Wie ich eine Frau anrief, um mit ihr Sex zu haben, und man mir sagte, sie sei tot

Thailand ist nach Studien nicht nur das asiatische Land, in dem am frühesten mit dem Sex begonnen wird, sondern auch das ehebrecherischste weltweit. Weit mehr als die Hälfte der Verheirateten gaben an, schon mindestens ein Mal fremd gegangen zu sein. Was letztere These angeht, so bekommt man eine Ahnung davon, wenn man weiß, wie viele der käuflich verfügbaren Frauen einen festen (meist einheimischen) Partner haben. Was die erste These angeht, so hat sie kürzlich eine Frau unterstrichen, die zur Abwechslung von ihrem Bar-Alltag nachts mal am Strand stand, mit mir aufs Zimmer ging und beim üblichen Smalltalk sagte, sie sei 22 und habe zwei Kinder im Alter von 9 und 3 Jahren. Sie hatte also spätestens mit 13 ihren ersten Sex und brachte in diesem Alter ihr erstes Kind zur Welt! Als ich das so laut vor mich hinformulierte, lachte sie und sagte, sie wolle das nicht vertiefen. Ich bereitete mich darauf vor, dass sie vielleicht keinen Spaß beim Sex haben würde, aber das Gegenteil war der Fall. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass ich eine solche Geschichte höre und erlebe, aber immer wieder besser, als davon nur auf Papier (oder meinem E-Reader) zu lesen.
Vor einigen Wochen rief ich Wan an, sie tauchte in diesem Blog auf einem handgeschriebenen Zettel schon einmal auf, wo ich meine Hauptgespielinnen aus ein, zwei Jahren aufgelistet hatte. Wenn ich zurückdenke an die Zeit seit 2008, als ich sie kennenlernte, ist sie wohl diejenige Frau, mit der ich am zweithäufigsten Sex in meinem Leben hätte, und das hätte sie noch getoppt, wenn ich sie nicht ein paar Jahre aus den Augen verloren hätte. Ich liebte insbesondere ihr langes schwarzes Haar, ihr süßes Gesicht, ihre Stimme, ihren zarten Körper. Ein paar Mal hatte ich versucht, sie auf kleinere Reisen mitzunehmen, an denen sie erst Interesse bekundete, dann aber stets absagte. So blieb es bei sexuellen Begegnungen und der obligatorischen Pizza zu ihrem Geburtstag. Einmal hatte sie ihren langjährigen Partner verlassen und war in einer anderen Wohnung untergekommen. Immer wieder mal sagte sie mir, dass sie sich trennen wolle.    Mitte Juni rief ich sie an, um einen Termin auszumachen. Ihr Freund war dran, und ich meinte zu verstehen: "Wan bai leo" (Wan ist schon fort.) Das konnte einiges bedeuten, da es aber schmerzvoll klang, vermutete ich, dass sie nicht zum Einkaufen fort war, sondern ihn - zumindest vorübergehend - verlassen hatte. Erst eine Woche später, als er wieder am Telefon war, verstand ich, was er mir wohl schon davor hatte sagen wollen: "Wan dai leo." Wan ist gestorben.    Ich war vor den Kopf gestoßen. Er sagte, er sei im Tempel, ob ich kommen wolle, sie sei dort im Sarg aufgebahrt und würde am folgenden Tag verbrannt. Ich bin sofort hin, mit meinem letzten schwarzen T-Shirt am Leib. Vor dem aufgebahrtem, verschlossenem Sarg stand ein Schwarzweißfoto, das sie so zeigte, wie ich sie gesehen hatte, mit einem Engelsgesicht. Sie starb nach einem einwöchigem Krankenhausaufenthalt infolge eines Darmverschlusses. Da ich offen mit ihrem Freund umging, der - wie sich herausstellte - seit seiner Kindheit mit ihr zusammen war, wurden wir in kurzer Zeit selbst schon fast Freunde, was seiner toleranten und entgegenkommenden Art zu verdanken ist. Natürlich gingen auf Wans Handy noch andere Anrufe ein, er wusste aber nur von mir und wenigen anderen Stammkunden, einen bat ich dann auf Englisch, auch zu kommen. Er fuhr in seinem Auto und in besseren Klamotten auf den Tempelhof, aber am nächsten Tag ließ er sich nicht mehr blicken, als die Einäscherung stattfand. Die ganze Zeit über hatte er so getan, Wan aus einem Restaurant gekannt zu haben. Als er weg war, sagte mir ihr Freund, er wisse doch genau, dass seine Beziehung zu ihr so wie meine abgelaufen war.   Da stand ich, nun in meinem einzigen guten weißen Hemd (in Asien geht auch Weiß als Trauerfarbe durch), das ich für alle offiziellen Anlässe im Schrank hatte, sah, wie kurz bevor das Feuer per Knopfdruck in Gang gesetzt wurde, kleine Päckchen, in denen sich Klimpergeld befand, herabgeworfen und von herbeigeeilten Kindern aufgesammelt wurden, und all die anderen Dinge, die zum Ritual gehörten und weniger überraschend waren.    Vor der Einäscherung war der Sarg geöffnet worden. Sie lag dort mit offenem Mund, es sah nicht schön aus, die Haare wirkten kürzer geschnitten, alles etwas lieblos gemacht. Zu allem Überfluss musste aus irgendeinem Grund die Vorderseite des Sarges, die zuerst in den Ofen ging und an der ihr Kopf lag, abgerissen werden, und weil das nicht gelang, schlug jemand kurzerhand ein paar Mal mit der Axt zu. Meine Güte, was für Sitten! Im Ofen scheint sogar eine Kamera zu sein, mit der man das Ganze noch verfolgen kann. Nun gut, ich hatte sowas noch nie gesehen.    Statt einer Geldspende beschloss ich, eine Wandnische, die für die Asche der Toten in der Tempelmauer zur Verfügung steht, zu "kaufen", und mit der dazugehörigen Namenstafel (inklusive Foto) versiegeln zu lassen. Wans Freund, der ihre Asche ansonsten im Meer verstreut hätte, war von der Idee angetan, aber ihn hätte das ein Monatsgehalt gekostet (6000 Baht für die Nische, angeblich unbegrenzt, 2000 für die Platte, also zusammen rund 200 Euro). Die Platte war nach einer Woche nicht fertig, wie vom Abt Tamu versprochen, also wurde ich dort erneut vorstellig, begab mich artig in den Weibersitz mit untergeschlagenen Beinen, machte meinen Wai (die typische Verbeugung mit zusammengelegten Handflächen) und sprach ihn ohne Umschweife und die üblichen Floskeln mit "Tamu" an, woraufhin er mir sagte, er habe es vergessen. In der Woche drauf, als die Tafel fertig war, hatte Wans Schwester die Asche an sich genommen, und der Einbau der Gedenktafel in die Nische verzögerte sich erneut. Denn ohne (hinter der Gedenktafel unsichtbare) Asche kommt eine solche Andachtsnische den Thais sinnlos vor.
   Wans Gedenkstein macht für mich jedoch in jedem Fall Sinn. Sie hatte vor etwa 13-16 Jahren zwei Töchter zur Welt gebracht, die offenbar bei ihrem leiblichen Vater leben. Keiner von den dreien kam zur Einäscherung. Ich könnte mir vorstellen, dass sie das irgendwann bereuen, und dann gibt es wenigstens einen Platz, wo sie ihrer sinnvoll gedenken können.   Nach der Einäscherung nahm mich Wans Freund auf seinem alten Motorrad mit in seine Siedlung. Sie hatten zu dritt in einem Zimmer für 1.700 Baht (knapp 45 Euro) Kaltmiete gelebt, gegenüber waren die Wohnungen der kambodschanischen Wanderarbeiter, nochmal 10 Euro günstiger. Er selbst arbeitet als Bademeister in einem Hotel. Ein Transsexueller, den ich am Tag zuvor noch für eine scharfe junge Frau gehalten hatte, zog den obligatorischen weißen Faden quer vor die Häusserreihen, auch ein paar Kambodschaner reihten sich ein, um sich ihren Faden ums Handgelenk machen zu lassen (für meinen musste die Mutter von Wans Freund ran, weil nur sie älter war als ich). Man brachte Barbecue-Spieße vom Straßenstand bei, die nur die Hälfte von dem kosteten, was sie auf der anderen Seite Pattayas, wo sich die Touristen tummeln, dafür verlangen. Mir war nicht klar, wie arm Wan gewesen war. Sie hat sich nie beklagt, offenbar auch in ihrer letzten Lebenswoche im Krankenhaus nicht, wo man es noch mit einem künstlichen Darmausgang versucht hatte.   Wie es der Zufall so will, hatte ich eine Weile später eine Namensvetterin von Wan zu Besuch, die ich noch nicht lange kenne. Und als ich ihr die Geschichte brühwarm erzähle, sagt sie mir, dass sie im selben Tempel ein paar Tage vor Wans Totenfeier ihren Bruder eingeäschert hatte (ohne diese brutale Axtprozedur). Er war ebenfalls noch recht jung gestorben (Wan war erst 33), aber sehr langsam und elend an Krebs, der aus seinem Hals wucherte. Sie hatte ihn am Ende mit ihrer Schwester zu Hause gepflegt, sie fanden ihn in einer Blutlache. Ich fragte sie nach seiner Nische. Er hatte keine. Das machte mich etwas wütend. Denn diese Wan hatte mir erzählt, dass sie regelmäßig 70.000 Baht monatlich (mehr als ich zum Leben brauche) von zwei Verehrern aus dem Ausland  überwiesen bekäme. Für sie wäre also eine solche Andachtsnische auf gerade mal knapp ein Zehntel ihres momentanen (arbeitsfreien) Monatsgehaltes bekommen. Einen Grund konnte sie mir nicht nennen, aber ich meinte zu ihr, wäre das ein paar Tage später passiert, hätte ich seine Asche mit in die andere Nische getan und den Gedenkstein erweitert. Das ist natürlich Quatsch, die beiden Toten hatten ja gar nichts miteinander zu tun. Ich kann aber gar nicht sagen, wie mich all dieses widersprüchliche Getue anwidert, wo einerseits vor Geisterhäuschen geopfert wird (gerade hatte mir eine andere Frau Bilder von ihrer Geisteraustreibung in ihrem Heimatdorf geschickt, sie trug dabei ein weißes Stirnband und weiße Kleidung, "because I live with a ghost ..."), andererseits aber keine 10 % eines Monatseinkommens zum Gedenken an den eigenen Bruder ausgegeben werden können. Wenn man zynisch ist, könnte man sagen: Kein Wunder, dass die Geister (der Toten) dann mal jemanden heimsuchen wollen ...   
          
[Ich habe mir lange überlegt, ein Foto des Gedenksteins hier einzustellen. Schließlich kam es mir zu indiskret vor. Ich könnte auch etliche Facebook-Seiten von jungen Frauen verlinken, die sich hier zumindest durch Prostitution etwas dazuverdienen, wenn nicht ausschließlich davon leben. Doch auf diesen Seiten sind in der Mehrheit der Fälle keine Kunden präsent, sondern ihre thailändischen Lebenspartner oder Freunde und Freundinnen. Ihre Facebook-Seiten wollen einen gewissen Eindruck von "Normalität" vermitteln und können keine Bekenntnisse leisten, wie es zuweilen dieser Blog tut. Es gibt Ausnahmen. So fand ich vor einigen Monaten den überraschenden Hinweis eines Franzosen bei einer 19-Jährigen, die mir am Strand noch weiß machen wollte, sie sei nicht käuflich (bis sie kürzlich in meinem Hotel mit einem Ausländer für eine Nacht einlief). Dieser Hinweis lautete: "Meine angebliche Facebook-Freundin xx hat sich neulich in der Disco yy mein Smartphone geliehen und nicht mehr zurückgegeben. Ich lasse ihr 48 Stunden Zeit, dies zu tun, ehe ich zur Polizei gehe." Das war ein Hauch ungeschönter Realität, der dort mehrere Tage lang - wohlgemerkt auf ihrer eigenen Seite - zu lesen war. Nirgendwo wird deutlicher als hier, welches Wunschbild die Menschen gern von sich auf Facebook zeichnen, und wie leicht dieses zerstört werden kann. Ich würde dennoch zu gerne auf die ein oder andere Frau verlinken, wegen ihres Humors und der grotesken und witzigen Filmchen, die sie versammelt ...] 

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