Wer schreit als erster “Kommunismus”?

Die Tagesschau meldet heute, daß das DIW eine Zwangsabgabe zur Bekämpfung der Staatsverschuldung empfiehlt. Und tatsächlich findet man auf der Homepage des DIW eine entsprechende Meldung:

Zwangsanleihen und einmalige Vermögensabgaben auf höhere Privatvermögen könnten zur Refinanzierung und zum Abbau der Staatsschulden in Europa herangezogen werden, ohne dass eine Dämpfung der Konsumnachfrage zu befürchten wäre. Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ergeben für Deutschland ein Aufkommen von etwa 230 Milliarden Euro bei einer Abgabe von 10 Prozent auf private Vermögen über 250 000 Euro. Betroffen wären die reichsten acht Prozent der Bevölkerung. Vermutlich lassen sich in den europäischen Krisenländern auf diesem Weg ebenfalls erhebliche Einnahmen erzielen.

So ist dort zu lesen. Lassen wir uns das einmal auf der Zunge zergehen. Da ist ein Institut, das ineiner teilweisen Enteignung der reichsten 8% eine mögliche Lösung für die aktelle Krise sieht, und dieser Vorschlag schafft es zur Tagesschau, wird also wahrscheinlich von einem größeren Publikum wahrgenommen. Das könnte dazu führen, daß die Luft für alle “Leistung muß sich lohnen”-Fanatiker dünn werden könnte.

Vielleicht handelt es sich um ein Indiz für ein Umdenken in der Gesellschaft, das sich seinen Weg nach “oben” bahnt: Weg vom Leistungsprinzip, von der Eigenverantwortung (die uns unter anderem Hartz IV gebracht hat) und hin zum Solidaritätsprinzip.

Solidarität war ja in den letzten Jahren, nach dem Ende des “real existierenden Sozialismus” nicht sehr populär. Zu offensichtlich waren die negativen Seiten. Wenn Leistung sich nicht lohnt, Eigeninitiative verdächtig macht, dann sehen viele sich vor, nicht zu viel zu leisten und nicht zu viel Initiative zu zeigen. Es ist einfach ungesund, anders lebt es sich besser.

Statt dessen hat in den letzten Jahren das Leistungsprinzip Erfolge gefeiert – naja, es wrde bejubelt, der Erfolg sieht am Ende nciht weniger mau aus. Noch ne Weile weiter wie bisher, und die BRD sieht auch nicht anders aus als die DDR zum Schluß, sogar die Überwachungsgesetze werden immer umfassender.

Das Leistungsprinzip allein führt immer weiter in die Richtung, daß die Starken stärker werden und die Schwachen schwächer. Bei abnehmender Solidarität vergrößert sich nebenbei das Elend der Schwächsten (was dann auch wieder zu Revolutionen führen kann, aber so weit sind wir noch nciht, und ich glabe nciht, daß wir das wollen – Revolutionen haben oft die unschöne Angewohnheit, nen gewissen Blutzoll zu verlangen).

Übrigens nimmt die Zahl der Starken immer weiter ab, während die Zahl der Schwachen zunimmt. Jeder Wettbewerb ist auch ein Verdrängungswettbewerb. Und das bedeutet schlußendlich: Es kann nur einen geben (oder ne kleine Clique).

Der Vorschlag vom DIW ist insofern bemerkenswert, als daß es quasi bedeutet, daß die Starken von ihrem Reichtum (und Reichtum bedeutet auch Stärke) abgeben sollen, um die Schwachen zu stärken. Das System wird quasi umgedreht.

Sowas provoziert natürlich Widerspruch. Ich erwarte, daß es nciht lange dauert, bis die ersten, die sich für stark halten, “Kommunismus” rufen, also gerade auf die Unzulänglichkeiten eines rein solidarischen Systems hinweisen, um ihren Reichtum zu bewahren.

Wie man das nun bewertet mal dahin gestellt, es verstößt jedenfalls nicht gegen das Grundgesetz. Dort steht nämlich in Artikel 14, Abs. 2:

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Das DIW scheint allerdings nur von einer einmaligen Abgabe zu sprechen. Ich denke, man könnte dies durchaus institutionalisieren um dadurch ein Gleichgewicht zwischen Leistungs- und Solidaritätsprinzip zu halten. Dabei sollte Leistung sich lohnen und derjenige, der mehr leistet auch mehr haben als derjenige, der weniger oder nichts leistet (sei es, daß er nicht kann, sei es, daß er nicht will – überhaupt: Wer definiert, was als Leistung zählt und was nicht? Kindererziehung und Haushalt zählte bis vor kurzem nicht dazu!). Andererseits sollte sich aber nicht so viel Reichtum bei einigen wenigen ansammeln, daß es zu einem Verdrängungswettbererb kommt.

Geld muß umlaufen, das ist eine Binsenweisheit. Also muß man auch dafür sorgen, daß es allen Menschen zur Verfügung steht, damit diese es asgeben können – und es weiter umläuft.

Vor einiger Zeit hatte ich mir auf meinem eigenen Blog Gedanken dazu gemacht, ob Einkommen und Vermögen ab einer gewissen Höhe als Abgabe an den Staat (und damit die Allgemeinheit) die Situation verbessern können, in der wir uns derzeit befinden. Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee. Es ist schön zu sehen, ähnliche Ideen in der Berichterstattung eines Mainstream Mediums wiederzufinden.


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