Michel Rocard schrieb vor kurzem an die Tory-Regierung in London gerichtet: "Tretet doch endlich aus der EU aus, bevor ihr sie endgültig kaputt macht". Seine Aufforderung kann man gut verstehen, denn gerade der britische Premierminister lässt unmissverständlich erkennen, dass ihm die europäische Einigung ziemlich egal ist. Für ihn ist das ein lockeres Bündnis von Handelsnationen, in denen Führer verschiedener Nationen entscheiden, was für das Volk gut sein soll. Zwar wird immer aus dieser Ecke darauf hingewiesen, dass die EU ein undemokratisches Gebilde sei, aber es wird auch gleichzeitig mit aller Macht verhindert, dass die Union mehr demokratische Legitimation bekommt.
Zur Zeit ist es der Kommissionspräsident, der dem britischen Premier ein Machtpoker wert ist. Er will dem vom EU-Parlament als Wahlsieger der europäischen Volksparteien (EVP) anerkannten Jean-Claude Juncker die notwendige Legitimation zur Übernahme des Amtes des Präsidenten der EU-Kommission versagen und zusammen mit einigen anderen EU-Politikern einen Politiker nach seinem Gusto auskungeln. Dass ausgerechnet derjenige, der größtmögliche Distanz zur EU zeigt und ständig mit einem GB-Austrittsszenario droht am weitesten das Maul aufreißt, zeigt doch wie sehr die britische Regierung den Realitätssinn verloren hat. Wie Michel Rocard es formuliert hat, wäre es doch realistischer, wenn Cameron und seine Tories wenigstens aussteigen würden bevor sie die Europäische Union endgültig vor die Wand fahren.
Cameron ist heute nach Schweden fahren und hofft mit der ebenfalls dort anwesenden Angela Merkel und den Schweden einen Kommissionspräsident nach seinem Geschmack aus dem Hut zaubern zu können. Laut seinem Außenminister William Hague gibt es genügend talentierte Kandidaten und es ginge auch darum, dass verhindert würde, dass es mit "business as usual" in Brüssel weiter gehe. Das ist eine sehr gekonnte Argumentation, denn mit "weitermachen wie bisher" ist ja schließlich die britische Regierung beschäftigt. Sie will ihre heilige Kuh, das Finanzzentrum London, die "City" schützen. Hier soll sich so gut wie nichts ändern und die Schuldigen für die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre sollen geschont und die ganzen Betrügereien der Londoner Finanzwelt kaschiert oder vertuscht werden, damit die Geschäfte weiterlaufen wie bisher. Der ganze britische Schmarotzer-Status - Großbritannien ist verantwortlich für die ausgekochtesten "Steuerparadiese" dieser Welt soll unter Vernebelung der wahren Tatsachen erhalten bleiben. Dafür meinen britische Politiker die EU noch zu brauchen. Von Camerons Handlanger, dem schwedischen Ministerpräsidenten Reinfeldt schreibt der britische "Open Europe Blog", dass dieser Cameron schon mehrfach hilfreich zur Hand gegangen sei als es darum ging Maßnahmen zur Regelung des Finanzsektors zu verhindern.
Unter diesem Aspekt ist die Unverfrorenheit, mit der Cameron zu Werke geht, doch erstaunlich. Die ganz offensichtlich Kungelei, bei der die deutsche Kanzlerin hilfreich zur Hand gehen soll und der Rest der EU-Bagage zuschauen darf, ist an Impertinenz nicht zu überbieten. Aber letztlich ist der Premierminister Cameron nur ein innenpolitisch Getriebener, der meint immer noch das Heft in der Hand zu haben. Die Zeitschrift "New Statesman" beschreibt sein Dilemma:
"Wenn der Premierminister wirklich ernsthaft Britannien in der EU halten will, dann sollte er damit aufhören, der Idee zu frönen, dass Europa eine von anderen Ländern angezettelte Verschwörung gegen Britannien ist. Er sollte die Brüsseler Institutionen und ihre grundlegenden Prinzipien verteidigen und ohne quengelnde Warnungen die Freizügigkeit der Menschen unterstützen. Er würde dagegen kämpfen, wenn seine Abgeordneten versuchen ihn Richtung Austritt zu treiben. Er würde erklären, dass es keine sinnvolle Position der Konservativen wäre um jeden Preis "draußen" zu sein. Er würde, in anderen Worten, den Marschplan seiner Partei ändern. Aber er tut nichts von alledem und es ist fast unmöglich sich vorzustellen, dass er noch etwas vor den Wahlen (im nächsten Jahr) tut. Dann könnte es aber zu spät sein".
Informationsquelle:
A French message to Britain: get out of Europe before you wreck it | Michel Rocard | Comment is free | theguardian.com
New Statesman | Cameron is running out of time to show that he is serious about keeping Britain in the EU
Zur Zeit ist es der Kommissionspräsident, der dem britischen Premier ein Machtpoker wert ist. Er will dem vom EU-Parlament als Wahlsieger der europäischen Volksparteien (EVP) anerkannten Jean-Claude Juncker die notwendige Legitimation zur Übernahme des Amtes des Präsidenten der EU-Kommission versagen und zusammen mit einigen anderen EU-Politikern einen Politiker nach seinem Gusto auskungeln. Dass ausgerechnet derjenige, der größtmögliche Distanz zur EU zeigt und ständig mit einem GB-Austrittsszenario droht am weitesten das Maul aufreißt, zeigt doch wie sehr die britische Regierung den Realitätssinn verloren hat. Wie Michel Rocard es formuliert hat, wäre es doch realistischer, wenn Cameron und seine Tories wenigstens aussteigen würden bevor sie die Europäische Union endgültig vor die Wand fahren.
Cameron ist heute nach Schweden fahren und hofft mit der ebenfalls dort anwesenden Angela Merkel und den Schweden einen Kommissionspräsident nach seinem Geschmack aus dem Hut zaubern zu können. Laut seinem Außenminister William Hague gibt es genügend talentierte Kandidaten und es ginge auch darum, dass verhindert würde, dass es mit "business as usual" in Brüssel weiter gehe. Das ist eine sehr gekonnte Argumentation, denn mit "weitermachen wie bisher" ist ja schließlich die britische Regierung beschäftigt. Sie will ihre heilige Kuh, das Finanzzentrum London, die "City" schützen. Hier soll sich so gut wie nichts ändern und die Schuldigen für die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre sollen geschont und die ganzen Betrügereien der Londoner Finanzwelt kaschiert oder vertuscht werden, damit die Geschäfte weiterlaufen wie bisher. Der ganze britische Schmarotzer-Status - Großbritannien ist verantwortlich für die ausgekochtesten "Steuerparadiese" dieser Welt soll unter Vernebelung der wahren Tatsachen erhalten bleiben. Dafür meinen britische Politiker die EU noch zu brauchen. Von Camerons Handlanger, dem schwedischen Ministerpräsidenten Reinfeldt schreibt der britische "Open Europe Blog", dass dieser Cameron schon mehrfach hilfreich zur Hand gegangen sei als es darum ging Maßnahmen zur Regelung des Finanzsektors zu verhindern.
Unter diesem Aspekt ist die Unverfrorenheit, mit der Cameron zu Werke geht, doch erstaunlich. Die ganz offensichtlich Kungelei, bei der die deutsche Kanzlerin hilfreich zur Hand gehen soll und der Rest der EU-Bagage zuschauen darf, ist an Impertinenz nicht zu überbieten. Aber letztlich ist der Premierminister Cameron nur ein innenpolitisch Getriebener, der meint immer noch das Heft in der Hand zu haben. Die Zeitschrift "New Statesman" beschreibt sein Dilemma:
"Wenn der Premierminister wirklich ernsthaft Britannien in der EU halten will, dann sollte er damit aufhören, der Idee zu frönen, dass Europa eine von anderen Ländern angezettelte Verschwörung gegen Britannien ist. Er sollte die Brüsseler Institutionen und ihre grundlegenden Prinzipien verteidigen und ohne quengelnde Warnungen die Freizügigkeit der Menschen unterstützen. Er würde dagegen kämpfen, wenn seine Abgeordneten versuchen ihn Richtung Austritt zu treiben. Er würde erklären, dass es keine sinnvolle Position der Konservativen wäre um jeden Preis "draußen" zu sein. Er würde, in anderen Worten, den Marschplan seiner Partei ändern. Aber er tut nichts von alledem und es ist fast unmöglich sich vorzustellen, dass er noch etwas vor den Wahlen (im nächsten Jahr) tut. Dann könnte es aber zu spät sein".
Informationsquelle:
A French message to Britain: get out of Europe before you wreck it | Michel Rocard | Comment is free | theguardian.com
New Statesman | Cameron is running out of time to show that he is serious about keeping Britain in the EU