Werden dicke Kinder zurecht schlechter benotet?

Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich diesen Wissenskommentar auf der Webseite der Presse las.  Kurt Kotrschal, seines Zeichens Zoologe an der Uni Wien und Leiter der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau sieht einen direkten Zusammehang der Tatsache, dass dicke Kinder schlechter in Mathematik benotet werden und ihrem Körpervolumen. Seine Lösung ist ganz einfach: Bewegung begünstigt die Entwicklung von Eigenschaften wie Impulskontrolle, Ziele verfolgen, Verlässlichkeit, und so weiter, also der sogenannten “exekutiven Funktionen“. Wer sich nicht bewegt, lernt diese nicht und kann so natürlich nicht gut in der Schule sein. Somit werden dicke Kinder, weil sie ja per se bewegungsfaul sind (wären sie sonst dick?) zurecht schlechter benotet. Punkt und Ende der Beweisführung.

Die soziologische Studie, die Herr Kotrschal hier deutet, ermittelte aber nicht den Zusammenhang zwischen Bewegung und Noten, sondern lediglich zwischen Körperform und Noten. Herrn Kotrschal Interpretation ist eine Generalverurteilung dicker Kinder als per se Beweungsmuffel, was einfach nicht stimmt. Ich kenne sehr wohl dicke Kinder, die gern schwimmen, radfahren, Fußball spielen, tanzen und im Gegenzug auch zahlreiche dünne Kinder (vor allem Mädchen in der Pubertät), deren Bewegungsdrang sich in Grenzen hält. Die Körperform (von Muskeln abgesehen) kann nicht als alleiniger Indikator dafür gelten, ob sich ein Kind jetzt gern und viel bewegt oder nicht.

Herr Kotrschal sieht sich selbst auch als jemand, der ohne Bewegung als “dicker Bildschirmjunkie” aus der Pubertät gekommen wäre und dass nur die Bewegung in der frischen Luft ihn davor bewahrt hat. Der weitere Inhalt des Artikels mit seinen Schlussfolgerungen lässt vermuten, dass Herr Kotrschal primär alle dicken Menschen, die viel vor Bildschirmen sitzen (und viele, gerade auch geistig anspruchsvolle Berufe verlangen das heute von den Menschen) so einschätzt, dass es ihnen an Verlässlichkeit, Impuslkontrolle usw… mangelt. Im Gegenzug müssten alle dünnen Sportler super Zeugnisse haben und wer die Reaktionen von durchtrainierten Fußballspielern, die sich viel an der frischen Luft bewegen und keinesfalls “dick” sind beobachtet, wenn sie eine gelbe/rote Karte bekommen (und denken, diese wäre nicht gerechtfertigt), der fragt sich zurecht, wo hier die “Impulskontrolle” ist, von der sie ja laut Herrn Kotrschal jede Menge haben müssten….


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