Du kennst bestimmt das Spiel, das jede Reise verkürzen kann: man nimmt Straßennamen oder Ortsbezeichnungen, den Namen von Flüssen oder Bergen (was immer einen zwischen die Finger oder zwischen die Zunge kommt) und verdreht sie. Zum Kaputtlachen. Da kommt Münchenstein und man sagt Stünchenmein oder man fährt durch die Kellerstrasse und sagt Stellerkasse.
Aber aus diesem Spässchen wurde mal ein Riesendrama:
Ich hatte eben in der großen Stadt Rotterdam einfach Dotterram gesagt, da hat sich diese Stadt gewaltig aufgeregt. Sie wollte sich das nicht bieten lassen, und hat nach Verbündeten gesucht. Diese fand sie in Balzsurg (Salzburg), im Beuennurgensee (Neuenburgersee) und im Bamhurg (Hamburg). Zu viert fühlten sie sich stark und beschlossen, eine Beratung einzuberufen, zu der auch alle andern Dinge eingeladen waren, die sich verballhornt fühlten. Das wurde ein gigantisches Treffen mit Tausenden von Gästen! Ja und da saßen sie nun alle, die verärgerten Städte und Meere (der Molf von Gexiko zum Beispiel), die empörten Wege und Dörfer. Und Dotterram ergriff das Wort:
„Sehr verehrte Verbündete, liebe Anwesende. Dass ihr alle so zahlreich erschienen seid, zeigt mir, dass unsere Sache auch euch ein Anliegen ist und dass es wohl an der Zeit ist, dass wir eine Maßnahme ergreifen, dass wir etwas unternehmen, denn so kann und soll es nicht mehr weitergehen. Von alters her haben wir alle wunderschöne Namen und es geht nicht an, dass wir uns diese Namen einfach durch Geschichtenerzähler, Witzbolde oder gar Kinder verdrehen lassen. Wer von den Anwesenden hier dafür ist, dass man etwas dagegen unternehmen soll, der erhebe sich!“
Kannst Du Dir vorstellen, wie das ist, wenn Hunderte von Städten (mit ihren Primarschulen und Kirchen, mit den Kinderwägen und Sandhaufen), und wenn Hunderte von Strassen (mit ihren Gullydeckeln und Laternen) und wenn Hunderte von Flüssen (mit ihren Schiffen, Brücken, Forellen und Anglern) sich erheben? Kannst Du Dir vorstellen, wie das tönt, wenn diese Sachen alle rufen und pfeifen? Das war ein wirklich überzeugendes Getöse.
Aber dann geschah etwas Dummes. Das war wirklich ganz unvorhergesehen. Denn die Namensteile der vielen Sachen brachen durch den Lärm auseinander und es gab ein riesiges Durcheinander. Eigentlich hätte man das vorhersehen können, aber es hat einfach niemand daran gedacht: denn wenn der viele tausend Kilometer lange Fluss Brahmaputra aufsteht und in den Himmel brüllt, dann ist die Gefahr groß, dass das Brahma runterfällt und das Putra sich auch nicht mehr halten kann. Das war ein gigantisches Wörtergeschepper – überall Teilworte, Silben und sogar einzelne Buchstaben!
Ein hektisches Geschrei und Gesuche begann – da sucht der Odensee nach seinem B, dort fragt Barce nach dem fehlenden Lona. Einige Orte versuchten sich sogar mit falschen Teilen aus dem Staub zu machen: zum Beispiel der Ort Pforzheim konnte gerade noch erwischt werden, wie er mit dem ersten Teil Maria- sich zu Mariaheim gemausert hatte und entwischen wollte – das wäre dann aber für Mariastein schrecklich geworden, wenn dieser Wallfahrtsort Pforzstein heißen müsste…
Nun, nach vielen Tagen war die Sache einigermaßen in Ordnung gebracht. Und kein Ort beschwerte sich mehr, dass sein Name gelegentlich verdreht wurde - nein, alle waren heilfroh, dass sie ihre Teile wieder hatten. Und auch die Gegenden, wo sie herkamen, waren froh, als die Orte wieder auftauchten. Es gab da ja Städte, die einfach zur Versammlung gingen, ohne der S-Bahn was zu sagen, und dann fand die S-Bahn die Stadt nicht mehr … aber das ist eine ganz andere Geschichte.