Der Verfassungsschutz observiert mit Akribie kritische Demokraten – gewalttätige Neonazis lässt er in Ruhe oder beschäftigt sie als V-Leute. Bei solchen Fehlleistungen kann man sich verzweifelt fragen, ob nicht nur die NPD, sondern auch der Verfassungsschutz verboten gehört. Der Staat muss aus seinen Fehlern lernen – und nicht mit Vorschlägen wie einem Neonazi-Register vom Versagen ablenken.
Als es in diesem Jahr drei Monate lang kein gültiges Bundeswahlrecht mehr gab, war von einer “schlummernden Staatskrise” die Rede. Die jetzige Krise schlummert nicht. Sie siedet, sie kocht.
Seitdem bekannt geworden ist, dass eine Neonazi-Bande ungehindert, unerkannt und unverfolgt mordend durch Deutschland ziehen konnte; seitdem klar geworden ist, dass also die Verfassungsschutzberichte seit 15 Jahren falsch sind; seitdem die Innenpolitiker bekennen müssen, dass die Folgerungen, die sie auf dieser Basis gemacht haben, nicht tragfähig sind; seitdem jeden Tag neue Fehlleistungen des Verfassungsschutzes bekannt werden und immer neue Details über die Distanzlosigkeit, die zwischen einzelnen Verfassungsschützern und Rechtsextremisten herrscht – seitdem mag man sich verzweifelt fragen, ob womöglich nicht nur die NPD, sondern auch der Verfassungsschutz verboten werden sollte.
http://www.sueddeutsche.de/politik/rechter-terror-und-verfassungsschutz-wenn-der-staat-versagt-1.1191241