Wirtschaftswachstum kann man nicht essen

Nein, so etwas hat man natürlich nicht ahnen können: Wirtschaftswachstum kann man nicht essen! Das Handelsblatt überraschte gestern doch tatsächlich mit der Skandalmeldung dass die armen Kinder in den armen Entwicklungsländern weiterhin unterernährt sind, obwohl gerade in den Entwicklungsländern derzeit noch ein wirtschaftlicher Aufschwung stattfinde:

Wirtschaftswachstum allein ist kein Mittel gegen die Unterernährung von Kindern in Entwicklungsländern. Entgegen bisherigen Annahmen sei das Wirtschaftswachstum mit keinem oder im besten Fall lediglich mit einem sehr geringen Rückgang von Untergewicht und Wachstumsstörungen bei den ärmsten Kindern verbunden, wie ein internationales Forscherteam am Donnerstag in der Online-Ausgabe des Magazins The Lancet Global Health schreibt.

Das ist natürlich schlimm, aber wenig überraschend. Denn der Mensch lebt bekanntlich nicht vom Wirtschaftswachstum, sondern von profanen Lebensmitteln. Und die gibt es nicht geschenkt. Darum merkt euch einfach mal eins, ihr lieben Wirtschaftsexperten: Wer kein Geld hat, sich das täglich Brot zu kaufen, der kriegt auch keins. Dieser Zusammenhang besteht nämlich wirklich. Egal, was für ein tolles Wirtschaftswachstum da gerade produziert wird.

Eine Analyse von Wissenschaftlern aus den USA, der Schweiz, Indien und Deutschland zeigte anhand von Erhebungs-Daten aus mehr als 100 Untersuchungen in 36 Ländern, dass es null Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und der Ernährungssituation von Kindern aus armen und ärmsten Familien gibt. Die bekommen nämlich so oder so nicht genug zu essen.

Mit der konkreten Lebenssituation von armen Menschen hat das Wirtschaftswachstum nirgends auf der Welt etwas zu tun. Es ist halt nicht so, dass die Kohle, die durch das Wirtschaftswachstum herein kommt, auf die Leute verteilt würde, die das Geld brauchen würden. Das wäre ja Sozialismus, und der hat gerade so ziemlich überall auf der Welt komplett verloren. Sondern es verdienen diejenigen, die genug Kohle haben, irgendein Geschäft damit aufzuziehen – also gerade nicht diejenigen, nicht nicht einmal genug Geld haben, um sich vernünftig zu ernähren.

Außerdem ist es derzeit ja auch in angeblich total entwickelten Ländern so, dass die Einkommensschere immer weiter auseinander geht: Die Leute, die eh schon gut verdienen, bekommen mehr, diejenigen, die um die schlecht bezahlten Jobs konkurrieren, immer weniger. Und insgesamt wird alles teurer, was zur Folge hat, dass auch hierzulande die Lage der Menschen, die wenig haben, immer prekärer wird, weil sie sich inzwischen wirklich krumm legen müssen, um alles Lebensnotwendige zu bezahlen. Es wird also nicht mehr lange dauern, bis es auch hierzulande wieder eine relevante Anzahl an unterernährten Kindern geben wird. Egal, wie die Zahlen zum aktuellen Wirtschaftswachstum aussehen. Insofern schadet es gewiss nicht, wenn die bisherigen Ansätze, den Hunger der Menschen in aller Welt zu bekämpfen, gründlich überdacht werden. Ich fürchte allerdings, dass es nichts nützen wird: Die Hauptursache des Hungers wird gewiss nicht abgeschafft.



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