Hin und weg. Anders kann ich es nicht beschreiben: ich bin hin und weg von diesem Buch. Woran das genau liegt? Eigentlich an allem, denn in Die Geschichte des Regens stimmte für mich durchweg jeder Punkt. Lasst euch vom Klappentext nicht zu früh täuschen und erwartet keinen Roman über ein totkrankes Mädchen. Ruth ist zwar die Erzählerin dieser Geschichte, doch geht es in ihrem Buch vielmehr um das Leben ihres Vaters, um Irland und um viel viel mehr.
Sprachlich ist dieses Werk eine gewaltige Welle, der ich mich kein einziges Mal entziehen konnte. Man erkannte an Ruths Wortwahl, der Länge der Sätze und der metaphorischen Sprache ihre und Williams' Liebe zur Literatur, welche man als Leser an vielen Stellen nur teilen kann. Und dennoch ist der Text so randvoll von Zitaten und Hinweisen auf (englische) Klassiker, dass man während des Lesens nur noch mehr Lust bekommt zu lesen; dass man sich sogar fragt, warum man nicht den ganzen Tag nur dieser Leidenschaft nachgeht und sich neben Ruth und besonders ihrem Vater wie ein unwissendes Ding vorkommt, was noch sehr viele Seiten umzublättern hat.
Trotzdem ist dieses Buch, gerade durch seine Besonderheit und einer eher dahintröpfelnden, kaum chronologisch geordneten Handlung, nicht für jeden geeignet. Was ich anziehend und mitreißend fand, würde andere Leser womöglich langweilen oder verwirren. Deswegen möchte ich diesen außergewöhnlichen Roman all jenen ans Herz legen, die vor verschachtelten Sätzen nicht zurückschrecken, auch stillen Büchern etwas abgewinnen können und - das ist wohl das Wichtigste - Literatur und Sprache lieben, wie man sie nicht in jedem Werk findet. In meinen Augen ist Die Geschichte des Regens zeitlos und ein absolutes Lesehighlight für dieses Jahr.