Wasserballett – Münchner Kammerspiele/Relations: Reading // Tian Gebing

Gleich Mönchen im Jogginganzug betreten Sie einer nach dem anderen die Bühne, gleichmäßig versetzt und verteilt, die Körper hängend nach unten gleich schlecht aufgeräumten Marionetten. Und sie lesen. Lesen Texte, die auf dem Boden liegen, Texte aus dem Regierungsbericht der Republik China 2012, einen Text zur Geburtsplanung, Texte aus dem Schulbuch. Für den Choreographen keine “organischen” oder “humanen” Texte, dissoziiert vom Körper, unnatürlich und in keiner Relation zum Menschen stehend. Und eben diese nicht vorhandene Beziehung wird in Tian Gebings Körpertheater “Reading” so lange durchexerziert, bis es unerträglich wird.

Die Ode an China, als die es beginnt, wird schnell und leicht ad absurdum geführt. Die Tänzer schälen sich beim Lesen zunehmend aus den Jogginganzügen, schütteln sie ab, schlüpfen in Badeanzüge. Assoziationen an Sportathleten aus dem Reich der Mitte werden wach. Ein choreographierter Vortrag, chorisches Sprechen, Rhythmik. Das Stück hat seinen eigenen Takt. Die Spielarten des Lesens scheinen ebenso unbegrenzt wie die Bewegungspalette der Darsteller. Ob mit einer Art Lesevorrichtung, die sich als auf den Schultern ruhender Klappstuhl herausstellt, oder über den Boden wirbelnd, kugelnd, als eigenwilliges Rockkonzert oder als getanzter Lebenslauf.

Die Körpersprache changiert zwischen Volksarmee-Marsch, Akrobatik und Kampfsporteinlagen, in jedem Fall aber eine dem Tanz nahe Sprache. Sobald es dann anfängt aus dem Schnürboden zu regnen wird der vorher begonnene “Tanz” leichter, fließender, steigert sich solange, bis er wieder in einen Kampf mündet, der gar nicht mehr zu enden scheint. Ein Körper-Text, denn das Lesen hört nicht auf, die erste Reihe wird ordentlich nass, und die Darsteller zaubern auf der Bühne. Die Atmosphäre ist schwer zu beschreiben, nimmt einen aber unweigerlich sofort gefangen. Die Choreographie lässt sich viel Zeit, verharrt so lange in den Verstrickungen der unzusammenhängenden Texte, bis sie nur noch sich selbst dienen darf. Körpertexte. Wem fällt da nicht Pina Bauschs “Vollmond” ein?


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