„Wir sind die Volksvertreter, vertreten wir das Volk!“, rief der CDU-Abgeordnete Peter Hintze in der ungewohnt emotionalen Debatte über die Neuregelung der umstrittenen Sterbehilfe im Bundestag.
Die große Mehrheit des Volkes ist nach allen Umfragen für eine Liberalisierung der Sterbehilfe. Das könnte daran liegen, dass in unserer alternden Gesellschaft immer mehr Menschen selbst erleben, was es bedeuten kann, nicht menschenwürdig sterben zu dürfen, wenn man das Leben nicht mehr erträgt.
Was sagen Sie Ihrem unheilbar kranken Vater, der unter kaum erträglichen Schmerzen seine „natürlichen“ Ende entgegen leidet und Sie bittet: „Hilf mir, ich will nicht mehr leben.“?
Bundestag stimmt deutlich gegen den Wählerwillen
Die Mehrheit der Parlamentarier stimmte im Deutschen Bundestag dagegen – und hat so eine historische Chance vergeben, im Sinne des Volkes, das sie gewählt hat, zu handeln. Eine rein theoretische Möglichkeit wäre es, sich andere Volksvertreter zu wählen, denn dummerweise sind diese abgehobenen Parteiideologen zwar austauschbar, aber leider wie es so treffend heißt „im wahrsten Sinne des Wortes“.
Zusammengefasst: „Man kann die Abgeordneten fast ausnahmslos in einen Sack stecken und draufhauen – es besteht nie die Gefahr, den falschen zu treffen.“
Es geht nicht nur um unheilbar Kranke
Dabei ging es bei der Abstimmung ja nur um den Teil der Menschen mit dem Wunsch zu sterben mit schweren unheilbaren Krankheiten. Es gibt aber Jahr für Jahr immer mehr Menschen, die nicht etwa an einer schmerzhaften, unheilbaren Krankheit leiden, sondern an ihrem Status in der Gesellschaft.
Sie haben nämlich keinen mehr, außer vielleicht „Sozialschmarotzer“ oder gar „Faule Sau“ in der „Sozialen Hängematte“. Wer ein paar Jahre ohne Arbeit von Stütze leben muss, hat zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig – und dafür muss er sich vor jedem minderbemittelten Mitarbeiter der Stadtverwaltung, der von seinem früheren Chef wegen irgendwelcher Defizite zur ARGE weggelobt wurde, nackt ausziehen und regelmäßig seine Kontoauszüge vorzeigen.
Ein Bier am Wochenende oder gar Rauchen ist nicht. Es reicht ja noch nicht einmal für die Medikamente, denn inzwischen muss man für fast jede Verordnung 5 Euro zuzahlen. Sogar die Zahnärzte kassieren „Eigenanteile“ von Menschen ab, die sowieso nichts mehr zu beißen haben. Die Klamotten sind so abgetragen, dass man sich kein Schild „Rentner in Grundsicherung“ an die Stirn pappen muss – das sieht auch so jeder.
Telefon oder gar Internet sind unbezahlbar und Strom für einen Fernseher gibt das Almosen der Gesellschaft nicht her. Diese Menschen gehen natürlich nicht mehr aus – höchstens im Winter (wenn es früh dunkel wird) mal zur Tafel. Und trotz aller Sparmaßnahmen gibt’s am Monatsende nur noch Tütensuppe.
Nach zehn Jahren dämmert es dann auch dem größten Optimisten unter ihnen, dass es nie wieder besser werden wird. Die ältesten Opfer des Systems erleiden das jetzt seit 15 Jahren und verzweifeln an der Sinnlosigkeit ihrer Existenz. 15 Jahre ohne jede Perspektive, nur immer Entbehrung, Unterordnung, Hunger und Schmerz sind in meinen Augen auch ein guter Grund für die Entscheidung, seinem unerträglichen Leben ein Ende zu setzen.
Die Abgeordneten im Bundestag geht das nur insoweit etwas an, als dass sie ihre neoliberalen, menschenverachtenden Sozialregelungen dringend noch einmal überdenken sollten.
Aber diese Herrschaften mit den satten Diäten befanden mit ihrer Entscheidung vorgestern gegen den expliziten Wählerwillen, dass der Wille eines Wählers nur dann zählt, wenn der Wähler, der etwas will, dafür auch zahlt. Auch wenn dieser Wähler nur noch sterben will…