"Wir brauchen mehr Zähne" oder doch eher "Wir brauchen mehr gute Filme?" - Jurassic World


IM KINO! ©Universal Pictures

Macht es größer. Macht es schneller. Macht es bedrohlicher. Ein ungefähres Zitat des „Jurassic World“-Parkbesitzer, der damit unwissentlich den Zustand des heutigen Blockbusterkinos beschreibt. Denn nichts anderes stellt „Jurassic World“ – der nunmehr vierte Ableger der Reihe – dar. Er ist ein Blockbuster unter vielen, der ganz auf seine CGI-Welten vertraut und seine Figuren zu leeren Archetypen verkommen lässt. 
Da wären der machohafte Dinorudelführer Chris Pratt, die zickige Obertussi Bryce Dallas Howard und ein ungleiches Brüderpärchen, das erst in Angesicht größter Gefahr wieder zueinander finden. So weit, so vorhersehbar und tausendmal wiederholtes Klischee. Regisseur Colin Trevorrow lässt Steven Spielbergs Meisterwerk wiederauferstehen und findet kaum Neues zu erzählen. Vielmehr zitiert er sein großes Vorbild wann es nur möglich ist. Das Traurige: Nur dann ist „Jurassic World“ wirklich gut. Ein weiteres Indiz dafür ist die oft heraufbeschworene Titelmusik von John Williams, die der eigentliche Komponist des Films Michael Giacchino immer wieder einsetzt. 

©Universal Pictures

Nun aber von Anfang an. „Jurassic World“ lässt sich angenehm viel Zeit um die Weiten des Parks und seine urzeitlichen Bewohner zu erkunden. Wunderschöne Kamerafahrten über das Paradies, kindliches Staunen angesichts der Dinosaurier, die über die Felder flanieren. Das Familienkonstrukt der zwei Jungen ist zweckdienlich, auch wenn der Zuschauer dasselbe Schema schon hundertmal gesehen hat. Der Familienzusammenhalt ist es, der den Mensch überleben lässt, will uns „Jurassic World“ lehren. Daran ist auch gar nichts verwerflich. Schade nur, dass es in „Jurassic Park“ um einiges besser umgesetzt und geschrieben war. Denn es bleiben eher die Namen der Raptoren-Gang in Erinnerung, als jene der Hauptfiguren. 
Leider beschränken sich die Macher in Bezug auf Dinosaurier ausschließlich auf CGI. Wirklicher Schrecken vor den Ungetümen mag nicht aufkommen, wenn ihre Herkunft aus dem PC klar erkennbar ist. Wer die Einbindung von CGI mit echten Sets in mustergültiger Ausführung sehen will, sollte sich „Mad Max: Fury Road“ ansehen. Dort wird es richtig gemacht. 
Dazu häufen sich Logikfehler und Ungereimtheiten, sodass man sich zeitweise in einer Parodie wähnt. Chris Pratt stapft mit einem einzigen verkrampften Gesichtsausdruck durch den Film und Bryce Dallas Howard wird zur Damsel in Distress herabgewürdigt. Dass ihre Leistung noch am meisten in Erinnerung bleibt, zeigt, wie viel Talent in ihr steckt. Lieber lässt Regisseur Trevorrow sie mit High Heels durch den gesamten Film rennen und mit jeder Filmminute mehr Kleidungsstücke verlieren, bis sie eher in einen Tarzan-Film passen würde. Einigen Teenagern dürfte dabei das Blut aus dem Hirn in die untere Körperregion wandern. 
Sicherlich hat „Jurassic World“ gelungene Szenen zu bieten. Hier und da kommt Atmosphäre auf, sogar Spannung stellt sich ein. Allerdings wird sie sogleich von diesem Flickenteppich namens Drehbuch zurückgerufen. Mal gibt sich der Film ernst, nur um im nächsten Moment flapsige Sprüche zu liefern. Der Film ist ein tonales Desaster, worin sich das „Godzilla“-Finale mit Wonne einreiht. Eindimensionale Charaktere, seelenloses CGI und eine Handvoll Momente, die an die Klasse des Originals ungefähr heranreichen. Das Ergebnis: Der erfolgreichste Kinostart aller Zeiten. Ist doch klar, oder?

©Universal

BEWERTUNG: 05/10Titel: Jurassic WorldFSK: ab 12 freigegeben Laufzeit: 125 MinutenErscheinungsjahr: 2015Regisseur: Colin TrevorrowDarsteller: Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Vincent D'Onofrio, Omar Sy, Jake Johnson, Judy Greer, Irrfan Khan, Nick Robinson

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