Wie krank dürfen Eltern sein?

Blöde Frage, ich weiss. Wo doch jedes Zweijährige verstanden hat, dass richtige Eltern nie krank werden. Richtige Eltern bekommen bei der Geburt ihres ersten Kindes ein Superhelden-Kostüm geschenkt und von da an kann ihnen nichts und niemand mehr etwas anhaben, mögen die lieben Kleinen noch so viele Käfer aus Kita, Kindergarten und Karate-Unterricht mit nach Hause schleppen. Richtige Eltern kennen keinen Schmerz, keine Erschöpfung, keine Ansteckung, kein “Ich kann nicht mehr!”.

Ja, ich weiss, jetzt kommen wieder diese Einwände. “Wenn du wüsstest, wie schlimm das war, als ich diese schreckliche Grippe und keine Hilfe hatte.” “Du hast ja keine Ahnung, wie lange ich unter meiner postnatalen Depression gelitten habe.” “Du hättest meinen Mann erleben müssen, als er nach seiner schweren OP wieder nach Hause kam.” Und dann kommt wohl noch der Einwand, “Meinen” hätte es ja auch ziemlich übel erwischt.

Dazu kann ich bloss sagen, dass das alles pure Illusion ist. Kranke Eltern sind in unserem Gesundheitswesen nicht vorgesehen und darum gibt es sie auch nicht. Kranke Arbeitnehmer ja, kranke Sportler auch, kranke Manager und kranke Greise erst recht. Aber kranke Mütter und Väter? Nie davon gehört und darum kann es auch nicht sein, dass eine Mutter nach einer schweren Erkrankung eine Haushalthilfe bezahlt bekommt, ein Vater nach einer OP eine Kur. Die Familie als Hort der Glückseligkeit ist der beste Ort um zu genesen und wenn einer einwendet, bei all dem Lärm und Betrieb könne er unmöglich gesund werden, gehört ihm das Sorgerecht über seine Kinder entzogen. Wahre Eltern verfügen über eine eiserne Gesundheit – und wenn die trotzdem mal versagen sollte, steht ihnen eine Legion von Schwiegermüttern, Müttern, Freundinnen und Tanten zur Verfügung, die im Notfall einspringen. Wem das nicht reicht, dem ist nicht mehr zu helfen.

Neulich warf jemand die Frage auf, wie das mit den Partnern von Burn-out-Patienten sei. “Was geschieht eigentlich mit dem Elternteil, der zu Hause alleine den Laden schmeisst, die Kinder versorgt und sich darum kümmert, dass die Finanzen nicht aus dem Ruder laufen? Bekommt der auch Hilfe?”, fragte die Person. Ich nehme mal an, die Person wollte einen besonders lustigen Witz machen, denn sie glaubt ja wohl kaum im Ernst, dass so ein klitzekleines Burn-out-Syndrom einem mitbetroffenen Elternteil etwas anhaben könnte.

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