Wilde Hunde

Nur weil da einer im Dorf aufgetaucht ist, soll man plötzlich zittern.
Nur weil sie sagen, er hätte schlechten Atem und die Wahrheit mit sich gebracht.
Wer will denn schon so einen mit schlechtem Atem und der Wahrheit?
Er soll seine Wahrheit wieder einpacken und verschwinden. Er soll den Zug besteigen und sich einen Fensterplatz suchen. Solche Leute gehören in Züge.
Aber das darf man ja heute nicht mehr sagen.
Die Erinnerung ist zum Vergessen.
Die Erinnerung ist eine Pappschachtel mit Dingen, die man nicht mehr sehen will. Man vergräbt sie im Wald. In einer dunklen Nacht.
Und jetzt schnüffelt hier so ein Hund herum.
Dabei weiß doch ein jeder: Hunde darf man erschlagen, wenn sie nicht gehorchen.
Wilde Hunde bedrohen die Gemeinschaft!
Dieser wilde Hund läuft von Haus zu Haus.
Er stellt Fragen.
Er weiß Dinge, die hier keiner so bestätigen würde.
Fotos zeigt der Hund herum.
Darauf sind Bewohner des Dorfes.
Darauf sind Soldaten aus dem anderen Land.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Wir sollen den Soldaten geholfen haben. Wir sollen DIE verraten haben. Ausgeliefert! Für ein bisschen Geld.
Ich kann mich nicht daran erinnern.
Ich kann mich auch nicht mehr an die Züge erinnern, die alle zwei Stunden drüben beim Lager eingetroffen sein sollen.
Dort lud man DIE wie Vieh ab.
Man schaffte sie in die Duschen.
Das alles habe ich erst später erfahren.
Wir alle haben das erst später erfahren.
Wir wissen nichts davon.
Aber der Hund gibt keine Ruhe.
Er rennt von Tür zu Tür.
Da soll man nicht nervös werden.
Die Erinnerung ist ein bösartiges Kind.
Die Erinnerung spielt gerne mal einen Streich.
Am Ende findet er einen, der meint, sich an all den Unsinn zu erinnern.
Viele von uns gibt es nicht mehr.
Wir sterben aus.
Und mit uns wird die Erinnerung sterben.
Die Wahrheit!
Totschlagen sollte man den Hund. Ihn im nahen See ersäufen. Würde mich nicht wundern, wenn man ihn bald mit dem Gesicht im Wasser findet.
Die falschen Fragen zeugen die falschen Taten!
Dieses Dorf gab es schon immer.
Dieses Dorf wird aussterben.
Die jungen Leute ziehen in die Stadt.
Irgendwann wird der Staub der Zeit alles Spuren verwischt haben.
Es hat geklopft.
Ich linse aus dem Fenster.
Der Hund ist gekommen.
Ich trage meinen schweren Hammer ins Wohnzimmer hinüber.
Ich schiebe den schweren Hammer unter das Sofa. Dort werde ich sitzen.
Ich werde dem Hund öffnen.
Ich werde ihn einlassen.
Ich werde ihn zum Sessel bitten.
Ich werde mich auf das Sofa setzen.
Ich werde auf die Fragen warten.
Ich werde nach dem Hammer greifen.
Ich werde den Hund mit dem Hammer erschlagen.
Dann ist Ruhe.
Hunde erschlägt man, wenn sie nicht gehorchen wollen.
Und wenn man so einen erschlagen hat, dann vergisst man es schnell.
Man schluckt die Erinnerung daran mit dem Abendbrot hinunter.
Denn die Erinnerung ist zum Vergessen da.



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