Kaum Vergünstigungen und viel Bürokratie: Die Vorteile des Wechselkennzeichens, das am 1. Juli einführt wird, halten sich in ganz engen Grenzen. Und die Kosten tragen wohl wieder mal die Autofahrer.
Gerade Motorrad- und Cabrio- und Wohnmobilhalter haben sich lange danach gesehnt, nun soll es am 1. Juli 2012 auch in Deutschland kommen: das Wechselkennzeichen. Doch die Vergünstigungen, die damit verbunden sind, lassen auf sich warten. Ein Kennzeichen für mehrere Fahrzeuge, dazu eine einfache Besteuerung wie in Österreich und der Schweiz – so war es jahrelang geplant.
Aber stattdessen bringt Berlin eine bestenfalls halbherzige Lösung an den Start: Finanzminister Wolfgang Schäuble beschnitt die Zahl der Kennzeichen-Wechselmöglichkeiten von ursprünglich drei auf nun zwei Fahrzeuge. Und dabei unterliegen beide auch noch der vollen Kfz-Steuer. Und auch hinsichtlich der Versicherungsprämie ist eine Vergünstigung gegenüber zwei einzeln versicherten Fahrzeugen noch fraglich.
Fast 600.000 Pkw mit Saisonkennzeichen könnten nach amtlichen Schätzungen die Flexibilität des Wechselkennzeichens nutzen. Dazu käme dann noch ein Großteil der knapp zwölf Millionen Zweitwagen. Doch für diese bieten die Versicherer schon heute attraktive Policen. Von einer „günstigeren“ Versicherungsprämie für das Wechselkennzeichen kann nicht die Rede sein.
Noch keine konkreten Zahlen
„Das Prämienangebot wird voraussichtlich nicht günstiger ausfallen als für Saisonkennzeichen, denn die Nachfrage wird sehr gering bleiben“, sagt Katrin Rüter de Escobar vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Branchenriesen wie die HUK Coburg sehen derzeit ebenfalls „wenig Spielraum für Beitragsvergünstigungen“. Und auch der ADAC entwickelt „eine spezielle Kfz-Versicherung“, ohne jedoch konkrete Zahlen auf den Tisch zu legen.
Schäuble fürchtete Ausfälle bei der Kfz-Steuer, die 2010 im Durchschnitt bei rund 175 Euro je Pkw lag, und Einnahmeverluste bei der Versicherungssteuer, die immerhin 19 Prozent beträgt. Die größte Enttäuschung für den Verbraucher liegt in der vollen Kfz-Steuer für jedes Fahrzeug. Vorbild für eine verbraucherfreundliche Lösung wäre Österreich gewesen. Dort dürfen gleich drei Fahrzeuge einer Klasse auf ein Kennzeichen zugelassen werden – nur für das größte sind Kfz-Steuern fällig.
Nach Mitteilung des ADAC fahren dort 8,6 Prozent des Fahrzeugbestandes mit Wechselkennzeichen. Übertragen auf Deutschland wären dies mehr als vier Millionen Fahrzeuge. „Um diese erfolgreiche Regelung zu übertragen, wären umfangreiche Änderungen in den verschiedenen Fahrzeugregistern notwendig gewesen. Damit sind hohe Kosten verbunden“, so die amtliche Entschuldigung des Gesetzgebers.
Beide Vehikel aus einer Klasse
Bei den beiden Fahrzeugen, die sich das Wechselkennzeichen teilen, muss es sich noch dazu um Vehikel der gleichen Klasse handeln. Eine Gruppe bilden Pkw, Oldtimer und Wohnmobile, eine weitere fasst Motorräder, Leichtkrafträder sowie Quads und Trikes zusammen, und die dritte Klasse sind Anhänger. Ein Cabrio und ein Motorrad lassen sich also ebenso wenig kombinieren wie ein Wohnmobil und ein Anhänger
Verkehrsminister Ramsauer wollte ursprünglich eine einfache Handhabung, eine unbürokratische Zulassung und Steuerersparnis. Die Kosten tragen letztlich wohl die Autofahrer. Beim Straßenverkehrsamt sind 105 Euro an Gebühren und Sachkosten zu bezahlen, hinzu kommen die Kosten für die Kennzeichen. Ein attraktives Angebot sieht anders aus.