Wenn Hunde ihre Herrchen fressen

Wenn Hunde ihre Herrchen fressen

Innerhalb der sozialen Gemeinschaft frisst man sich nicht. Menschen tun das nicht untereinander, und die wenigen Ausnahmefälle, in denen es doch vorkommt, rufen Emotionen zwischen grausiger Faszination und blankem Abscheu hervor: Die Überlebenden des Flugzeugabsturzes in den chilenischen Anden oder Jan O., der an seinem Opfer knabberte.

Auch ihre Haustiere essen Menschen nicht, obwohl viele von ihnen ein Kaninchen in Bratenform wiederum nicht verschmähen. In der Tierwelt ist das nicht anders: Hunde jagen zwar Katzen und Kaninchen, dennoch können sie in Gemeinschaften auch friedlich zusammenleben, und das nicht nur unter den Fittichen des Menschen, sondern auch in freier Wildbahn: Es gibt Fälle, wo Füchse mit Kaninchen eine Bauanlage teilen oder Wölfe mit Raben leben, wie Hundepsychologe Thomas Riepe erläutert. «Da herrscht Burgfrieden. Das ist evolutionsbedingt ganz logisch, denn wenn sie sich gegenseitig töteten, würden andere Raubtiere das riechen und der eigene Nachwuchs wäre gefährdet.»

Daher würde ein Hund auch niemals die Menschen um ihn herum als Nahrungsquelle wahrnehmen. Doch Rechtsmediziner kennen andere Fälle. Professor Hansjürgen Bratzke, Chef der Frankfurter Pathologie, erinnert sich noch an den abgenagten Menschenschädel, der ihnen im Studium als Anschauungsexemplar gezeigt wurde. Sein Kollege Michael Tsokos hat das makabre Thema kürzlich in einem Fachmagazin wieder aufgegriffen.

Warum Rechtsmediziner die Todesursache vereinsamter Menschen feststellen müssen

Es gehört zu den unangenehmsten Seiten des Pathologenberufes, bei zersetzten Leichen die Todesursache feststellen zu müssen. Wenn in Großstädten völlig vereinsamte Menschen sterben, merkt das häufig tage-, wochen- oder sogar jahrelang niemand. Es fällt erst auf, wenn der Verwesungsgeruch unter der Tür hervordringt. Dem Desinteresse am Nachbarn sind keine Grenzen gesetzt. Professor Bratzke berichtet von einem Fall, in dem die Nachbarn mit Klebeband den Türschlitz verschlossen, weil schon Maden darunter hervorkrochen.

Gerade im Sommer schreitet die Verwesung rasend schnell voran, «wenn die Leiche für Fliegen zugänglich ist, kann sie in 10 bis 14 Tagen weitgehend skelettiert werden», sagt Bratzke. Ob ein natürlicher Tod oder ein Kapitalverbrechen vorliegt, ist da für den Amtsarzt nicht festzustellen.

Mindestens einmal pro Woche lande daher ein sogenannter «Wohnungstod mit Fäulnisveränderung» auf den Frankfurter Seziertischen, damit Bratzke und seine Kollegen überprüfen, ob nicht doch ein Verbrechen vorliegt. «Manche Leute wissen gar nicht, was wir da auf uns nehmen. Es ist eine hochgradige Belästigung der Sinnesorgane, dabei muss man seine ganze Professionalität an den Tag legen», sagt der Pathologieprofessor.

Schäferhunde verhalten sich nicht anders als Yorkshire

Nicht immer sind Fliegen für die Zersetzung des Leichnams verantwortlich. Wenn Hunde mit ihren verstorbenen Frauchen oder Herrchen in der Wohnung sind, beißen sie irgendwann zu. Genauer gesagt beginnen sie zunächst, vorsichtig am Toten zu knabbern, wie Hundepsychologe Thomas Riepe erklärt. Mitnichten fällt das Tier über seinen Gebieter her, sobald der tot ist.

«Es ist ihnen weiterhin klar, dass das ihr Herrchen ist, und sie trauern auch. Aber wenn der Hunger zu groß wird, siegt der Überlebensinstinkt», sagt Riepe. Das kann durchaus eine Woche oder länger dauern. Der Hund befindet sich in einem furchtbaren Konflikt, wenn er aber merkt, die zaghaften Bisse geben ihm wieder Kraft, kann es sein, dass er den Leichnam auffrisst, erklärt Riepe. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Schäferhund oder einen Yorkshire handelt. Sie alle fressen.

Für Hansjürgen Bratzke und seine Kollegen ist es letztlich gleich, ob Fliegen oder Hunde die Toten in den grausigen Zustand versetzt haben. Die Todesursache festzustellen ist ihnen in vielen Fällen der «Wohnungstoten mit Fäulnisveränderung» nicht mehr möglich. Ein Herzstillstand oder Gehirnschlag lässt sich nicht mehr ausmachen, wenn Herz oder Hirn fehlen.

Spuren von Drogen oder Alkohol lassen sich nachweisen, wenn noch Gewebe vorhanden ist. «Es sind häufig Menschen im mittleren Lebensalter, die am Ende ihrer Asozialität angekommen sind, drogen- oder alkoholsüchtig», sagt Bratzke. Ob dies nun direkt den Tod ausgelöst hat, bleibt allerdings nebulös. Klar ist jedoch: Die Hunde sind es nicht, die ihre menschlichen Partner auf dem Gewissen haben. Sie beißen erst anschließend zu.

Quelle:
Nachrichten -
Gesellschaft Nachrichten -
Verstümmelte Leichen – Wenn Hunde ihre Herrchen fressen

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Tags: burgfrieden, Essen, Geruch, Hansjürgen Bratzke, michael tsokos, Rechtsmediziner, Thomas Riepe, Tod, Todesursache, Trauer, Verbrechen

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