Nun ist auch das vierte Kreuz im Kalender gesetzt. 4 von 6 Trainingswochen des Vorbereitungsplans für den ersten Saisontest beim Berlin Halbmarathon sind geschafft. Selten habe ich innerhalb einer Trainingswoche so viele unterschiedliche Emotionen verspürt. Es war eine regelrechte Gefühlsachterbahn. Sowohl Lethargie, Schlappheit und schlechte Laune, als auch Motivation, Euphorie und „high feelings“ waren dabei. Erstere Gefühlszustände sind wie bereits in den beiden vergangenen Trainingstalks angesprochen, dem Ketose-Experiments geschuldet. Nun ja, schauen wir einfach mal in die Woche rein. Wer will liest wieder mit
Der 1. Entgegner “Ketonator“…
Zuerst die Kurzfassung: Unglaubliche Emotionsachterbahn. Harte Schwelleneinheit. Mit (Fast)-Abbruch.
Die ausführliche Version:
Eieiei! Das war was am Dienstag. Ich untertreibe nicht, wenn ich sage, dass das bisher die härteste „Challenge“ war. Zumindest kann ich mich an keine Einheit mit ähnlicher Gefühlsachterbahn erinnern.
Es fing schon morgens an. Die Beine waren schwer. Alles fühlte sichte träge an. Hinzu kam ein unterschwelliges Magengefühl. „Oh man nicht heute“, dachte ich mir. Nicht heute am Tag, wo eine weitere Schlüsseleinheit in Form von Intervallserien anstatt. Kurze Überlegung ob ich es sein lassen soll?!
“Nein jetzt ziehst du’s halt durch”. Also machte ich mich warm. Kurze schnelle Rollbewegungen auf der Schaumstoffrolle und ein paar Minuten auf der Radrolle zum „reinkommen“. Nur irgendwie kam ich nicht rein… Dann ging es raus. Erst einmal wie gehabt ein paar Meter gehen. Dann START. Und wieder: Der komplette Beinapparat fühlte sich an, als wenn Bleimanschetten angebracht sind. Nach 10 Metern stoppte ich. „Okay ich glaub ich lass‘ es sein“. (Nach 10 Metern!!!)
Kurzer Schwenk. „Ne ey! Das kannst du dir hier nicht geben“, fluchte ich innerlich. Der weitere Tagesablauf ist eh schon verplant. Nachmittag lernen. Abends Kraft-Athletik. Noch eine Chance für einen 2. Versuch gibt’s heute nicht.
„Verdammt“ Ich ziehs jetzt durch!!!” Ich feuerte eine Serie innerlicher Flüche ab
“ Shut up legs, Shut up Legs….“
Die 20 Minuten einlaufen waren grausam. Eigentlich war das Wetter echt nice. Sonne. Angenehm warm. Kein Wind. Vogelgezwitscher. Und dann son Typ der mitten im „Ketose“-Umstellungsprozess seine Grenzen kennenlernen will. Nun ja, schon ulkig. Denn jetzt ging der ganze Spaß ja erst richtig los. Wenn ich ganz ehrlich bin, war eine Serie aus 8x 1000 Meter+8×400 Meter+4×200 Meter geplant. So ein „Brocken“ konnte ich heute unmöglich stemmen.
Screenshot des Intervalltrainings vom Dienstag (Daten aus Sigma Datacenter gezogen)
Man muss auch realistisch bleiben und auf die Körpersignale hören – okay auch das bis dato ignorierte…Also dann: Kurzerhand formte ich die Einheit wie folgt um: 90Sek im 400m Tempo – gefolgt von 60 Sekunden Pause passiv, um dann noch einmal 30 Sek. All Out zu sprinten. Das Ganze 7 Mal hintereinander. Allerdings musste ich beim 6. Und 7. Durchlauf die 90 Sekunden auf 60 verkürzen. Der Tank war komplett leer. Die Pumpe auf Anschlag. Beziehungsweise die Beine nicht mehr in der Lage noch einmal das Tempo zu forcieren.
Tja was für eine Trainingseinheit! Nach den letzten 30 Sekunden All Out ging’s fast schon taumelt in Richtung Wasserflasche. Die hatte ich hinter einem Baum am Rand desWaldweges versteckt. Ohha! Während der 10 Minuten Auslaufen nach Hause kam dann so langsam die andere Gefühlsseite in mir hoch. „Mensch ey du hast es durchgezogen! Heute war es so richtig fies! Aber hey WE did it!“.
„Sport ist einer der wenigen ehrlichen Maßstäbe im Leben. (…) Manchmal ist er gnadenlos ehrlich. An anderen Tagen absolut fantastisch“
Jo. Unterschrieben. Genau an diese Zeile von Jan Frodeno aus seinem Motivationsvideo, musste ich während der Einheit denken.
Damit habe ich jetzt also die Bestätigung. Der Tank – sprich die Glykogenspeicher sind nun vollständig entleert – und die allmähliche Umstellung von Glukose zu Ketonkörper ist im Gange! Es wird wohl noch weitere Tage dauern, bis ich den „Berg“ überwunden habe. Man sagt so ca. 1-2 Wochen brauch der Körper, um auf Ketose umzuschalten.
Ohne Zeitmanagement geht’s nicht
Zum Glück hatte ich in der Vergangenheit mal an einem Seminar für Zeit,- und Stressmanagement teilgenommen. Es ist gar nicht so leicht das den Uni-Alltag mit dem Sport zu vereinbaren. Es ist ja nicht nur so, dass man 1-2 Mal seinen Fitnesskurs oder das Gym besucht. Nein ein ganzheitlicher Trainingsplan umfasst sowohl das spezifische Lauftraining, als auch Alternativeinheiten auf dem Rennrad und in der Schwimmhalle. Hinzukommen Kraft, – und Athletiksessions sowie die notwenigen Vor,- und Nachbereitungseinheiten in Form von Ausdehnen und Faszien-Rollen. Da kommen gerade jetzt in der Spitzenzeit der Wettkampfvorbereitung für den Berlin Halbmarathon schnell mal 15-17 Stunden Training pro Woche zusammen.
Um so wichtiger demnach ein gut ausgetüfteltes Zeitmanagement. In diesem Zusammenhang ging’s am Mittwoch so richtig zur Sache. Es standen 2 Athletikeinheiten, ein lockerer Lauf und 2 Prüfungen für meinen Master an. Zwischendurch noch Essen schnibbeln und einen kleinen „powernab“, um vor den Klausuren wieder ausgeruht zu sein. Ohne Trainingsplan würde es nicht gehen. Ich müsste einfach zu lange tüfteln. wie ich es nun am effektivsten umsetze. Ebenso bei der Ernährung. Da ich ja zur Zeit das Experiment „Ketose-Umstellung“ teste, bedarf es schon einiger Vorabplanung, was für die nächste Mahlzeit auf den Teller kommt. Aber auch das lässt sich z.B. gut mit Excel im Voraus planen. So weiß ich dann genau, welche Zutaten bei der jeweiligen Mahlzeit eingeplant sind und muss einfach nur noch alles zusammenklamüsern
Kurze Randnotiz zum lockeren Regernations-Lauf – (Rekom, Puls zw. 65-70%Hfmax) vom Mittwoch Abend.
Meiner Meinung nach wird in dieses Trainingsinstrument ZU VIEL reininterpretiert. Ohne Frage er darf nicht fehlen. Aber die vielen Funktionen z.B. Verbesserung der Grundlagenausdauer oder die submaximale Kontraktion der Muskeln kann man auch mit Ga1 Läufen gut trainieren. Ich nutze Rekom-Läufe bis maximal 45-50 Minuten wirklich primär zur Aktivierung des Sauerstofftransports nach härteren Trainingstagen. Natürlich kurbelt es ein wenig den Fettstoffwechsel an. Das war‘s dann aber auch. Und wirklich viel Spaß machen sie ja auch nicht. Dafür ist das Tempo einfach zu niedrig.
Das Experiment „Alles ketogen bei dir?!“
„Jo und bei dir? Alles ketogen? Oder verbrennst du noch Kohlenhydrate?“ So war der Slogan die Woche.
Vorweg genommen: Die Woche war auch ernährungstechnisch wieder hart.
Weil es im Durchschnitt nur noch 25 Gramm, von Donnerstag bis Sonntag sogar weniger als 20 Gramm, Kohlenhydrate am Tag gab. Bereits allein diese extreme Form der „Low-Carb“-Diät – also Ketose-Umstellung – ist für sich schon hart genug. Verstärkt wird der Effekt dadurch, dass ich vorher sehr viele Kohlenhydrate in Form von entweder Fruchtzucker (Banane, Trockenfrüchte etc.) oder stärkehaltige Kohlenhydrate wie Kartoffeln und Nudeln gegessen habe. Wenn ich das so überschlage, müsste ich täglich LOCKER über 300 Gramm Kohlenhydrate gekommen sein. Also mehr als das 300%-fache der jetzigen Menge in der Ketose. Krass!
Zusätzlich zu Fachartikeln und Videos zur Ketose an sich, half mir das aktuelle Beststeller Buch von Dr. Feil. – Die F-AS-T Formel, das Prinzip des Trainings,- und Ernährungskonzepts mit leeren Kohlenhydratspeichern noch besser zu verstehen. Um nur mal ein Fakt heraus zu greifen.
ZUCKER! Diesen habe ich ja demnach stetig und jeden Tag meinen Körper zugeführt. Die Glykogenspeicher waren dadurch wohl notorisch immer voll. Und das freut mein Körper natürlich. Hat er genügend Energie in Form von Kohlenhydraten im Muskel, muss er nicht mühsam an die Fettreserven (hoher Energieaufwand bedeutend) gehen. Er kann quasi ganz „gechillt“ sein Programm abspulen. Zwar quälte ich mich selbst im Training, nicht aber meinen inneren Kompanen, der für sämtliche Trainings und Ernährungsprozesse zu ständig ist. Jetzt hat sich das Blatt um 180Grad gedreht.
Ohne jegliche Energie, die er aus den Muskelzellen holen könnte, MUSS er langsam den Fettstoffwechsel ankurbeln. Anders bekommt er aktuell keine Energie mehr von mir zur Verfügung gestellt. Das findet er überhaupt nicht cool und bestraft mich in Form von recht eindeutigen Körpersignalen: Schlappheit, Konzentrationsschwäche und sogar Trainingsunlust. Ziemlich fies!
Jetzt wo ich diese Zeilen abtippe bin ich seit 11 Tagen mit unter 40 Gramm Kohlenhydrate dabei. Wie gesagt auch mit besonders tiefen Tageslimits von maximal 20 Gramm. Selbst an Tagen intensiven Trainings. Selbst für mich klingt das Ganze Unterfangen noch immer leicht suspekt.
Aber ich vertraue den fundierten Erkenntnissen der Wissenschaft und den vielen vielen positiven Erfahrungsberichten. Gerade erst vorhin bin ich beim Schmöckern in der F-AS-T Formel auf eine Studie gestoßen, wo es darum ging, dass Radfahrer 6 Wochen lang im Training begleitet wurden. Die eine Gruppe mit, die andere ohne Kohlenhydratzufuhr vor und während der Trainingseinheiten. Natürlich war die Kontrollgruppe mit Kohlenhydratzufuhr deutlich leistungsfähiger. Allerdings zeigte sich ein erstaunlicher Effekt. Am Ende der 6 Wochen mussten beide Gruppen noch einmal Wettkampfleistungen erbringen. Diesmal gab es auch Kohlenhydrate für die „low-carb Gruppe. Und siehe da: Die Radfahrer, die in den 6 Wochen strikt auf nüchternem Magen (~Ketose) trainierten waren nun leistungsfähiger, als die „Normalo-Trainingsgruppe“. Aus diesem Grund bin ich mal gespannt, was das Kohlenhydrat-laden 1-2 Tage vor dem Berlin Halbmarathon bringen wird. Was wird wohl mein Fazit nach dem Wettkampf sein? Ich bin schon sehr gespannt!
Allgemein sagt man, dass der Anpassungsprozess des optimierten Fettstoffwechsel als Folge von Low carb 4 bis 6 Wochen dauern kann. Wenn die Spritzigkeit beim Berlin Halbmarathon also nicht ganz am Start sein sollte, gibt’s den nächsten versuch dreieinhalb Wochen später beim RBB-Drittelmarathon in Potsdam.
1. Lichtblick im „Ketose-Tunnel“?
Ketose-Tunnel. Fiel mir grad so ein der Begriff. Warum der Tunnel Vergleich? Nun wie ich ja nun schon ausreichend beschrieben habe, ist der Trainingsalltag zur Zeit etwas tückisch. Die sonst so scheinbar unendlich große TrainingsGIER versteckt sich im Moment. Halt im Ketose-Tunnel. Der Körper will einfach noch nicht einsehen, dass es auch in nächster Zeit weiter mit dem „train low- compete high“-Prinzip geht.
Freitag standen gleich 2 Laufeinheiten an. Die erste direkt nach dem Aufstehen. Schnell einen kleinen Kaffeshot mit etwas Kokosöl und raus ging‘s in den Nebel zum Techniklauf. Genauer gesagt Berganläufe bei moderaten Tempo. Durch den Anstieg ist man gezwungen, den Kniehub aktiv einzusetzen. Gleichzeitig läuft man bergan automatisch kürzere kraftvollere Schritte. Der Sinn besteht somit einmal in der Ökonomisierung des Laufstils und gleichzeitig zur Vorbereitung bzw. „Erwärmung“ für das eigentliche Intervalltraining ein paar Stunden später. Der Körper soll sich den Reiz des effektiven Laufstils merken und direkt beim schnellen Laufen adaptieren. So zumindest die Theorie. Klappt aber auch ganz gut. Diesen Tipp habe ich von Christian König – Sub2:19 Marathoner und aufstrebenes Deutsches Lauftalent.
Kommen wir nun also zum erwähnten „1. Lichtblick“. Das Feeling bzw. Fazit vom Schwellentraining am Freitag. Das fiel nämlich wie folgt aus:
„fresh! – Anpassung langsam vollzogen“,
notierte ich mir in mein Trainingstagebuch. Die 3×10 Minuten an der anaeroben Schwelle waren hart. Richtig hart. Aber ich konnte das Pensum durchziehen. Diesmal musste ich nicht wie am Dienstag vorzeitig abbrechen. Und man bedenke, dass ich nun seit mehreren Tagen unter 25 Gramm Kohlenhydrate im Durschnitt liege. Der „Tank“ muss nun dementsprechend leer sein. Dennoch nun diese intensive Trainingsleistung. Diese erste Erkenntnis fand‘ ich schon mal sehr aufregend! Ich werde weiterhin berichten. So stay tuned, wenn es dich interessiert
Samstag stand nur ein lockerer Regenerationslauf an. Nicht weltbewegendes. Einfach ein paar Kilometer sammeln und dabei entspannen.
Sonntag – Variationn des langen langsamen Laufs
Jeder läuft nutzt ihn. Meist findet er am Sonntag statt. Der lange (langsame) Dauerlauf bei einer Belastung von ca. 70-80% der maximalen Herzfrequenz. Doch der lange Lauf muss nicht immer so eintönig ablaufen. Hierfür hat Marcel Bräutigam sein Trainingswissen in einem interessanten Artikel zusammengetragen – 5 verschiedene Möglichkeiten des langen Laufes
Für mich hieß es heute SLDL – Schneller langer Dauerlauf. Ich zitiere von Marcel:
“Bei dieser Trainingseinheit läuft man von Anfang bis Ende ein sehr hohes Tempo (85-88% der max. HF).
Das heißt das Tempo sollte dauerhaft 10-20 Sekunden über der Renngeschwindigkeit des Marathons über eine Länge von 25-35 Kilometern liegen.
Dennoch sollte auf den Körper gehört werden, um sich von dieser Einheit nicht “abzuschießen” bzw. über seinen Verhältnissen zu leben, da dies größere Auswirkungen auf die nächsten Trainingswochen haben kann.
Nach dem harten Training sollte sich im Anschluss ganz locker 2-3 Kilometer ausgelaufen werden, besser wäre sogar 30min Rennrad oder Ergometer.”
Die Einheit lief ich wieder am Morgen ohne vorher etwas gegessen zu haben. Lediglich eine Flasche Wasser, versetzt mit 2 Gramm Salz, sollte eine abermalige Dehydrieung (Erinnerung an den letzten Sonntagslauf) verhindern.
So ich glaub’ ich komm jetzt auch mal besser zum Ende. Jetzt wird sich erst einmal regeneriert. Morgen ist Ruhetag.
Wir hören uns wieder. Ahoi!