„Wir sind schon Weltmeister!“

Diesen Satz hat sich eine gute Freundin von mir auf ein T-Shirt drucken lassen. Tatsächlich hat das deutsche Frauenfußball-Team zwei Mal hintereinander den Pokal geholt, ohne dass dieser Erfolg auch nur annäherungsweise die gleiche Euphorie (Sommermärchen!) ausgelöst hätte wie die beiden dritten Plätze der Männer 2006 und 2010. Während die Medien das fußball-verrückte Deutschland mit unglaublich wichtigen Details aus dem Männer-Fußballerleben beliefern (Poldi und Schweini, Ballacks Elend 2010), Bands miteinander wetteifern, DEN WM-Song zu komponieren, vor dem es dann monatelang kein Entrinnen gibt – erfährt man jetzt im Vorfeld über das deutsche Team: wenig. Wer kennt Linda Bresonik, wer weiß auf welcher Position Inka Grings brilliert?

Immerhin: Der Frauenfußball wird inzwischen in den Medien ernsthaft besprochen und professionell moderiert. Auf den Sport-Webseiten von ARD und ZDF steht die WM vier Tage vor Beginn zwar nicht auf der Startpage, aber in der Navigation schon recht weit oben – mal abwarten, ob es das Thema noch als Top-News auf die erste Seite schafft. Schön zu sehen, dass sich das ZDF in Selbstironie übt und ein paar misogyne Filmchen aus den 70er Jahren zusammengestellt hat. Ich konnte gar nicht glauben, dass das erst 40 Jahre her ist. Unübertroffen: Wim Thoelkes bräsig-überheblicher Umgang mit den Frauenfußballerinnen im Studio. Man wünscht sich im Nachhinein, eine der „Damen“ hätte sich ein Herz gefasst und ihm den Ball mitten… Nein, wir wollen nicht nachtragend sein. Über Frauenfußball wird objektiv und überwiegend positiv berichtet, und anders als zu meiner aktiven Zeit verdienen die Fußballerinnen sogar gutes Geld. Und –  es gibt zum ersten Mal zu einer Frauen-WM die berüchtigten Panini-Heftchen. Wobei böse Zungen behaupten, das Heft werde nach der WM leer mehr wert sein als mit den eingeklebten Bildchen.

Bei allen seltsamen Reaktionen, die fußballspielende Frauen immer noch hervorrufen: Von Frauen gespielter Fußball ist attraktiv, offensiv und technisch versiert. Und gut genug, um sich nicht ständig mit dem Männerfußball vergleichen lassen zu müssen. Maria Riesch fährt anders Slalom als Felix Neureuther (und viel erfolgreicher, nebenbei bemerkt) – aber würde irgendjemand deswegen über Qualitätsunterschiede im Frauen- und Männerskisport diskutieren?

Ich würde mir wünschen, dass die Frauen-WM die Aufmerksamkeit und die Begeisterung des Publikums erfährt, die sich die Akteurinnen – speziell das deutsche Team – verdient haben. Ich glaube auch, dass wir in den nächsten Wochen einige Überraschungen erleben werden, wenn Zufalls-Zuschauer beim Public Viewing bemerken, wie gut da Fußball gespielt wird. Aber ich bin pessimistisch und glaube nicht, dass das WM-Fußball-Hoch ausreicht, den Frauenfußball dauerhaft als Top-Sportart zu etablieren. Auch wenn für die Sportlerinnen inzwischen finanziell mehr drin ist: Von den teils absurd hohen Gehältern ihrer männlichen Kollegen sind sie noch sehr weit entfernt. Und damit spiegelt der Fußball leider auch nur die Verhältnisse in Wirtschaft und Gesellschaft wider.

Weitere Links rund um das Thema:

Offizielle Seite der Fifa

Blog von Balrog

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TAZ


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