Weltrekord! – 36 Milliarden Tonnen CO2

Weltrekord! – 36 Milliarden Tonnen CO2

Mit Vollgas in die Zukunft – Foto “Kohlekraftwerk”: © Dieter Schütz / pixelio.de

Wir sind weltweit auf einem Kurs, der uns jährlich neue Rekorde beschert. Im Jahr 2013  ist ein Stand erreicht, der 36 Mrd. Tonnen CO2-Emissionen beträgt. Das Treibhausgas CO2 entsteht sowohl bei der Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Substanzen (wie z.B. Kohle, Erdgas und Öl oder Öl-Raffinaten, Heiz- und Treibstoffen) als auch im Organismus von Lebewesen als Produkt der Zellatmung. “Mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert stieg der Kohlenstoffdioxid-Anteil in der Atmosphäre. Die gegenwärtige Konzentration ist wahrscheinlich der höchste Wert seit 15 bis 20 Millionen Jahren.” (Wikipedia)
Eine nochmalige Steigerung von mehr als 2 Prozent gegenüber dem Rekordwert 2012 ist zu verzeichnen. Zuvor schon waren die Emissionen um 2,2 Prozent gegenüber 2011 gestiegen. Diese Zahlen stammen vom “Tyndall Centre for Climate Change Research” der britischen University of East Anglia. (1) In Ausgabe 3/2104 der Zeitschrift “Zeit Wissen”, steht zu lesen, es sei eigentlich jedem klar:
“Die Sache mit dem Klimaschutz ist gegessen.” (2)

Die Wirtschaft in China brumme und in Japan würde seit Fukushima mehr Kohle und Öl verbrannt als jemals zuvor. Dieses Gesamtvolumen von weltweit 36 Milliarden Tonnen anthropogenen, das heißt von Menschen verursachten Kohlenstoffdioxid-Emissionen bedeute eine Zunahme von 61 Prozent gegenüber dem Niveau des Jahres 1990, stellt das wirtschaftsnahe, vom VDI unterstütze Portal “ingenieur.de” fest. Das sei umso bemerkenswerter, als 1990 das Basisjahr für das Kyoto-Protokoll ist, einem Jahr in dem der CO2 Ausstoß als extrem bedrohlich eingestuft wurde und allerorten Maßnahmen zur Eindämmung eingefordert wurden.  Die USA sind diesemRahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen allerdings niemals beigetreten und das seit Kurzem in den Rang eines Global Players und Öl-Giganten aufgestiegene Canada trat im Jahr 2011 einfach aus. Statt einer zugesagten CO2-Reduktion um sechs Prozent stieß das Land damals ca. 17 Prozent mehr aus. Dadurch wäre laut Regierungsangaben eine Vertragsstrafe von 13,6 Milliarden Kanadischen Dollars (ca. 10 Mrd. Euro) fällig gewesen, was durch den Austritt vermieden wurde. (Quelle: presse.com)

Kanzlerin Merkel: Hauptsache Freihandel

Die spätere Politik der Kanzlerin in bezug auf das Verhalten der konservativen Regierung der Nordamerikaner glich einer Belohnung. Kurz nach einer wenig harschen Kritik bezüglich des Ausscherens, trat nach einem Höflichkeistbesuch bei Präsident Harper das Freihandelsabkommen mit Canada in Kraft, das ohne große Öffentlichleit verhandelt, beschlossen, dann über die Medien verkündet wurde und als Testlauf für weitere Freihandelsabkommen gilt. Heute heisst es seit der Klimagipfel-Kritik um 180 Grad gewendet in den Nachrichten-Schlagzeilen vom 27. April: “Merkel: Kanada in deutsche Energiepolitik einbeziehen” und weiter: “Kanzlerin und Harper rühmen Vorteile von Freihandel” (Quelle: AFP / yahoo Nachrichten) Vor noch nicht einmal drei Jahren wollte die EU noch die Einfuhr des schmutzigen Öls aus Teersand verhindern.

Bis zum Letzten Tropfen

Canada produziert aus ölhaltigem Sand -dem sogenannten Teersand  (Tar Sand) mit chemischer Auslösung soviel Öl, dass der größte Teil des Staatshaushalts dieses zweitgrößten Flächen-Landes der Erde damit finanziert wird.
(lesen Sie über Methoden der Gewinnung dazu: diesen informativen Artikel )

In Kanada wächst die Empörung darüber, wie für die “Geldquelle Öl” geschützte Lebensräume für Mensch und Tier, Menschenrechte und Umweltschutz geopfert werden. Die reine Abbaufläche (Tagebau) beläuft sich derzeit auf 140.000 Quadratkilometer. Kritiker behaupten, auch die Demokratie würde durch das Öl korrumpiert. Da wandern Funktionäre der privaten Energiewirtschaft direkt in Ministersessel und sind sodann für Genehmigungen zuständig. Forderungen der “Trennung von Staat und Öl” werden in Canada laut.  (Siehe dazu diesem  Artikel unter Punkt 7)

USA & Canada: Von CO2-Reduktion ist keine Rede mehr

Auch in den USA wird weiter auf Öl und Gas gesetzt und so trägt Fracking nicht nur zur Erdgasgewinnung aus bisher nicht erreichbaren tiefen Vorkommen bei, auch Öl wird mit dem umstrittenen Verfahren gefördert. Mit Macht, Lobbyarbeit und Unterstützung von “konservativen” in Regierungsverantwortung wird versucht, diese Technik auch in Europa voranzutreiben und durchzusetzen; z.B. in England oder gerade wieder in Merkels Heimat. Probebohrungen finden jetzt auch in Deutschland zahlreich statt. “Wohlstand und Arbeitsplätze” heissen die Argumente der konservativen Befürworter diesseits und jenseits des großen Teiches. Und für den Moment scheint das alles andere zu überstrahlen. Haben “wir” damit wirklich eine Zukunft oder ist dies ein Strohfeuer, eine Blase, mit dem Profit für wenige, für die die Bevölkerungen der Erde einen hohen Preis bezahlen müssen?
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Von CO2-Reduktion ist jetzt überhaupt keine Rede mehr. Und Umweltschutz rangiert in Nordamerika sowieso weit hinter den wirtschaftlichen Interessen. So wird im Westen Canadas eine gefährliche Pipeline quer durch die letzten (und geschützten) nördlichen Regenwälder gebaut mit einem Hafen in Kilmat, wodurch ein ökologisch extrem sensibles Fjordsystem zu einer Hochsee-Schiffahrtsregion wird. Allen Warnungen und vorprogrammierten Unfallrisiken zum Trotz. (Lesen Sie dazu bei uns den informativen Artikel:
1200km-Pipeline durch ein nördliches Paradies )

Das boomende China ist an dem Northern-Gateway-Pipeline-Projekt finanziell beteiligt. Die USA planen gleichzeitig vom nördlichen Nachbarn ausgehend Richtung Süden ein ganzes Netz von Pipelines, die direkt vom Canadischen Produzenten ins Amerikanische Inland führen sollen. Man will unabhängiger von Belieferungen durch Tanker sein, die Angriffsziele sein können und deren Weg durch politsch schwer zu kontrollierende Regionen führt. Protestierende Amerikaner hatten zwar Teilerfolge erzielt, jedoch keine Wende dieser Politik bewirken können. “Bis zum letzten Tropfen”, heisst eine sehr zu empfehlende englisch-sprachige Reportage zu dem, was sich seit Jahren in Sachen Umweltzerstörung und Teer-Sand in Canada abspielt. (Teil1Teil2) Bezeichnenderweise wurde diese nur vom Sender “Al Jazeera” ausgestrahlt. (Die Konten einiger Blogger, die Ausschnitte der ursprünglich noch umfangreicheren Reportage auf Youtube luden, wurden bereits gelöscht.)

Brüder und Schwester

Durch die neue Öl-Bruderschaft der Nordamerikaner fließt das Fracking-Öl in großen Mengen in beide Richtungen und drängt gleichzeitig auf den Europäischen Markt.  In Punkto Sicherheit liegt von der Förderung bis zum Transport einiges im Argen, auch wenn man das gerne unter den Teppich kehren würde. Die von Fracking betroffenen Einwohner klagen über gesundheitliche Beeinträchtigungen, vergiftetem Wasser und Luftverschmützung. Auch hinsichtlich des versprochenen Wohlstands samt der Arbeitspätze sehe es nicht so rosig aus. (mehr dazu in diesem Artikel)  Vor wenigen Monaten gab es Tote und Verletzte, als ein halber Ort in Flammen stand in der Provinz Québec. “Nur wenige Kilometer von der Grenze zu den Vereinigten Staaten entfernt. Ein führerloser Güterzug war entgleist. Nach Angaben der Behörden handelt es sich um 73 Anhänger, die mit jeweils 100 Tonnen [Fracking-]Öl beladen waren.” (Quelle: EuroNews.de)

Europa und dem wirtschaftlich federführenden Deutschland ging es noch bis 2012 vor allem um eine “Treibstoff-Qualitätsrichtlinie”. Mit Hilfe dieses Instruments sollte die “Klimabilanz von Kraftstoffen” in Europa verbessert werden. Canadas “schmutziges Öl”, das mit einer miesen Klimabilanz gefördert wird, das 22% mehr Emissionen schon bei der Förderung freisetzt, sollte vom Markt ferngehalten werden, von den anderen Umweltproblemen ganz zu schweigen. Die EU und die USA hatten sogar ein Importverbot für Canadisches Öl geplant, während Harper mit einem Handelskrieg drohte.

Heute, nur wenige Monate später, sind sie alle Brüder und  Schwestern im Freihandel, die USA, Canada, und Frau Merkel samt Europa. Canadas schmutziges Öl und das Kyoto-Protokoll sind von der Tagesordnung und aus den Medien verschwunden. Russland hingegen, ein lästiger Konkurrent im Gas- und Ölgeschäft wird bei jeder Gelegenheit als “Aggressor” gebrandmarkt, zuletzt bei der gestrigen Rede Obamas in Warschau. Die Zeiten von Imperien seien vorbei, meint Obama dort, wobei damit wohl gemeint sein dürfte, die Zeiten staatlicher Einflussnahmen auf wirtschaftliche Interessen ist vorbei. Der CO2-Ausstoß für das Jahr 2014 wird den bisherigen Weltrekord sicher toppen. Rahmenabkommen oder Verträge von Staatenbünden wie das der Vereinten Nationen sind Geschichte.

Veränderung

Politischer Aktivismus und der Ruf nach Veränderung beginnt sich immer mehr aus der Erkenntnis zu speisen, dass uns zum ersten Mal in der Geschichte eine “Synergie von Katastrophen” bedroht. (5) Für uns, die wir heute leben, liegt die Katastrophe nicht in der Zukunft. Es gibt keine “Post-Apokalypse” weil wir bereits in der apokalyptischen Zeit leben. Wenn wir der Gefahr eines sozialen wie kulturellen Zusammenbruchs samt eines Umweltkollapses angemessen begegnen wollen, brauchen wir einen Prozess, der eine neue Ära einleitet. Eine Ära, die unsere Art, mit den Ressourcen der Welt zu wirtschaften und die Weise, die Menschen zu be-herrschen ablöst.

von Hans-Udo Sattler

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Quellen – weiterführende Links


Foto: © Dieter Schütz / Pixelio.de
Video: Phoenix: “Boom oder Blase? – Wie Fracking die Welt verändert” – youtube.de, uploader: DokuChannel
(1) Global carbon emissions set to reach record 36 billion tonnes in 2013
(2) “Zeit Wissen”, Print-Ausgabe Nr. 3 – April/Mai-  2014, S.14
(3) Ingenieur.de CO2-Ausstoß steigt auf Rekordniveau von 36 Milliarden Tonnen
(4) FR – Schmutziges Öl aus Teersand
(5)Occupy Wallstreet: “Notes Toward the Future of Activism


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