Werk ohne Autor [Film]

Als ich das erste Mal „Das Leben der Anderen" gesehen habe, war ich regelrecht sprachlos. Ich dachte mir damals: „wow, wie kann ein DEUTSCHER FILM nur so gut sein!?" Der Film hatte wirklich alles ... eine tolle Story, gutes Setup, tolle Schauspieler und eine schöne Kameraführung. Und darüber hinaus was es der erste Langspiel-Film vom Herrn Henckel von Donnersmarck, wo er sogar das Drehbuch in absoluter Abgeschiedenheit in einem Kloster verfasst hat!

Ich kann mit Fug und Recht sagen: „Das Leben der Anderen" ist in meinen Augen der BESTE Deutsche Film überhaupt! (und als Österreicher muss ich auch zugeben, dass dieser auch besser ist als der österreichische Oscar-Film „Die Fälscher").

Und als ich damals, mit großer Vorfreude „The Tourist" im TV gesehen habe, war ich doch entrüstet. Trotz der Superstars der Superlative, plätscherte der Film einfach so dahin und das Ende, welches ein Super-Mind-Blow werden sollte, konnte ich dies nur müde mit einem Achselzucken vernehmen. Kurz gesagt, ich war wirklich enttäuscht. Und Herr Donnersmarck anscheinend auch. Denn danach herrschte lange Zeit Funkstille.

Bis jetzt! Vor einigem Monaten entdeckte ich auf imdb.com, dass er wieder einen Film in die Kinos bringen wird. Ein deutscher Film! Und gestern war es soweit; die Kino-Tickets gekauft (davor noch was gutes gegessen) und das Feuerwerk konnte beginnen.

Der erste Schock kam schon in der ersten Film-Minute, aber nicht vom Film selbst. Denn ich und Yvonne waren DIE EINZIGEN im Saal! Am Tag davor war sogar Kino-Start und das Kino an sich war gut besucht. Aber nur ich und Yvonne steuerten auf den Saal ohne Autor zu, während die anderen (mit hoher Wahrscheinlichkeit) eher „Rich Crazy Asians" angesteuert haben.

Der Film dauerte ÜBER DREI STUNDEN! Am Anfang hat man die Überlänge gar nicht so gemerkt (also, während des NS- und des DDR-Akts), aber als sie in der BRD angelangt sind, dann stockte der Film doch etwas.

Sebastian Koch als (Ex)NS-Arzt Prof. Carl Seeband möchte ich hier doch besonders hervorheben. Was für ein (toller) egositischer Arsch! Ein besorgter (?) Vater und doch skrupel- und seelenlos. Im Nachhinein betrachtet ist er ein gelungenes Beispiel für das deutsche Böse. Ein Mensch ohne Ethik, der nur durch sein perfektes Können sich durch das Leben schummelt. So wie damals viele (Alt)Nazis.

Die vielleicht prägendste und am häufigsten zitierte Szene war wohl jene, als der Professor Kurt's Tante Elisabeth zuerst in die Hölle, und dann in den Tod schickte. Und zwar jene Szene, als sie sich demütig auf seine Schuhe warf und dabei eine Träne auf seine perfekt polierten Schuhe verlor. Als sie schreiend und mit Papa-Rufen aus dem Zimmer gezerrt wurde, bemerkt der Arzt diese Träne auf seinem Schuh. Gleichgültig, ja geradezu angewidert holt er sich sein Taschentuch und wischt diese ohne zu zögern weg. Dann aber doch ein leichtes zögern? Aber nur um zu entscheiden, was mit diesem „beschmutzten" Tuch zu tun sei? Natürlich, in den Müll damit! Eine traurige, aber doch schön-gelungene Metapher. Ein Leben, eine Seele ... in den Müll.

Davon gibt es einige im Film. Wie die Szene, als Kurt in der Schilder-Fabrik freihändig, ohne [politische] Schablone arbeitet. Ja, aber davon allein wird ein Film auch kein Meisterwerk. Es gibt schöne Momente und tolle Bilder, die diese einfangen. Und doch saß ich auf meinem Sessel und ertappte mich, wie meine Gedanken des öfteren abgeschweift sind. Und dann Kunstwerke, eine Sexszene, wieder Kunst, nackte Haut, Zweifel und ... natürlich noch eine erotische Beischlaf-Szene. Es gibt wahrlich nichts schöneres, als mitanzusehen, wie sich zwei nackte Körper beim Koitus wie Schlangen herumwälzen. Oder danach nackt auf diesen Körper zu verharren. Aber nackt müssen sie sein.

Und trotz der über 3 Stunden, als plötzlich das Ende am Busbahnhof mit dem Hupkonzert kam. Ich meine ... das Ende kann man UNMÖGLICH mit einem so perfekten wie passendem Ende wie in „Das Leben der Anderen" vergleichen!

Wurde der Stiefvater und Ex-Nazi eigentlich erwischt? Von Kurts Bildern ja, das schon, aber sonst? Oder gab es einen Spontan-Urlaub nach Argentinien, wo er viele alte Bekannte wieder getroffen hat?

Tom Schilling hat seine Rolle mehr als solide gespielt, wie Paula Beer als seine Frau oder Saskia Rosendahl als seine Tante. Aber Sebastian Koch's Rolle hat wohl alles mit seiner Dunkelheit und Bösartigkeit „überstrahlt".


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