Millionen Hektar fruchtbarer Boden in Afrika
von María José Esteso Poves
Mehr als 47 Millionen Hektar bebaubarer Boden sind weltweit allein 2009 an internationale Konzerne verkauft worden, zwei Drittel davon in Afrika. Diese Zahlen teilte die Weltbank in einer 2010 veröffentlichten Studie mit, räumte jedoch zugleich ein, daß die realen Werte aufgrund der fehlenden Transparenz dieser Geschäfte noch höher sein könnten.
Tatsächlich kommen unabhängige Organisationen wie das Global Land Project auf deutlich höhere Angaben. Dieser Vereinigung zufolge sind im gleichen Zeitraum allein in Afrika 63 Millionen Hektar Grund und Boden an ausländische Investoren verkauft oder verpachtet worden.
Während internationale Konzerne so bebaubares Land »hamstern«, hungern die Menschen. Mehr als zehn Millionen erleben derzeit am Horn von Afrika eine der härtesten Hungersnöte der Geschichte. Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) nannte als Ursache für die Katastrophe die schlimmste Dürre im Osten Afrikas seit 30 Jahren. Die für die Bevölkerung immer knapper werdenden Naturressourcen durch den Verkauf der Ländereien an ausländische Unternehmen erwähnte die Organisation hingegen nicht. Die von afrikanischen Regierungen willkommen geheißenen Investoren nutzen die Flächen vor allem für die Herstellung von Biokraftstoff für die Industrienationen, während immer weniger Boden für die Produktion von Lebensmitteln zur Verfügung steht.
In Afrika leben 80 Prozent der Bevölkerung auf bäuerlichen Familienbetrieben. Darüber hinaus ist in vielen Ländern des Kontinents Grund und Boden Kommunaleigentum. Doch welche Vereinbarungen die Behörden über deren Nutzung mit den transnationalen Konzernen getroffen haben, ist weitgehend unklar. Vor allem Unternehmen aus Saudi-Arabien und China gelten als die größten Aufkäufer von Grundstücken in Afrika, aber auch Kuwait, Katar, Bahrain und Unternehmen aus Schweden, Deutschland und Großbritannien haben sich per Abkommen in Angola, Kenia, Sambia, der Demokratischen Republik Kongo oder Moçambique Ländereien angeeignet. Führend beim Landraub in Afrika ist jedoch Indien. Nach Angaben der indischen Wirtschaftszeitung The Economist Times haben mehr als 80 indische Unternehmen in Plantagen in Kenia, Äthiopien, Madagaskar, Senegal und Moçambique investiert, die für den indischen Markt produzieren.
Der Experte Gustavo Duch bezeichnete diese Politik als »einen harten Angriff auf die Ernährungssouveränität der Völker«. Er wies auch das von offizieller Seite gern vorgebrachte Argument zurück, daß die fraglichen Ländereien ansonsten »verschwendet« seien. Tatsächlich böten die Wälder und Ackergebiete Anbaumöglichkeiten für die vielen kleinen Dörfer und Ansiedlungen.
Eine Vorreiterrolle beim Ausverkauf des eigenen Landes spielt Äthiopien. Allein in der Amtszeit des Präsidenten Meles Zenawi seit 1995 wurden in der Region Gambella mehr als 2500 Kilometer an fruchtbarem Grund und Boden an Unternehmen aus 36 Ländern verpachtet. In diesem Jahr sollen hier mehr als 15000 Menschen umgesiedelt werden, um ihnen »einen besseren Zugang zu Wasser, Schulen und Verkehr« zu ermöglichen. Die äthiopische Regierung versichert, daß alle diese Umsiedlungen »freiwillig« erfolgen, doch der eigentliche Grund ist der Ausverkauf des Landes, der den Familien die Lebensgrundlage entzieht.
Gegen diesen Landraub wächst der Widerstand. Mehr als 500 Bauern- und Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften richteten während des Pariser G-20-Gipfeltreffens einen Appell an die führenden Industriestaaten. Zwischen dem 17. und 20. November wollen sie sich in Nyeleni in Mali treffen, um dort gemeinsame Strategien gegen den weiteren Verkauf von Grundstücken zu vereinbaren.
Der Beitrag erschien zuerst in der spanischen Wochenzeitung Diagonal. Übersetzung: Carmela Negrete
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