Typische Einheitsfeier, 20 Jahre danach: In Leipzig, einst Gründungsort des später nur noch westdeutschen Deutschen Fußball Bundes, erlebt das große Spiel "DDR-Legenden" gegen "Fußballweltmeister", das so heißt, weil man es natürlich nicht DDR gegen BRD nennen kann. Die "Superillu", Zentralorgan der Ost-Enttäuschung, ist seit Tagen aus dem Häuschen, die einheimischen Regionalblätter beschwören die Zeiten, als Ostdeutsche noch in der Bundesliga und in der Nationalmannschaften mitspielten. Matze Knop macht wie immer seine "Beckenbauer"-Nummer und Olaf Marschall hat immer noch eine Frisur, die, wäre sie eine Jeans, Stonewash-Karotte hieße.
"Ein gelungener Tag, ein gelungener Abend", wird der Kommentator des MDR am Ende der Begegnung "Wir gegen uns" resümieren, gänzlich unbeobachtet allerdings vom Westteil der vereinten Fußballrepublik. Dort interessiert "das große Fest" (Waldemar Hartmann) niemanden. Während im Sendebereich der ehemaligen DDR sowohl MDR als auch RBB das Treffen der früheren Oberligakicker mit den einstigen Bundesliga-Idolen übertragen, sparen sich das die west-Anstalten von Bayerischen Rundfunk bis WDR, von SWF bis NDR. Auch die Fußball-Giganten aus der Ex-BRD bekommen mit Mühe eine Mannschaft zusammen: 14 Spieler nur, darunter der aus Kalifornien eingeflogene Jürgen Klinsmann, fanden Zeit, das 1990 wegen Sicherheitsbedenken ausgefallene Vereinigungsspiel nachzuholen.
"Heute ist alles sicher", sagt der MDR-Schlachtberichterstatter. Der internationale Terrot bedroht Berlin, nicht Leipzig, und die republik schaut ohnehin nicht "auf diese Stadt" (Willy Brandt). Die Einheit, das ist die Botschaft, ist eine reine Ostangelegenheit, kein Grund zum feiern in Bochum, Köln oder Stuttgart, wiewohl es natürlich der konsumfreudige Osten war, der vor zwei Jahrzehnten dank westdeutscher Kreditschöpfung einsprang, die Dauerkrise von rheinischem Kapitalismus und Kohlscher Marktwirtschaft aufzubrechen.
Verdienste, die heute vergessen sind. Dafür heftet sich etwa der DFB Heldentaten an, die er nie zu vollbringen vermochte. Hans-Georg Moldenhauer, vom Fußballchef der DDR umgeschult zum Vizepräsidenten des gesamtdeutschen Verbandes, nennt die deutsch-deutsche Fußballeinheit eine "Erfolgsgeschichte" und er meint damit wohl vor allem, dass der Fußballwesten erfolgreich gewesen ist: Zwischen Rostock und Zwickau rollt der Ball heute nur noch in den unterklassigen Ligen, einstige DDR-Spitzenklubs wie der 1. FC Magdeburg, Dynamo Dresden, Carl Zeiss Jena oder der stehen im Abstiegskampf in unteren Ligen, Traditionsvereine wie der Hallesche FC, Lok Leipzig oder Chemnitz dümpeln in der vierten oder gar fünften Liga herum,mit Aue, Cottbus und Union Berlin haben es ganze drei der letzten 14 Oberliga-Klubs geschafft, bis heute weiter Profifußball zu spielen. Auf der MDR-Couch bei der "großen Fußballeinheitsgala" in Leipzig wir das Problem engagiert diskutiert: Von Oliver Bierhoff, DFB-Manager, geboren in Karlsruhe. Von Guido Buchwald, Ex-DFB-Nationalspieler, geboren in Westberlin. Von Waldemar Hartmann, Journalist, Moderator und Sportreporter, geboren in Nürnberg. Von Matze Knop aus Lippstadtin Nordrhein-Westfalen. Und Miriam Pielhau, Moderatorin, geboren in Heidelberg.
Die DDR-Legenden hatten das Spiel vorher mit 2:1 gewonnen. Ein Sieg war das nicht.