Alexandre Dumas und Gaston Leroux haben es getan. Auch Victor Hugo konnte nicht widerstehen, und ich jetzt genauso wenig. Die Pariser Katakomben werden in meinem nächsten Roman Schauplatz dramatischer Ereignisse.
Über eine Zeitspanne von fast 2000 Jahren lieferte der Untergrund von Paris die Steine zum Bau der Stadt, auch Gips und Ton wurden dort gefördert. So entstand ein fast 300 Kilometer langes Stollensystem, um das sich viele Geschichten und Legenden ranken. Als Ende des 18. Jahrhunderts Seuchen und Hungersnöte zu einer Überfüllung der Pariser Friedhöfe führten, insbesondere des Cimetière des Innocents, dessen Gestank ganze Straßenzüge verpestete – es wird sogar erzählt, dass Kellerwände einbrachen und Berge von verwesten Leichen in die Häuser gelangten – , wurde der Friedhof geräumt und geschlossen. Die exhumierten Gebeine wurden in den Untergrund gebracht. Irgendwann entdeckten die Totengräber ihre kreativen Adern und schichteten Schädel und Knochen so auf, dass sie dekorative Muster ergaben. So findet sich da unten auch mal ein Herz aus Totenschädeln.
Ein Herz aus Totenschädeln
In den Katakomben von Paris liegen die Überreste von schätzungsweise sechs Millionen Menschen. Eine Route von zwei Kilometern ist für Touristen freigegeben. “Halt! Hier beginnt das Reich der Toten!”, warnt das Schild am Eingang. Jedes Jahr besichtigen eine Viertelmillion Menschen die morbide Stätte, mit ihren Skelettwänden und Totenschädeln, die sich bis zur Decke türmen. In der unterirdischen Stadt der Toten trifft man auch auf Weihwasserbecken, kunstvolle Bögen aus der Römerzeit oder grob gefügte Steinsäule aus dem 19. Jahrhundert. Der perfekte Unterschlupf! Kein Wunder also, dass im Laufe der Jahrhunderte Schmuggler und Straßenräuber hier unten Quartier bezogen. Die Kommunarden, die nach dem deutsch-französischen Krieg 1871 für eine sozialistische Gesellschaft kämpften, lieferten sich im Pariser Untergrund mörderische Menschenjagden mit den Regierungstruppen. Später suchte die Résistance hier Zuflucht.
Cataphiles – die heimlichen Herrscher
Heute findet sich jenseits der Touristenpfade eine andere Art von Widerständlern. “Cataphiles” werden die Mitglieder der Subkulturszene genannt, die in den Katakomben illegale Höhenforschungen unternehmen oder wilde Partys feiern. Die Gefahr ist allgegenwärtig. Viele Kammern sind randvoll mit Wasser, es gibt eingestürzte Decken, überall Schutt und jede Menge Menschenfallen. Cataphiles liefern sich regelmäßig Katz- und Mausspiele mit der Polizei, was sie jedoch nicht davon abhält, sich dort auch häuslich einzurichten. Da müssen Kalksteinblöcke als Tische und Stühle herhalten. 2007 wurde eine illegale Diskothek mit sage und schreibe 300 Gästen ausgehoben. Erstaunlich, zumal die Örtlichkeiten in der Regel schwer zugänglich sind. Zu den Cataphiles gehören nicht nur Studenten und Künstler, wie man vielleicht denken könnte, sondern auch Ingenieure und Beamte. Die Faszination Katakomben macht eben vor niemandem halt.
Die detailliertesten Karten findet ihr hier. Die interessantesten Fotos hier. Reinschauen lohnt sich wirklich!