Wer die Parteibasis nicht fragt, wird sie verlieren

Der Bundespräsident hat CDU und FDP dafür kritisiert, den Atomausstieg vollzogen zu haben, ohne in dieser weitreichenden Frage und Kursänderung ihre Parteien zu Fragen. Im Gegensatz dazu hätten die Grünen einen Sonderparteitag einberufen, um sich für ihr Abstimmverhalten ein Votum von den Delegierten einzuholen.

Wer die Parteibasis nicht fragt, wird sie verlieren

Die Antworten der CDU- und FDP-Spitzen auf Wulffs lassen tief blicken. Die CSU bagatellisiert die Bedeutung von Parteitagen prinzipiell, weil da "nur Funktionäre und Mandatsträger" abstimmen dürften (FAZ). Damit kritisiert die CSU vor allem ihre eigene Funktionsweise und dürfte Stirnrunzeln in ihren Stammtischen auslösen.
Noch schlechter finde ich die Antwort von CDU Fraktionschef Kauder. Man habe als RIchtschnur für die Koalition die Ethikkommission eingesetzt. Und in den Kreisverbänden sei auch ohne Parteitag genügend diskutiert worden.. Die CDU-Fraktion sei außerdem "wie nie in die Ausarbeitung des Konzepts eingebunden gewesen." Ein verblüffend naiver Hinweis darauf, dass die Gesetzeskonzepte normalerweise von den Lobbyisten erarbeitet werden.
So sehen das auch einige FAZ-Leser in den Kommentarspalten. Darunter vermutlich viele frühere CDU-Stammwähler. Es gibt aus Sicht eines einfachen Parteimitgliedes nichts ärgerlicheres als wenn in seinem Verband nie über Politik diskutiert wird und die entscheidenden Fragen nicht mitbestimmt werden dürfen. Und wenn auf Parteitagen an die "Geschlossenheit" der Delegierten für die Leitanträge des Vorstandes appelliert wird.
Merkel macht es wie Schröder und wird dabei den Rückhalt in ihrer Partei verlieren. Es ist ihnen bereits zu viel, all die Lobbygruppen um sie herum unter einen Hut zu bringen. Da kann man sich nicht auch noch um die eigene Basis kümmern. Von jedem Spitzenpolitiker bleibt nach seinem Karriereende eigentlich nur eine große Tat oder großes Wort übrig. Bei Schröder war es sein Nein gegen den Irakkrieg. Von Wowereit bleibt "Und das ist gut so." Von Merkel bleibt der Sturz Kohls während der Parteispendenaffäre. Hartz IV brachte Schröder und die SPD zu Fall und löste die Gründung der WASG aus. Merkel wird über den Atomausstieg fallen, den sie in fatalem Irrtum als eine Demonstration ihrer Führungsqualität und -stärke ausgelegt wissen will. Doch ihr fehlt es an Statur, um ihr Parteivolk ihr blind folgen zu lassen.
Die CDU kann für die Zeit nach Merkel planen. Wer sagt, dazu fehle es an Alternativen, die seien schließlich alle abgesägt oder frustriert woanders, könnte sich irren. Denn deren Reputation muss beim Parteivolk deshalb nicht gelitten haben.


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