Willkommen im Kabinett der Eitelkeiten

Plasberg bei Gottschalk, Gottschalk bei Plasberg. Weil man sich unter Moderatoren-Kollegen hilft, war am Abend erst der eine im Vorabendprogramm bei Gottschalk live zu Gast, wenig später umgekehrt.

In ähnlicher Form hatte dieses Bäumchen-wechsle-dich-Spiel ja bereits mit der letzten Ausgabe von Wetten, dass…? und beim Jahresrückblick mit Günther Jauch im Dezember funktioniert. Damals war Gottschalk noch Quotenkönig und Jauch profitierte quotenmäßig mächtig.

Dass die Einschaltquoten von Hart aber fair durch Gottschalk in die Höhe schnellen, dürfte ein frommer Wunsch gewesen sein. Dass Frank Plasberg wenige Stunden zuvor bei Gottschalk Live mehr Zuschauer vor die Fernseher geholt haben soll, ebenso.

Wie viel Nichtbeachtung verträgt Gottschalk?

Nun ging es am Abend bei Plasberg aber um die Frage Berühmt um jeden Preis – wie viel Öffentlichkeit verträgt der Mensch? Dabei wäre der Sendetitel «Wie überzeugend kann Thomas Gottschalk vortäuschen, dass ihm öffentlicher Ruhm und ein großes Publikum unwichtig sind?» ohne Weiteres treffender gewesen. Die Antwort würde dann lauten: nicht sonderlich überzeugend.

Auch wenn neben Gottschalk noch Medienanwalt Ralf Höcker, Sänger und Ex-Dschungelkönig Ross Antony («Mir würde was fehlen ohne Facebook.»), Moderatorin Mirjam Weichselbraun und Literatur-Journalist Hellmuth Karrasek saßen – gegen die Strahlkraft eines Thomas Gottschalk hatten sie, gemessen an der Redezeit, kaum eine Chance.

Sicher war es am interessantesten zu erfahren, wie viel Nichtbeachtung Thomas Gottschalk ertragen kann. Eine berechtige Frage von Frank Plasberg, angesichts des Quotendebakels, das Gottschalk derzeit mit seiner Vorabendshow erlebt.

Der versicherte, dass es ihm völlig egal sei, ob er 15 Millionen oder 1,5 Millionen Zuschauer habe: «In meinem Geschäft muss man loslassen können. Es reicht irgendwann.» Dieser Punkt sei bei ihm jedoch noch nicht erreicht. Zudem habe sein persönliches Glück nichts mit Quote zu tun. Weise Worte, könnte man sie dem Entertainer nur zweifellos glauben.

Literaturkritiker Hellmuth Karasek gab sich da ehrlicher: «In Wahrheit kann man nicht aufhören.» Er fühle sich als öffentlicher Mensch, der auf der Straße erkannt wird, stets gut aufgehoben. Damit war die Erkenntnis der Sendung auf den Punkt gebracht.

1:0 für Karasek

Frank Plasbergs Kollegen-Hilfe für Gottschalk führte nicht dazu, dass bei Hart aber fair verschwiegen wurde, wie ungeschickt sich Gottschalk in seiner Sendung als Internet-Nichtkenner entlarvt. Ein Einspielfilm zeigte, wie der 61-Jährige an einer iPhone-App verzweifelt und Fachbegriffe durcheinander würfelt.

Dann, völlig unerwartet, der Gag des Abends: Während Gottschalk trotzig erklärte, dass es ihm völlig wurscht sei, ob das nun E-Mail-Adresse oder, wie er es nannte, E-Mail-Nummer heißt, was Hashtags sind und Handyapps, googelte der 78-jährige Hellmuth Karasek mit seinem iPad nach dem Geburtsort von Ross Antony. Ausgerechnet der älteste Gast der Runde ist dem 61-jährigen Gottschalk in Sachen Internetkompetenz ganz offensichtlich um Längen voraus. Öffentlichkeit kann eben auch nicht nett sein und gar wenig egofördernd. Dass muss Thomas Gottschalk derzeit beinahe täglich erfahren.

Und weil es ihn offensichtlich doch stört, dass seine neue Vorabendsendung kaum jemanden interessiert, wählte er folgenden Schlusssatz: «Ich möchte dem Publikum eine Sendung ans Herz legen, morgen 19.20 Uhr, Gottschalk live. Dankeschön.» Treffender hätte er auf die Kernfrage des Abends letztlich nicht antworten können.

Bestes Zitat: «Ich muss dich warnen. Wenn du die Medien einmal reinlässt, sind sie drin. Du kannst sie nicht zur Geburt deiner Tochter einladen und sie bei der Beerdigung von Oma nicht dabeihaben wollen.» (Thomas Gottschalk erklärte Ross Antony, warum er sein Privatleben so massiv vor der Klatschpresse abgeschottet hat. )

Quelle:
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«Hart aber fair» – Willkommen im Kabinett der Eitelkeiten


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