Ich bin ein Mann, 47 Jahre alt und erlebe...
...jeden Tag Sexismus. Das fängt am Morgen an, wenn ich aus dem Haus gehe und hört auf wenn ich am Abend einschlafe. Zugegeben, oberflächlich gesehen bin ich nicht attraktiv. Gegen 50, übergewichtig, kein Haar und vor allem kein Geld. Das sind nicht Sachen auf die Frauen stehen. Trotzdem werde ich mit Sexismus konfrontiert und kann ihm nicht ausweichen, auch wenn ich möchte.
In der Werbung...
...scheint offensichtlich gar nichts mehr ohne Sex zu laufen. Ein Beispiel gefällig... Auf jedem (gefühlten) 2. Plakat räkelt sich ein weibliches Model und will mich animieren ihre Unterwäsche, einen Mixer oder den Deodorant zu kaufen mit dem sie, als Geschenk, frei Haus geliefert wird. Auch wenn meine männlichen Sexualhormone nicht durch Überproduktion glänzen, spreche ich doch auf visuelle Reize an und bin schwanzgesteuert. Das ist so ein Männerding. Darum kann ich mich auch nicht so dagegen abgrenzen wie ich gerne möchte. Oft verursacht mir diese ständige Reizüberflutung buchstäblich Kopfschmerzen.
Der ganz normale Alltag...
...ist: Wenn ein über 60jähriger Mann sogar Schulmädchen hinterher wiehert, 9 von 10 Witzen unter der Gürtellinie landen, Frauen als willenlose, zurückgebliebene Puppen dargestellt werden und Familienväter sich an Sexfilmen ergötzen in denen die Darstellerinnen ihre Töchter sein könnten. Ist es normal, dass Männer fremdgehen, nur weil ihnen beim blossen Anblick einer Frau die Hormonproduktion überkocht?
An der Arbeit gibt es vor allem zwei Themen: Die Sozialkompetenz und Führungsqualitäten der Vorgesetzten und Frauen in allen Stellungen. Wer da nicht mitreden will oder kann, hat die Aussenseiterrolle quasi abonniert.
Kommt noch Alkohol ins Spiel fallen die Hemmungen und das Niveau gleichermassen. Wenn ein Kollege sich überlegt, wie er möglichst preiswert zu einem Suff kommt, hat das für mich nichts mehr mit Genuss zu tun. Ich brauche keine Anweisungen wie: "An der Party spendierst du der Braut am besten ein paar Drinks zu viel, dann macht sie was du willst." Trotzdem muss ich sie mir anhören.
"Geile Frau, ein knackiger Arsch und Megatitten." Solche Sprüche sind normal. Auf meine Frage wie weit die Phantasie denn noch geht, erhalte ich die Standardantwort: "Schauen darf man(n), gegessen wird zu Hause." Ich schaue auch, würde aber nie so über eine Frau denken geschweige denn sprechen.
Bin ich konservativ, verklemmt...
...und prüde, wenn ich bei Frauen nicht gleich an Sex denke? Ich sehe sie als gleichberechtigte Partnerin und auf keinen Fall dem Mann untertan. Ich kann nicht nachvollziehen wie eine Frau als Lustobjekt wahrgenommen werden kann. Ein Spielzeug, das man(n) benutzt und danach in eine Ecke schmeisst?
Mir käme es nie in den Sinn, eine Frau zu begrapschen oder sogar zu bedrängen. Wir Männer wissen eigentlich ganz genau, was über eine normale Berührung hinaus geht. Grenzen respektieren ist keine Stärke von uns Herren. Sobald sich die Absperrstange gehoben hat, gibt es Verkehr ohne Ende und kein Halten mehr.
Ich bin kein Partygänger...
...meine Disco- oder Clubbesuche kann ich an zwei Händen abzählen. Trotzdem habe ich das Gefühl fast pausenlos mit Sexismus bombardiert zu werden. Finden wir echt keinen respektvollen und normalen Umgang zwischen Mann und Frau mehr? Ich bin der Meinung, jeder Mensch ist schön und jeder Mensch ist wertvoll. Er hat Respekt, Toleranz und Wertschätzung verdient.