Winterdepression in Rot und Weiß

Winterdepression in Rot und WeißUnausgesprochen war es nach Ende der Winterpause doch schon wieder so. Zweimal trat der Hallesche FC an, zweimal siegte er klar, zweimal schien sich dabei sogar der Erfolg der verstärkten Ausrichtung auf die Offensive auszuzahlen: Drei Tore schossen die Hallenser jeweils, die in der Hinrunde in 17 Spielen ganze 19 mal getroffen hat. Selbst die erste Niederlage im neuen Jahr kündete von Hoffnungen: Jeder kann in Lübeck verlieren, nicht jeder schießt dabei zwei Tore und ist nahe dran am Remis.
Warum also nicht auf das Unmögliche spekulieren? Auf einen fußballerischen Höhenflug bis zum Sommer? In dem die so oft gescholtenen Spieler, die den anvisierten Aufstieg schon im Herbst
absagten, zeigen, dass sie viel besser sind als ihr Ruf?
Weil der Torrausch von Anfang Februar schon Ende des Monats beendet ist, schneller als die Temperaturen sanken, haben die Spieler von Trainer Sven Köhler wieder vergessen, wo der Kasten steht. Gegen Meuselwitz noch drei Tore, gegen Lübeck noch zwei, gegen Hertha BSC nun schon wieder nur noch die Standarddiät mit einem - so spielt eb doch kein Aufsteiger.
Dabei startet die erneut umgestellte Truppe gegen den langjährigen Angstgegner aus Berlin recht erfrischend. Bei minus drei Grad und Sonnenschein hat der HFC die ersten Chancen, Boltze trifft sogar als erster das Tor, allerdings aus Abseitsposition. Auch danach betreibt Hertha nach vorn wenig Aufwand, Halle hat mit dem Zwergensturm Hauk, Aydemir, Lindenhahn und David mehr vom Spiel, ohne wirklich auf ein Tor zu drücken.
Rätselhaft bleibt, warum vier ballgewandte Offensive sich gegenseitig mit hohen Bällen zu bedienen versuchen, rätselhaft bleibt, warum ein Mann wie der schnelle, aber wenig robuste Angelo Hauk als Stoßstürmer in der Mitte herumhampeln muss, während mit Alan Lekavski und Thomas Neubert zwei große Stürmer auf der Bank frieren.
Es sieht nach Experimenten an einer schon halbtoten Mannschaft aus. Halle rennt an, David möchte einen Elfmeter haben. Hertha schlägt zurück: Freistoß auf links, langer Ball durch den ganzen Strafraum, Boyd steht am langen Eck und lenkt den Ball ins Tor.
Da hängen sie wieder, die Köpfe auf hallescher Seite. Die Tribüne, für einen Mittwochnachmittag mit 800 Zuschauern gut besetzt, friert still und schweigend vor sich hin, auf dem Rasen passiert nichts weiter, auch die Bank scheint erfroren. Höhepunkt zum Herzerwärmen: Nachdem Lindenhahn endlich einmal flach angespielt wird, schießt er schnell noch das zweite Abseitstor. Pause.
Aus der sind die Männer in Weiß-Rot so schnell zurück, dass es wirkt, als hätten sie es gern hinter sich. Oder geht hier doch noch was? Boltze schießt vorbei, Lindenhahn ebenso, den Rest sammelt der Berliner Torwart Burchardt auf.
Zumindest bis Lindenhahn in der Mitte durch läuft und den außen startenden Texeira sieht. Der flankt über die gesamte Hertha-Abwehr und findet David am langen Pfosten, der halb kniend einlocht. 1:1, aber weiter kein Wintermärchen. Boltze schafft nicht eine vernünftige Ecke, Freistöße gehen grundsätzlich in den Himmel, bei jedem kleinen Herthakonter wackelt die Abwehr.
Sven Köhler holt nun Aydemir, den Matchwinner beim letzten Heimspiel gegen Meuselwitz, vom Platz und bringt Thomas Neubert, den "Fußballgott" der Fans, der wegen seiner fußballerischen Defizite selbst nach guten Spielen nicht aus der Kritik kommt. Es wird natürlich nicht besser. Selbst als daraufhin mit David der zweite kleine Mann einem größeren (Alan "Neubert II" Lekavski) weichen muss, bleibt das HFC-Spiel Geboltze und der Torerfolg aus. Die beiden größten Chancen hat bezeichnenderweise Marko Hartmann, der eigentliche Mittelfeldzerstörer. Er schießt zweimal sicher vorbei. Dann ist Schluss und ein erlöstes Aufatmen ist zu hören. "Warum tut man sich das eigentlich immer wieder an", fragt einer seinen Sitznachbarn. "Wollte ich dich auch gerade fragen", antwortet der.


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