Weltwundern: So geht Fernsehkarriere

 "Was mit Medien machen" ist der Wunsch einer ganzen Generation. Was genau man mit den Medien machen möchte, können die Betroffenen meist nicht klar formulieren. Gibt ja so viele Möglichkeiten. Gerade beim Fernsehen. Daher lasse ich euch hier exklusiv an meiner Karriereplanung teilhaben. Alles nicht ganz ernst gemeint, versteht sich.
Weltwundern: So geht Fernsehkarriere
Ich hab mir das gut überlegt. Klar könnte ich noch jahrelang studieren, Praktika oder zusätzlich eine Ausbildung machen. Doch eigentlich sehe ich es nicht ein, für mein Geld zu arbeiten. Ehrgeiz? Wissen? Durchhaltevermögen? Talent? Disziplin?
Man hat heutzutage ganz andere Möglichkeiten.
Deswegen habe ich mich für die 10. Staffel von Germany´s Next Topmodel beworben. Zwar musste ich das mit den Selfies im Bad schießen etwas üben - der Fotoblitz hat den Badspiegel ständig so hässlich fleckig werden lassen - aber meine Model-Sedcard ist rechtzeitig fertig geworden und abgeschickt. Mit extrem hohen Hacken bekomme ich auch meine 1,65 Meter auf eine modelübliche Größe. Bleiben nur noch Schönheitsangleichungsmaßnahmen an Gesicht und Körper: Nase richten und Brüste vergrößern lassen. Doppel D. Aber bitte mit ´ner super natürlichen Wirkung. Die ist nämlich auch Jurymitglied Wolfgang Joop sehr wichtig.
Im Modelhaus angekommen wird mir Heidi mit ihrer nervtötenden Heliumstimme noch vor dem Haufen Schulabbrecherinnen maximalst auf den Zeiger gehen. Wahrscheinlich wäre ich mit Konfektionsgröße XS schlicht zu dick, mein wilder Lockenkopf nicht classy genug und dass ich beim Friseurbesuch nicht vor laufender Kamera in Tränen ausbreche, quotenmindernd. Ich würde wohl sehr bald rausfliegen. Nicht genug Drama, Baby und daher heute kein Foto für dich.
Macht nix. Meine Karriere ginge steil weiter. RTL würde anfragen, ob ich nicht in der neuen Dschungelcampstaffel mitmachen möchte. Sie bräuchten da noch einen intellektuell bescheidenen Blickfang, der leicht bekleidet an fremden Brüsten rumtatscht und für 50 % ein Einschaltgrund und für die restlichen 50 % Grund zum Aufregen ist. Klar, sage ich. Mach ich. Wenn ihr mir für die zwei Wochen Dschungel ein überdurchschnittliches Jahresgehalt von 135.000 € zahlt. Also exakt den selben Betrag, den meine Fast-Topmodellkollegin Sara Kulka einkassiert hat. Ansonsten müsst ihr einen anderen Absolventen aus einer renomierten Nachwuchsschmieden anwerben. Beim Bachelor oder DSDS sind auch immer ganz tolle Leute.
Ich werde sofort beruhigt: Das sei der übliche Tarif für die Topmodelkandidatinnen auf den Rängen 08/15 und allein eine Teilnahme bei dem von Pro Sieben ausgestrahlten Geradeauslaufwettbewerb würde mir eine entsprechende Gage garantieren.
Dabei ist alles, denke ich und sage zu.
Das war eine gute Entscheidung, denn jetzt geht es mit mir steil bergauf. Von meinem Dschungelabenteuer haben auch die von VOX Wind bekommen. Sie bieten mir einen weiteren Karrieresprung an: Die Teilnahme am "Perfekten Promi-Dinner". Klang erst einmal vielversprechend: Gabel halten und peinliche Geschichten erzählen - alles Dinge, die ich überdurchschnittlich gut kann. Allerdings wollen sie mir nur lausige 20.000 € dafür zahlen, dass ich die rampenlichtgeilen Labertaschen bekoche. Selbst meine Argumentation, dass ich mit der Teilnahme bei Germany´s Next Topmodel und dem Dschungelcamp ja sozusagen ein Zweifachpromi bin und daher auch ein Recht auf doppelt so viel Gage hätte, zog nicht. Im Gegensatz zu mir hätte Désirée Nick nur 10.000 € bekommen - mein Zweifachpromibonus ist also sowieso schon mit eingerechnet. Wurde mir erklärt.Nun bin ich wirklich entwas unschlüssig. Nach Pro Sieben und RTL könnte ich zwar auch bei VOX richtig Fernsehkarriere machen. Aber für 20.000 € würde ich mich unter Wert verkaufen. Und ich mache echt nicht alles fürs Geld. VOX werde ich wohl  absagen.
Meiner Laufbahn schadet das aber überhaupt nicht. Schließlich kann ich immer noch Moderatorin von Let´s Dance werden. Wie die Sylvie. Oder Jurymitglied. Wie die Lena. Und wenn mir irgendwann auffällt, dass das Fernsehgeschäft Schall und Rauch und sehr pappnasenlastig ist, dann wechsel ich das Business und bewerbe mich als Bundespräsident.
Wie Walter.
 Soweit meine Zukunftsplanung.Weltwundern: So geht Fernsehkarriere

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