Wie die Demokratie aus libertärer Sicht die Menschenrechte verletzt

Wie die Demokratie aus libertärer Sicht die Menschenrechte verletzt

Kann es Demokratie ohne Menschenrechte geben oder Menschenrechte ohne Demokratie? Diese Fragen mögen manche Menschen rhetorisch stellen, die von der üblichen Regierungsform der westlichen Welt überzeugt sind. Für sie gehören Demokratie und Menschenrechte zusammen, bilden Grundrechte doch einen elementaren Bestandteil der meisten Verfassungen, die als demokratisch angesehen werden und haben sie sich doch historisch möglicherweise gleichzeitig entwickelt. Der philosophische Naturrechtslibertarismus, der sich etwa mit dem Harvard-Philosophen Robert Nozick auf die historischen Anfänge der Menschenrechtsdiskussion stützt, bietet hier eine interessante Gegenperspektive: Unter der Voraussetzung, das die Zustimmung eines Einzelnen zu einem Staat nicht gegeben ist, kann eine Mehrheitsherrschaft die Menschenrechte gerade untergraben. Locke entwirft Selbsteigentum als ein Grund- bzw. Natur- oder Menschenrecht des Menschen. Nozick folgt ihm. Ein Mensch hat demnach Anrecht auf seine Freiheit (liberty), sein Leben (life) und auf seinen Besitz (estate), kurz sein Selbst-Eigentum (property). Ein Staat ist keine notwendige Bedingung für Naturrechte bzw. gerechtfertigte Ansprüche auf Gegenstände. Ein Robinson Crusoe, der auf einer einsamen Insel eine Hütte baut, hat einen Anspruch auf diese Hütte. Es gibt vor- und überstaatliche Ansprüche auf Gegenstände, die man sich legitim angeeignet hat oder die einem legitim übertragen wurde. Der Mensch darf mit seinem Eigentum machen, was er möchte und es jedem so übertragen, wie er es möchte. Heutzutage gibt es juridische Menschenrechte, die positiv formuliert sind, die also unter Umständen die Arbeit der anderen dafür voraussetzen, dass diese Rechte auch zur Geltung kommen. Das klingt zunächst plausibel, doch Nozick hat mit Kant ein interessantes Gegenargument gegen positive Freiheit: Kant sagt, wir sollten die Menschheit sowohl in unserer Person als auch in der Person jedes anderen niemals bloß als Mittel, sondern immer auch als Zweck betrachten. Wir sollten Menschen nicht bloß als Mittel betrachten. Das heißt, wir dürfen nicht einen Menschen opfern und seine Organe ausschlachten, um andere zu retten, es heißt aber auch, dass wir niemandem, der für sich selbst entscheiden kann, gänzlich vorschreiben dürfen, wie er zu leben hat, dass wir ihn nicht zwingen dürfen, dass er sich für die Verwirklichung der positiven Freiheit der anderen opfert. Muss ein genialer Mensch, der vielleicht ein super Chirurg wäre, aber die Chirurgie hasst und lieber professionell Klavier spielt seinen Berufswunsch des Musikers aufgeben und sein Berufsleben und vielleicht sogar seine Freizeit opfern? Die "positive" Freiheit würde hier das zerstören, was Freiheit ausmacht. Wir würden mit Kant sagen, dass wir nicht das Recht haben, ihn zu zwingen. Wir können ihn bitten. Wir können vielleicht mit ihm Kompromisse aushandeln - ihm etwa viel Geld in Aussicht stellen, was etwa in Kollektiven im Rahmen kapitalistischer Ressourcenallokation sehr gut funktioniert. Er könnte es als Gebot ansehen, zu helfen. Doch zwingen dürfen wir ihn nicht. Deswegen gibt es nach dem Naturrechtslibertarismus keine positive Freiheit, keine Menschenrechte, zu deren Verwirklichung andere gezwungen werden dürfen. Und so sind auch Steuern, die etwa den Lohn des Einen abgezogen werden, um anderen zu helfen, problematisch. Nach Nozick kommt staatliche Umverteilung obendrein hauptsächlich der Mittelschicht zu Gute, also nicht gerade den Bedürftigen. Wohlfahrtsökonomisch ist sie zudem oft ineffizient und sie impliziert Nettowohlstandsverluste. Man könnte auch so fragen: Warum darf Einen der Staat dazu zwingen, eine Steuer zu zahlen, die etwa einem Studenten aus gehobenen Verhältnissen zu Gute kommt, während man selbst dieses Geld vielleicht für eine Grundschule in einem Entwicklungsland spenden würde? Hat die Mehrheit das Recht, den Lohn und damit die eigene Arbeit nach eigenem Gutdünken zu nutzen? Nein und das Verhältnis zwischen Demokratie und Menschenrechten ist nicht so eindeutig, wie es zunächst scheint.


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