zeit sparen

Das 18. und 19. Jahrhundert waren also die Zeiten, in denen der Mensch immer schneller wurde. Was vorher Tage gebraucht hat, wurde eine Sache von ein paar Stunden. Heute sind es Minuten. Wer sich mit der Automobilproduktion auseinandersetzt, der wird nicht an Toyota und dem Leanmanagement vorbeikommen. Hier wird jeder einzelne Handgriff ständig optimiert. Die Werkzeuge und das Material wird immer näher an den Arbeiter gebracht um da und dort Millisekunden und Handgriffe zu sparen. Und das sind erst die mechanischen Vorgänge, die vereinfacht wurden.

Postwege

Ich bin in einer Zeit ohne Computer und ohne Mobiltelefon aufgewachsen. Wenn man jemanden etwas mitteilen wollte, dann hat man einen Brief geschrieben. Es gab Brieffreunde. Fremde Kinder in fernen Ländern, wie Österreich, oder der Schweiz, denen man Briefe schrieb. Auch im Geschäft war es ganz normal, einen Brief zu schreiben. Man ging in den Laden und wenn es etwas nicht gab, dann wurde es bestellt. Also schrieb der Kaufmann einen Brief an den Hersteller, der hat ihn gelesen und dann das passende Teil bereitgestellt. Alle paar Tage ist ein Angestellter des Herstellers mit seinem Lieferwagen eine Runde gefahren und hat die Bestellungen ausgeliefert. Das war kein Problem. Nach ein paar Tagen konnte man sich die Ware im Laden holen.

Just in Time

Die Logistik sieht heute ganz anders aus. Wenn etwas nicht da ist, dann schaut der Verkäufer in den Computer. Dort setzt er einen elektronische Bestellung ab und im besten Fall startet Sekunden später ein Botenfahrer los um die Ware zu holen. Nach wenigen Stunden ist die Bestellung da. Man kann sie also Nachmittags schon abholen. Aber wer geht denn heute noch in den Laden? Online wird bestellt und was vor Mitternacht bestellt wird, ist am nächsten Tag schon an der Haustüre. Warten muss man darauf nicht.

Zeit

Tatsächlich verstehen Wissenschaftler das Phänomen Zeit nicht. Glaubt man Albert Einstein, dann ist die Zeit eine vierte Dimension. In der Raumzeit gibt es grundsätzlich alle Momente bereits. Warum wir aber immer nur in einer Richtung diese Momente erleben und uns nie in die Vergangenheit bewegen, kann niemand erklären. Dass die Zeit relativ ist, ist mittlerweile auch bewiesen. Wer weiter oben ist, der altert schneller. Bewegt man sich schnell, dann vergeht die Zeit weniger schnell und schnellere als Lichtgeschwindigkeit geht nicht. Wenn man also in einem Zug, der mit Lichtgeschwindigkeit fährt von hinten nach vorne geht, ist die einzige Möglichkeit, dass man dadurch nicht schneller als das Licht wird, dass der Weg länger wird. Zeit ist also ein Phänomen, das man nicht so leicht versteht. Spätestens bei Raumzeit und Relativität wird es mir zu hoch.

Zeitmangel

Trotzdem leide auch ich unter Zeitmangel. Ich bin Hausfrau und Mutter. Mein Tagesablauf, wenn nicht gerade ein Shutdown ausgerufen wird, ist von Kindern und Haushalt geprägt. Es gibt Termine, an denen die Kinder zu Kita und Schule gebracht werden und andere, an denen ich sie wieder hole. Sind sie daheim, dann werden sie beschäftigt. Die Vormittage habe ich Zeit um mich um den Haushalt zu kümmern. Ich koche, putze uns wasche und sorge dafür, dass alles daheim ist, was wir brauchen. Im Vergleich zu einer Hausfrau vor 100, oder vor 200 Jahren habe ich dabei kaum Mühe. Mein Staubsauger läuft mit Strom und die komplette Wohnung ist in 10 Minuten gesaugt. Meine Waschmaschine wäscht 7kg Wäsche vollautomatisch. Für die Wäsche, die meine Familie am Vortag verwendet hat, brauche ich etwa 30 Minuten für das Einräumen der Waschmaschine und das Aufhängen. In der Zeit hänge ich die Wäsche dann auch auf.

Induktion

Um zu kochen brauche ich kein Feuerholz zu holen. Mein Herd arbeitet mit Induktion. Außerdem kommen heißes und kaltes Wasser in hoher Qualität direkt aus der Wasserleitung. Meine Vorräte halten ewig, weil sie in Konserven abgepackt sind. Auch im Kühlschrank wird nichts schlecht. Wenn ich mal keine Lust habe, zu kochen, dann kann man problemlos etwas bestellen, oder im Restaurant essen. Wenn ich mir vorstelle, dass ich im 18., oder 19. Jahrhundert lebe, dann wäre mein Alltag mühsamer. Im Vergleich zu meinen Urururururgroßmüttern ist meine Hausarbeit ziemlich lächerlich. An allen Ecken und Enden gibt es technische Errungenschaften, die mir das Leben dramatisch erleichtern. Ich schätze, dass meine Hausarbeit, egal welche, nicht mehr als 10 Prozent der Zeit in Anspruch nimmt, die sie früher gebraucht hätte.

Reisen

Aber nicht nur im Haushalt hat sich viel geändert. Es gibt Tage, da muss mein Mann zu einem Meeting fliegen. Abends ist er wieder daheim. Eine Reise von mehr als 1.000 Kilometern inklusive Rückreise am selben Tag wäre vor ein paar hundert Jahren wohl als Science Fiction gesehen worden. Aber nicht nur die Fernreisen haben sich verändert. Auch unser alltäglicher Bewegungsradius hat sich ausgeweitet. Mit einem günstigen Ticket kann man einmal quer durch die Stadt fahren. Kein Problem. Aber früher war das anders. Wir sparen unglaublich viel Zeit. Heute kann man an einem Wochenende Verwandte am anderen Ende der Welt besuchen. Früher musste man tagelang anreisen. Es sieht also ziemlich eindeutig aus.

Freizeit

Mein Mann schreibt keine Briefe mehr. Er schreibt E-Mail uns bekommt innerhalb von Minuten eine Antwort. Manchmal sogar auch China und den USA. Mit jedem solchen E-Mail spart er mindestens 3 Wochen Zeit, im Vergleich zum 18. Jahrhundert. Ich spare Tag für Tag wahrscheinlich 10 bis 20 Stunden Zeit im Haushalt. Die Maschinen machen das für mich. Die Zeit, die wir zur Verfügung haben, hat sich nicht verändert. Zumindest ist sie nicht kürzer geworden. Ganz im Gegenteil. Statt im Rythmus der Sonne zu leben, schalten wir einfach das Licht an, wenn es dunkel wird. Also sparen wir auf der einen Seite Unmengen an Zeit. Wir arbeiten rationell und haben dabei viel Technik zur Verügung. Außerdem sind unsere Tage viel länger, als früher. Wir können auch die Nachtstunden ganz einfach nutzen. Toll, dann können wir ja jeden Tag 6-10 Stunden entspannen!

Warum nicht?

Das Problem, das ich habe ist aber, dass es nicht so ist. Wir machen die Dinge, die wir tun in wirklich jedem einzelnen Lebensbereich so unglaublich schneller als früher. Dass die Weltbevölkerung sich seit Beginn des 19. Jahrhunderts ungefähr versiebenfacht hat, erklärt es für mich auch nicht. Mehr Menschen brauchen natürlich mehr. Also muss die Industrie mehr produzieren. Aber es gibt dann auch eben mehr Menschen, die die Arbeit machen. Menschen, die Unternehmen gründen, Dinge erfinden, oder ganz einfach irgendwo arbeiten. Das sollte sich also ausgleichen. Wir produzieren also in atemberaubender Geschwindigkeit Konsum- und Luxusgüter.

Aufwärtsspirale

Trotzdem ist der Bedarf noch lange nicht gedeckt. Die Läden sind immer noch prall gefüllt und die Menschen kaufen und kaufen. Wir haben jeden Handgriff den wir tun mit Maschinen und Automatisierungsverfahren dramatisch aufgewertet. Trotzdem bewege ich mich jeden Tag stundenlang durch den Haushalt und habe immer das Gefühl nicht fertig zu werden. Mein Mann arbeitet parallel an etlichen Projekten und kaum ist eines fertig stehen schon wieder zwei neue an. Wir kommen an jeden Winkel der Welt und wieder zurück in kürzester Zeit. Rechnet man das alles zusammen, dann muss einfach unbeschreiblich viel Zeit übrig bleiben. Wo ist diese Zeit? Warum haben meine Vorfahren es in derselben Zeit geschafft auf offenem Feuer zu kochen und am Fluss zu waschen?

Mehr und mehr

Dass unsere Gesellschaft früher, ohne Automatisierung funktioniert hat lässt sich vielleicht damit erklären, dass es weniger Menschen gab. Auch gab es weniger Dinge, die man brauchte. Ein Tisch und ein Bett konnte über Generationen verwendet werden. Der PC muss zweimal im Jahr getauscht werden. Aber das erklärt nur die Gesellschaft, nicht das Individuum. Wo ist meine Zeit? Seit Jahrhundert erfinden schlaue Menschen Dinge, die mir Zeit sparen. Warum habe ich noch immer nicht genug davon? Es kann natürlich sein, dass es nur mir so geht. Vielleicht ist die Zeit in der ich arbeite auch viel weniger intensiv, als die von meiner Ur….uroma. Ich trinke auch mal einen Kaffee, oder setze mich kurz hin. Vielleicht hat man das früher einfach nicht gemacht. Aber die Relation stimmt trotzdem nicht, finde ich. Also wo ist die Zeit geblieben?

Blogparade

Hast Du eine Idee, oder einen Lösungsansatz für das Problem, dann freue ich mich über Deinen Beitrag zu meiner Blogparade. Auch wenn Du kein Blog hast, kannst Du Deine Gedanken dazu in einem Kommentar mit allen anderen teilen. Aber auch, wenn es Dir überhaupt nicht so geht und Du tagein tagaus in der Hängematte liegst und nicht weißt, was Du mit all der übrigen Zeit tun sollst, ist das interessant. Also bitte schreib einen Beitrag und hinterlasse ein Kommentar mit dem Link dazu. Ich freue mich darauf!


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