Wie die Kirche die Welt vor Schwulen und Frauen schützt

Der erste „Klodeckel“ in diesem Jahr geht an die anglikanische Kirche in England. Diese verkündete zum Wochenende die Zulassung homosexueller Priester zur Bischofsweihe. Doch nicht für diesen lobenswerten Akt der Gleichstellung wird ihr die zweifelhafte Ehrung zuteil, sondern dafür, dass sie gleichzeitig klarstellte, schwule Priester nur dann zum Bischof zu weihen, wenn diese hoch und heilig versprechen, fortan völlig enthaltsam zu leben. Deren heterosexuelle Kollegen dürfen dagegen sehr wohl weiterhin ihren fleischlichen Gelüsten nachgehen. Über den Sinn eines Zölibatsgelübdes kann man ohnehin streiten, doch warum es nur von gleichgeschlechtlich orientierten Bischofsanwärtern eingefordert wird, lässt sich wohl kaum nachvollziehbar begründen. Vermutlich ist dieser Umstand der Sorge geschuldet, die künftigen Bischöfe könnten sich an ihren Messdienern vergehen – und so weit hergeholt ist das angesichts der hinlänglich bekannten Vorfälle ja nun auch wieder nicht. Doch dürfte das Zölibatsversprechen im Zweifel herzlich wenig dazu beitragen, den krankhaften Trieb des Kindesmissbrauchs zu unterdrücken, was übrigens für heterosexuelle Kirchenmänner ebenso gilt. Homosexuelle gleichsam unter einen Generalverdacht zu stellen, ist wenig christlich und zeigt, dass auch die anglikanische Kirche – trotz ihres meilenweiten Vorsprungs gegenüber dem Vatikan – noch immer nicht im 21. Jahrhundert angekommen ist. Die unvermeidlichen Gutmenschen wären, assistiert von den aufgebrachten Medien, längst auf die Barrikaden gegangen, würde man die unter Artenschutz stehenden Migranten und die sich besonderer Fürsorge erfreuenden „sozial Benachteiligten“ in solch klarer Form stigmatisieren. Übertrüge man die eigenartige Logik der anglikanischen Kirche auf andere Berufsgruppen, bedeutete dies etwa für Mediziner, dass dem Frauenarzt grundsätzlich sexuelles Verlangen als Motiv für die Behandlung seiner Patientinnen und dem Kinderarzt eine pädophile Neigung unterstellt werden müsste. Hier zeigt sich die Absurdität der Vermutung, Männer hätten ihre Libido nicht im Griff, nur weil sie nicht mit Frauen ins Bett gehen. Recht albern, oder? So bleibt der an sich bemerkenswerte kirchliche Vorstoß in die Moderne doch nur Stückwerk und gibt eher denen Auftrieb, die Schwule seit jeher für ungeeignet halten, höchste kirchliche Ämter zu bekleiden. Und auch Frauen hält die Mehrheit der evangelischen Geistlichen in England für ungeeignet. Dass etwa dem weiblichen Geschlecht die Bischofsweihe zuteil werden könnte, ist nach dem Abstimmungsergebnis des vergangenen Herbstes bis auf weiteres ausgeschlossen. Erst im November 2012 hatte die Generalsynode der anglikanischen Kirche einen entsprechenden Antrag abgelehnt. So muss sie sich immerhin nicht mit dem Problem befassen, wie sie es mit Lesben hält. Vor der Klärung einer delikaten Frage wird sie sich aber nicht drücken können: Was ist eigentlich mit bisexuellen Bischofsanwärtern? Fallen diese unter das Zölibat, oder nimmt man zu ihren Gunsten an, dass ihr Appetit auf Frauen die Oberhand behält? Der Teufel steckt wie immer im Detail…

Eine lesenswerte Kirchenkritik finden Sie auch auf dem Blog meines guten Freundes Hans-Udo Sattler unter dem Titel Brauchen wir die Kirchen noch?.


Tagged: Bischofsweihe, England, Homosexuelle, Kirche, schwul

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